Die Geehrte: Ursula Krinzinger und Sohn Thomas mit dem Madrider Preis

Ursula Krinzinger auf Madrider ARCO geehrt

Samstag, 08. März 2025 | 10:19 Uhr

Von: apa

Die legendäre österreichische Galeristin Ursula Krinzinger ist am Freitag auf der Madrider ARCO mit dem Juana de Aizpuru-Preis für ihr jahrzehntelanges Engagement für Spaniens größte Messe zeitgenössischer Kunst ausgezeichnet worden. “Ich fühle mich zutiefst geehrt. Es war eine große Überraschung für mich”, erklärte die 85-jährige Galeristen auf der ARCO im Gespräch mit der APA.

Krinzinger für Schwarzwälder Legende

Doch eine wirkliche Überraschung war es eigentlich kaum, meinte nicht nur die Wiener Galeristin Rosemarie Schwarzwälder, die schräg gegenüber von Krinzinger auf der ARCO ihren Stand hat. “Ursula ist eine legendäre Galeristin. Nicht nur für Wien und Österreich, sondern auch für die internationale Kunstszene. Ich finde es einfach toll, dass ihre Arbeit jetzt gewürdigt wird. Generell wird unser Beitrag für die Kunstwelt sehr unterschätzt”, stellt Schwarzwälder klar.

Sie und Ursula Krinzinger gehörten zu den wenigen ausländischen Galeristinnen, die seit Gründung der ARCO-Messe 1982 von Anfang an mit dabei waren und geholfen haben, die ARCO zu dem zu machen, was sie heute ist – Südeuropas größte und wichtigste Kunstmesse überhaupt und eine Brücke zwischen der europäischen und lateinamerikanischen Kunstszene. So schaute das spanische Königspaar Felipe und Letizia bei der Messeeröffnung am Mittwoch auch höchstpersönlich am Stand der Galerie Krinzinger vorbei.

Von Beginn weg an Bord

Ursula Krinzinger erinnert sich noch gut an ihre erste ARCO. Nach der faschistischen Franco-Diktatur öffnete sich Spanien erst langsam dem restlichen Europa. Noch im selben Jahr versuchten franco-nahe Militärs die schwache Demokratie gewaltsam mit einem Putsch zu stürzen. “Der Kunstmarkt war klein und national beschränkt. Doch in uns herrschte eine unbändige Sehnsucht und Neugier nach diesem Land, der Heimat großer Künstler wie Velazquez, Goya, Picasso, Salvador Dalí, Miró”.

Bereits 1971 eröffnete Krinzinger in ihrer Heimatstadt Bregenz ihre Galerie, die sich seit 1986 in Wien befindet. Doch von Beginn an war sie so international orientiert wie kaum jemand sonst auf dem österreichischen Kunstmarkt. Von der Art Basel über die Londoner Frieze bis hin nach Hongkong – sie ist eine feste Größe auf allen Kunstmessen der Welt. Sie vertritt internationale Kunststars wie Marina Abramović, Kader Attia, Jonathan Meese oder Monica Bonvicini. Aber auch bekannte heimische Künstler wie Eva Schlegel, Günter Brus oder Lois Weinberger.

Auch für Spaniens Kunstszene engagiert

Ihre Galerie, der seit vier Jahren ihr Sohn Thomas Krinzinger vorsteht, fördert parallel intensiv junge Nachwuchskünstler. In ihrem Resident-Programm befand sich 2006 auch der damals unbekannte Madrider Künstler Secundino Hernández, “den wir zu einem Weltstar gemacht haben”, sagt die Galeristen. Spanische Künstler wie Hernández oder die bekannte Angela de la Cruz zu fördern, war für Krinzinger Teil, auch Spaniens Kunstszene und die ARCO international bekannter zu machen.

Um so mehr freut es sie, nun mit dem ersten Preis der legendären spanischen Galeristin Juana de Aizpuru ausgezeichnet zu werden. Die 91-jährige Gründerin der ARCO-Messe konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht persönlich die Auszeichnung auf der Kunstmesse vergeben, schickte jedoch ein Dankesvideo an die österreichische Galeristin.

Mit ihrem Preis wollte Aizpuru darauf aufmerksam machen, wie wichtig die Arbeit der Galerien nicht nur für den Kunstmarkt, sondern auch um das Entdecken und Betreuen der Künstler:innen ist. “Es geht doch nicht nur ums Verkaufen. Viele Museum und Institutionen greifen auf unsere Arbeit zurück. Wir bauen Künstler:innen auf, machen auf sie aufmerksam, stellen Kontakte her und leisten durch unsere frei zugänglichen Ausstellungen außerdem einen großen erzieherischen Beitrag für die Öffentlichkeit”, so die Galeristin. Dabei ist es für sie eine besondere Ehre, gerade von Juana de Aipuru ausgezeichnet zu werden, die Spaniens Kunstszene erst den Weg ins Jetzt und Heute bereitete.

