Von: bba
Brixen – Die Projektkuratorinnen Eva von Ingram Harpf und Lisa Trockner entwickeln für den Südtiroler Künstlerbund in der Stadtgalerie Brixen Galleria Civica di Bressanone 2018 eine Ausstellungstrilogie an den Schnittstellen TOURISMUS, WIRTSCHAFT und KULTUR, Bereiche die Brixen charakterisieren und für die Stadtentwicklung bezeichnend sind. Ziel der Ausstellung ist die spezifische Auseinandersetzung mit Künstlerpositionen zu relevanten ortsbezogenen Schwerpunktthemen.
Im Juni fand der erste Teil der insgesamt drei Ausstellungen statt und beschäftigte sich mit dem Tourismus. Nach dem ersten Teil „Turista per sempre“ folgt der zweite Teil der Trilogie:
2. Get Involved Tango, Dekadenz und Pfeffersberger
Ausgehend von den Kulturvereinen Brixens, die aktiv zu einem lebendigen kreativen Zusammenleben beitragen, wurde ein Konzept entwickelt, das die Vielfältigkeit und die Spannbreite des kulturellen Seins der Brixnerinnen und Brixner aufgreift und einen Bogen zur Gegenwartskunst spannt.
Insgesamt gibt es in Brixen 67 eingetragene Kulturvereine mit über Tausend Mitgliedern, die sich aktiv und zum Großteil ehrenamtlich für das Gemeinwohl der Stadt und die Werte ihrer Interessensgruppen einsetzen. Das Engagement dieser Menschen trägt einerseits zur Erhaltung und Pflege von Traditionen bei und gleichzeitig wird durch stetige Aktivitäten eine gesunde Weiterentwicklung der Stadt gefördert. Ein kostbares immaterielles Gut, das mit dieser Ausstellung spotlightartig beleuchtet und in neues Licht gerückt wird.
Das Angebot an Vereinen ist sehr weit gefasst: Neben den klassischen Vereinen wie Musikkapellen, Chören, Schützenverbänden und Bildungsauschüssen gibt es Vereine, die für Brixen ungewöhnlich sind und aus ethnischen Verschmelzungen und Zusammenschlüssen von Einzelpersonen gewachsen sind. Für die Ausstellung wurden einige Vereine wie Boedotango, Dekadenz, Musikkapelle Peter Mayr Pfeffersberg oder Dandelion genauer unter die Lupe genommen und Gespräche mit den Verantwortlichen geführt. Dabei ist es gelungen die Vereine mit Gegenwartskünstlerinnen und -künstlern in Kontakt zu bringen, Reaktionen auszulösen und in Kooperation zu treten. Gegenwartskünstler arbeiten mit partizipativen Strategien und Disziplinen übergreifend mit den Vereinen um die Inhalte und Absichten der Vereine visuell mit verschiedenen Medien, wie Objektkunst, Video, Performance, Fotografie und Zeichnung darzustellen.
Künstlerliste:
– Sylvia Barbolini, *1986, Collage und Objekt, lebt und arbeitet in Rothweil, D
– Julia Biasi, *1980,Video und Fotografie, lebt und arbeitet in New York
– Julia Frank, *1988, Objekt und Performance, lebt und arbeitet in London
– Manfred Mureda, *1949, Skulptur, lebt und arbeitet in Brixen
– Christian Piffrader, *1969, Skulptur, lebt und arbeitet in Bruneck und München
– Romana Prinoth, *1960, Fotografie, lebt und arbeitet in Innsbruck
– Josef Rainer, *1970, Objekt und Fotograf, lebt und arbeitet in Brixen
– Hartwig Thaler, *1962, Objekt und Malerei, lebt und arbeitet in Brixen
– Maria Walcher, *1984, Performance und Objekt, lebt und arbeitet in Innsbruck
Projektbeschreibungen:
Sylvia Barbolini
Psst, Messing Acrylharz, Mineralpulver Guss, 2018
Blechblasinstrumente, die auf den ersten Blick gewöhnlich erscheinen, entpuppen sich als geschlossene Körper aus denen kein Ton entweichen kann. Durch den Druck der gefangenen Luft entstehen an verschiedensten Stellen Beulen und Blasen. Die sechsteilige Skulptur nimmt hintersinnig auf die gesellschaftspolitische und kulturelle Situation Bezug. Die aufgeblähten Objekte, die jeden Moment zu platzen drohen, können als Chance einer neuen Form der Harmonie gedeutet werden.
Julia Biasi
Video und Fotografie, 2018
Die in New York lebende Künstlerin beschäftigt sich in ihren Fotoarbeiten „deadlayer behind the scenes“ mit der Verfilmung des gleichnamigen Films „deadlayer“. Sie dokumentiert die Realität des Filmsets und nimmt den Betrachter mit hinter die Kulissen. In der Ausstellung wird eine Kinosituation mit Originalstühlen aus dem alten Astrakino in Brixen nachgestellt bei der zwei Videos, die sich einmal mit einer Art Parodie der amerikanischen education videos und einmal mit der Entwicklung der Digitalisierung der Fernseh- und Filmindustrie beschäftigen, zu sehen sind. Die Kultur des Kinogehens hat sich auch in Südtirol stark verändert und ist von der ursprünglichen dokumentarisch erzieherischen Absicht zur reinen Unterhaltung mutiert.
