Von: apa
Der Wiener Stephansdom verfügt nun endgültig über eine Orgelanlage, die “in Europa seinesgleichen sucht”, wie es am Freitag bei einer Pressekonferenz hieß. Denn nun ist ein zweiter Spieltisch für die Riesenorgel, finanziert mit Spendenunterstützung, einsatzbereit. Domkapellmeister Markus Landerer verspricht ein “raumfüllendes Klangspektakel”. Denn in Verbindung mit einer zweiten Orgel im Gotteshaus kann nun der Raum in seiner ganzen Ausdehnung erfasst werden.
Die große Orgel auf der Westempore wurde 1960 als glanzvoller Schlussstrich des Dom-Wiederaufbaus eingeweiht. “Damals gab es einen Spieltisch, der für seine Zeit State of the Art war, mit vielen Drähten und Kabeln”, erläuterte Landerer. Dieser befindet sich nun im Technischen Museum. Die Orgel blieb bei ihrer 2020 angeschlossenen Restaurierung optisch unverändert, wurde aber “innen drinnen” komplett überholt. “Es war dabei immer geplant, das wiedererstandene Instrument mit der Domorgel im südlichen Seitenschiff zusammenzuschließen.” Die Lockdowns haben die Fertigstellung des zweiten Spieltisches jedoch verzögert.
Nun aber können beide Orgeln zusammen oder wechselweise gespielt werden. Die insgesamt 12.616 Pfeifen beider Orgeln erzielen eine orchesterartige Wirkung. Der zweite, in Nussholz gehaltene Spieltisch hat fünf Klaviaturen (oder auch: Manuale) übereinander. Der Organist kann also fünf Klangfarben bereithalten. “Ich kann auf jeder Klaviatur frei einstellen, welchen Teil der Gesamtanlage ich spielen möchte – im Süden, im Norden oder vorne. Die Orgel hat auch mehrere Bereiche, die in der Höhe gestaffelt sind”, erklärte der Kapellmeister im Gespräch mit der APA.
Bevor der Organist auf “dem größten Musikinstrument Österreichs” loslegt, müsse er sich das alles “gut überlegen und entsprechend einstellen” – auch wegen der Wirkung, betonte Lederer. In die Überlegungen fällt auch, wie viele Menschen sich gerade etwa bei einer Messe im Dom befinden. “Man versucht ja, die Leute beim Singen gut zu unterstützen. Je mehr Manuale ich habe, desto schneller und besser bin ich.”
Der Spieltisch, gefertigt von Rieger Orgelbau, hat 800 Kilo und wurde per Flaschenzug auf seinen Platz gehoben. Die Orgel auf der Westempore hat rund 9.000 in 130 Reihen angeordnete Pfeifen, darunter rund zwölf Meter lange aus Metall mit 450 bis 500 Kilo. Ein große Holzpfeife für das tiefe C wiegt rund 700 Kilo und misst elf Meter. “Acht Gebläsemotoren schaffen es, in einer Minute 1.300 Kubikmeter Orgelwind zu erzeugen”, berichtete Landerer. Die gesamte Orgelanlage kommt auf 48 Tonnen. “Man muss dem Baumeister gratulieren, dass die Empore dem Gewicht und den Vibrationen des Instruments standhält.”
“Der Dom hat zwei Stimmen, eine äußere, das ist die Pummerin”, sagte Günther Geyer, Obmann des Vereins Unser Stephansdom, “und eine innere, die Orgel.” Dompfarrer Toni Faber ergänzte, dass man das Wahrzeichen Wiens nicht nur zum Erstrahlen, sondern auch zum Erklingen bringen könne. Von vielen Organisten höre man oft, wurde berichtet, dass die Orgel für Wien typisch sei: “Sie hat nicht nur Kraft, sondern auch Charme.”