ARCO-Ikonen heuer nicht vor Ort

Es ist die erste ARCO-Ausgabe, an der die Grande Dame des spanischen Kunsthandels nicht mehr teilnimmt. Auch die deutsch-spanische Galeristin Helga de Alvear ist nicht mehr mit dabei. Sie verstarb am 2. Februar im Alter von 88 Jahren in Madrid. Seit Jahrzehnten war sie ein Grundpfeiler der ARCO. Nicht nur als ausstellende Galeristin, auch als Sammlerin, die auf der ARCO stets viel Kunst kaufte.

An ihrem Stand werden Werke einiger ihrer Lieblingskünstler gezeigt, die sie auf der ARCO erwarb. Sie stehen aber nicht zum Verkauf, sondern sollen zeigen, wie wichtig der Galeristin ARCO war. Sie liebte knallige Farben und geometrische Formen, wie die ausgestellten Arbeiten von Baselitz, Ugo Rondinone, Man Ray, Donald Judd und Heimo Zobernig zeigen.

De Alvear verfügt über eine der größten privaten Kunstsammlungen Europas, die heuer in ihrem eigenen Museum im zentralspanischen Cáceres zu sehen ist. “ARCO bedeutete für meine Mutter alles. Sie hatte bis zum Schluss gekämpft, um noch ein letztes Mal dabei sein zu können. Aber es sollte nicht sein”, erklärte Alevars Tochter Patricia während eines Gedenkaktes an ihre Mutter zu Beginn der Messe.

Protest gegen Steuerpläne

Auf der kurz nach der Eröffnung schon bald wieder die Lichter ausgingen – zumindest an den Ständen der spanischen Galerien, die damit symbolisch für eine Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Kunstwerke protestierten. “Wir spanischen Galerien haben mit einer Mehrwertsteuer von 21 Prozent einen deutlichen Wettbewerbsnachteil gegenüber Galerien aus Frankreich und Deutschland, wo dieser bei 5,5 beziehungsweise 7 Prozent liegt”, erklärt die spanische Galeristin Iodia Fernández aus Palma de Mallorca.

Dennoch laufen die Verkäufe auf der ARCO auch bei den spanischen Galerien heuer wieder sehr gut. Insgesamt 214 Galerien aus 36 Ländern nehmen bis zum kommenden Sonntag an Europas mit regelmäßig 100.000 Menschen besucherstärksten Kunstmesse teil. Mit dabei sind heuer auch wieder sechs Galerien aus Österreich. Neben Krinzinger und Nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder gehören auch die Wiener Galerien Crone, Charim und Lombardi-Kargl zu den traditionellen ARCO-Teilnehmern. Und natürlich Thaddaeus Ropac, der mit einem Rauschenberg (Garden Stretch) für 1,7 Millionen US-Dollar das laut spanischen Medien teuerste Werk auf der Messe anbietet.

Heuer ist der Regenwald im Fokus

Anstelle eines traditionellen Gastlandes ist der Fokus in diesem Jahr auf den lateinamerikanischen Regenwald gerichtet. Unter dem Motto “Ideen für einen Amazonischen Futurismus” sollen bekannte lateinamerikanische wie indigene Künstler “neue Möglichkeiten der Weltsicht präsentieren”. Das war zumindest der Wunsch des Kuratorenduos.

Indigene Kunstschaffende sind ja en vogue und immer häufiger auf internationalen Kunstausstellungen zu sehen wie auch bei der letzten Biennale in Venedig. Sie werden als neue Inspirationsquellen für die westliche Kunstwelt gehypt. Doch irgendwie hat man das Gefühl, dass der westliche Blick auf sie selten über fest verankerte Stereotypen hinausgeht. Als Messeschwerpunkt geht der “Amazonische Futurismus” eindeutig unter. Um so mehr stehen jedoch politische Werke im Mittelpunkt – zumindest im medialen Fokus: Die spanische ADN-Galerie bietet für 22.000 Euro Eugenio Merinos “White Washing”-Geschirrspüler an.

Politisches von Eugenio Merino

Der Enfant terrible der spanischen Kunstszene ist bekannt für seine stets polemischen Werke. In vergangenen ARCO-Ausgaben zeigte er Picasso auf dem Totenbett, sperrte Diktator Franco in eine Kühlbox oder bot den aktuellen spanischen König Felipe als zu verbrennende Skulptur an. Doch diesmal hatte kaum jemand Probleme mit seiner politischen Botschaft: Auf den Tellern im offenen Geschirrspüler war die bekanntesten internationalen Rechtspopulisten abgebildet – von Donald Trump und Elon Musk über Italiens Giorgia Meloni und Argentiniens Javier Milei bis hin zu Deutschlands Alice Weidel und Frankreichs Marine Le Pen. Rechtspopulisten, die wir durch unsere Wahlen, aber auch Medien durch die Verbreitung von Fake News weißwaschen.

Unterdessen beklagt der argentinische Künstler Rirkrit Tiravanija auf der ARCO mit seinem Zeitungswerk “Die Angst frisst die Seele auf”, wie uns die Nachrichten über die Weltpolitik in Angst und Schrecken versetzt. Ein Zeitungsartikel handelt von der möglichen Machtübernahme Österreichs durch FPÖ-Chef Herbert Kickl.

(Von Manuel Meyer/APA)

(S E R V I C E – www.ifema.es/arco-madrid ; www.galerie-krinzinger.at)

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