Julia Frank
Performance
Die Künstlerin arbeitet nach ihrem Aufenthalt 2017 in Buenos Aires ein Konzept aus bei dem der Tango eine wichtige Rolle spielt. In Brixen vor der Galerie wird eine Performance zu sehen sein, bei der der Tangoverein Boedotango und die Musikkapelle Peter Mayr Pfeffersberg zusammenarbeiten. Durch dieses Projekt der jungen Künstlerin in Zusammenarbeit mit dem Sound- und Klangkünstler
Peter#KOMPRIPIOTR#Holzknecht wird nicht nur das interdisziplinäre Miteinander gefördert sondern vor allem auch das interkulturelle Zusammenspiel etabliert.
Hartwig Thaler/ Manfred Mureda
Visionen für Stufels, Zeichnung, 2018
Über eine Beteiligung des Vereins Dandelion (Ideen und Kultur in Stufels) werden die Künstlerateliers von Hartwig Thaler und Manfred Mureda, die sich in der Schutzengelgasse in Stufels befinden, als Außenstellen der Ausstellung geöffnet. In der Stadtgalerie werden die Visionen von diesen Künstlern für den ältesten Stadtteil auf Skizzenblätter gezeigt. Während der Ausstellung wird in Stufels ein Atelierrundgang angeboten. Damit wird die Ausstellung nicht nur an einem Ort konzentriert gezeigt, sondern weitet sich auf den umliegenden urbanen Raum aus, um ein breiteres Publikum zu erreichen und die Neugierde für weniger besuchte Stadtviertel zu wecken.
Christian Piffrader
Buona notte, Lindenholz, Schuhkarton
Aufmarsch, Lindenholz bemalt, Sockel weiß
Christian Piffrader veranschaulicht in seiner für ihn charakteristischen Manier mit Miniaturholzobjekten humoristisch die kulturellen Besonderheiten des Landes. Ein großer Stiefel aus Holz geschnitzt liegt auf einen Schuhkarton, kleine Figuren stehen im Schützengewand mit Hut um das Objekt und blicken in den Schaft des Stiefels. In der zweiten Arbeit marschiert eine Musikkapelle einen steilen Weg bergauf zur Kirche und erinnert an eine typische Dorfprozession.
Romana Prinoth
die schönheit tirols 1, Pigment Fine Art Print on Aluminium Dibond, 2015
die schönheit tirols 2, Pigment Fine Art Print on Aluminium Dibond, 2015
die schönheit tirols 3, Pigment Fine Art Print on Aluminium Dibond, 2015
Die Fotoarbeiten aus der Serie die schönheit tirols zeigen Umzüge und Prozessionen im traditionellen Festtagsgewand, der Tiroler Trachten. Romana Prinoth verändert diesen gewohnten Anblick, indem sie durch digitale Umkehrung von positiv in negativ Farben die Aufnahmen entfremdet. Als Folge findet im Betrachtenden eine Wahrnehmungsverschiebung statt: Der Blick auf das Altbekannte muss neu geschärft werden.
Josef Rainer
Orang Utan-Columbo, Mixed Media, 2015
Stimme: Christoph Pichler, Text: Josef Rainer
In diesen Arbeiten wird eine Besonderheit und künstlerische Rafinesse aus der Renaissance-Zeit aufgegriffen und in ein zeitgemäßes, seiner Arbeit entsprechendes Kleid verpackt. Historische, philosophische und einfach “besondere” Themen werden thematisiert. Durch die gesprochenen Texte wird die Skulptur um eine Ebene und Dimension erweitert. Diese Skulpturen verführen und verlangen zum Verweilen, zur tieferen Auseinandersetzung mit den behandelten Themen. Die Arbeit repräsentiert in der Ausstellung den Ursprung jedes kulturellen
Miteinanders die Kommunikation auf jeder Ebene und soll auf die Wichtigkeit des Austausches zwischen Tradition und Neuerung, zwischen ethnischen und kulturellen Gruppen hinweisen.
Maria Walcher
7×4: out of order, Skulptur, Holz, Teppich, 2015
Wie in einem Geschicklichkeitsspiel, einem Puzzle aus 15 Teilen, wird der Betrachter aufgefordert, den Teppich in seine alte Ordnung zu bringen oder mit der Unordnung zu spielen und neue Strukturen zu entdecken. Ein Teppich, wie er in vielen Haushalten auf der ganzen Welt zu finden ist – ist auf einem sich wiederholenden Ornament aufgebaut. Auch kulturelle Identitäten bauen auf wiederholten Ritualen und Verhaltensformen
einer Gesellschaft auf. Wenn diese Strukturen in Unordnung sind, werden die Menschen leicht irritiert und versuchen, die alte Ordnung zu rekonstruieren, in der Zeit zurückzugehen und vertraute Formen weiterzugeben. Es wird als ein Problem deklariert, das gelöst und “repariert” werden muss, anstatt eine Chance zu haben, aus verrosteten Strukturen auszubrechen und neue auszuprobieren.
Eröffnung der Ausstellung am 7. September 2018, 19.00 Uhr.
Dauer der Ausstellung bis 29. September 2018:
Öffnungszeiten
DI-DO 10.00 – 12.30 Uhr + 16.00 – 18.00 Uhr
FR 10.00 – 12.30 Uhr + 16.00 – 18.00 Uhr + 20.00 – 22.00 Uhr
SA 10.00 – 12.30 Uhr + 16.00 – 18.00 Uhr
SO 10.00 – 12.30 Uhr