Von: ka
Schlanders – „Wir schalten jetzt den Chef ab.” Dies die Aufforderung des Referenten Franceso Imbesi von der Südtiroler Verbraucherzentrale beim Informationsabend im Kulturhaus Schlanders zum Thema der Wirkung der elektromagnetischen Strahlung an die Versammelten im Saal. Gemeint hat er das Smartphone. Jenes Gerät, das unseren Alltag bestimmt.
Die Ausrichtung des Vortrags ist damit schon vorgezeichnet. Auf die Leinwand werden in Echtzeit die Diagramme der im Raum erfassten Funkwellen projiziert. Eine Kurve schlägt dabei besonders stark aus. „Das sind eure Smartphones. Sie wehren sich, dass sie jetzt abgeschaltet werden und suchen noch nach einer Verbindung“, so Imbesi. Mit Ende des letzten Jahres hat die Regierung beschlossen, die Grenzwerte von bisher 6V/m auf 15V/m zu erhöhen. Als Grund gibt das zuständige Ministerium die Angleichung an europäische Werte an. Der Referent berichtet, dass 82 Südtiroler Gemeinden dagegen Einspruch erhoben hätten. Die Städte Bozen und Meran sind nicht mit dabei. Bereits im Jahr 2003 haben Wissenschaftler 2V/m vorgeschlagen. In den osteuropäischen Ländern gibt es derzeit niedrigere Werte und in Indien ist ein Grenzwert von 2V/m festgelegt. Heute gebe es genug Elemente, um die Grenzwerte nach unten zu korrigieren. Die wissenschaftliche Evidenz sage genau das Gegenteil. Demnach müsste ein Grenzwert von 0,2 V/m festgelegt werden. Der große Druck nach höheren Grenzwerten komme von der Wirtschaft und von einer Erhöhung profitiere niemand in Italien und es gebe konkret keinen Schaden für die Wirtschaft, so der Vortragende.
Es liegt in der Verantwortung der Politik, angefangen bei den Bürgermeistern, denen mit der Pandemie wieder die Zuständigkeit für die Gesundheit der BürgerInnen zurückgegeben wurde. Dass die Politik ihre Verantwortung zur Aufklärung nicht wahrgenommen hat, zeigt die Verurteilung der drei Ministerien (für Umwelt, Gesundheit und Bildung) durch das Verwaltungsgericht Latium mit der Bestätigung durch den Staatsrat im Jahr 2019. Ganz ausdrücklich wird darin verlangt, dass die Bevölkerung unabhängig und objektiv über die Gefahren informiert wird. Verschiedene wissenschaftliche Studien belegen die Folgen dauerhafter Bestrahlung. In einem anderen Licht erscheint die Sinnhaftigkeit der festgelegten Grenzwerte, wenn man weiß, dass sie sich auf einen erwachsenen und gesunden Menschen beziehen. All die alten, schwachen, sensiblen Personen und Kinder sind nicht berücksichtigt. So belegen unabhängige Forschungen die Auswirkungen speziell bei Kindern und Jugendlichen. Es gibt nicht „nur“ eine thermische Wirkung (Erwärmung der Gewebe), sondern auch biologische Effekte wie Oxidationsstress, Neuronenschäden, DNA-Brüche, Krebs und dies weit unter den geltenden Grenzwerten. So habe man bei Kindern bis zu einer Stunde nach der Belastung durch Funkwellen eine Veränderung der Gehirnströme festgestellt. Beeindruckend dazu ein projiziertes Bild, welches das Gehirn eines Tierversuches zeigt.
Bereits mit einer geringen Strahlenexposition über zwei Stunden hat sich die Blut-Hirn-Schranke geöffnet. Es ließ Albumin-Eiweiße ins Gehirn eindringen und es kam zu Schäden an Neuronen. Und als weiteres anschauliches Beispiel bringt Imbesi die gesetzlich vorgeschriebene Alarm-Sitzunterlage für Kinder im Auto. Über einen Detektor, welcher die gepulsten Funkwellen akustisch wahrnehmbar macht, wird klar, wie sensible Organe des Kindes „beschossen“ werden. Dasselbe geschieht bei den häufig verwendeten kabellosen Kopfhörern (In Ear) mit dem Gehirn. Immer wieder appelliert Imbesi an das verantwortungsvolle Handeln. Angefangen bei den Bürgermeistern, die für eine reale Gesundheitsvorsorge sich einzusetzen haben bis zu jenen, welche die Geräte verkaufen und die dazu verpflichtet werden müssten zu beweisen, dass die Technologie ungefährlich ist.
Und dann, immer wieder in den Vortrag eingestreut, dass man Kinder antrifft, welche das Handy als Spielzeug benutzen oder Erwachsene, welche das Handy in den Kinderwagen legen oder solche, die mit dem Kind im Arm telefonieren. Nach einer Fülle von Informationen und wissenschaftlichen Belegen kommen die Fragen aus dem interessierten Publikum. Könnten Hyperaktivität oder ADHS auch Folgen der übermäßigen Verwendung von Smartphone & Co. sein? Wenn man an die Bestrahlung rund um die Uhr, angefangen zu Hause durch die Abdeckung mit WLAN bis hin zur Bestrahlung in öffentlichen Verkehrsmitteln, auf öffentlichen Plätzen bis hin zu den WLAN-versorgten Klassenräumen denkt, dann muss dies unweigerlich zu einer Belastung des Organismus führen. Und zusätzlich kommt dann noch der stundenlange Konsum von Spielen und Videos, der Kinder abhängig macht und sie nicht mehr zwischen Realität und Fiktion unterscheiden lässt.
Und die Frage nach dem Einfluss auf die Tierwelt wird durch eine Studie illustriert, die nachgewiesen hat, dass sich Bienen an natürlichen elektromagnetischen Feldern orientieren. Durch das Auftreten künstlicher elektromagnetischer Felder werden sie irritiert und orientierungslos. Zudem wurden eine reduzierte Fortpflanzungsfähigkeit, Veränderung der Flugdynamik, Misserfolg in der Nahrungssuche und andere negative Folgeerscheinungen festgestellt. Und so wie es sich als roter Faden durch die ganze Veranstaltung durchgezogen hat, ist auch der Schlussappell: „Jeder muss in seiner unmittelbaren Umgebung damit anfangen die Strahlenbelastung zu eliminieren und sich damit ein Umfeld schaffen, das für seine Gesundheit förderlich ist. Aber jeder muss auch bewusst die Entscheidung treffen können, indem ihm die Möglichkeit des Abwägens gegeben wird. Dies setzt die verpflichtende Information durch die öffentliche Verwaltung voraus.“