Donato Renzetti leitet Haydn Orchester im Konzerthaus Bozen

Wie klingt Medea?

Freitag, 06. Dezember 2024 | 17:09 Uhr

Von: mk

Bozen – Musikalisches „Waldesrauschen” und eine Neudeutung des griechischen Medea-Mythos: Am 10. Dezember präsentieren der Dirigent Donato Renzetti und das Haydn Orchester im Konzerthaus Bozen das Stück „Cede pietati, dolor. Le anime di Medea” der italienischen Komponistin Silvia Colasanti und Anton Bruckners „romantische” 4. Sinfonie. Beginn: 20 Uhr.

Wie klingt Medea? Was kommt uns aus der Tiefe der Zeit entgegen? Eine Verräterin, eine Heilerin, eine gedemütigte Mutter oder eine kaltblütige Mörderin? Euripides führt sie im vierten vorchristlichen Jahrhundert in die Weltliteratur ein. Die Story seiner Tragödie ist bekannt: Medea hilft der Heldengestalt Jason beim Raub des Goldenen Vlieses, muss ihre Heimat Kolchis verlassen und flieht mit ihm nach Korinth. Dort verstößt der Mann die „Barbarin“ um „bei Hofe“ Karriere zu machen. Ihre Rache ist fürchterlich: Sie vergiftet den König und dessen Tochter, die mit Jason liiert ist und tötet die gemeinsamen Söhne. In ihrem Werk „Cede pietati, dolor. Le anime di Medea” aus dem Jahr 2007 „übersetzt“ Silvia Colasanti die widersprüchlichen „Seelen“ einer Frau, die den Hohn ihrer Feinde nicht ertragen will, in Musik.

Mit seiner vierten „romantischen“ Sinfonie scheint Anton Bruckner jene „verworrenen“ Bilder zu zeichnen, die „durch buntes Farbenspiel und frappante Beleuchtung seltsam das Gemüt erregen“ und die Heinrich Heine in seinem Aufsatz „Die Romantik“ 1820 spöttisch verwirft. Gefühlsduselei statt Gedankenschärfe? Der Kopfsatz sei das aus Noten gebaute Bild einer „mittelalterlichen Stadt“ in der „Morgendämmerung“ und „von den Stadttürmen ertönen Weckrufe – die Tore öffnen sich – auf stolzen Rossen sprengen die Ritter hinaus ins Freie – Waldesrauschen“, schreibt Bruckner an seinen Freund und späteren Biographen August Göllerich. Später schiebt er die eigenen Interpretationsversuche mit dem Satz „Ja, da woaß i selber nimmer, was i mir dabei denkt hab“ vom Tisch. Sicher ist: Wie alle Bruckner-Sinfonien ist auch die „Vierte“ ein „work in progress” dessen Fortschreiten einen Blick in das Atelier des Komponisten erlaubt. Die monumentale Urfassung liegt im November 1874 vor und wird 1878 und 1880 bearbeitet. Das Haydn Orchester spielt die revidierte Version, die von den Wiener Philharmonikern am 20. Februar 1881 unter der Leitung von Hans Richter uraufgeführt wird.

Donato Renzetti ist einer der renommiertesten italienischen Dirigenten. Er war Preisträger beim Wettbewerb „Diapason d’argento“ (1975), beim Gino-Marinuzzi-Wettbewerb in San Remo und beim Ottorino-Respighi-Wettbewerb an der Accademia Chigiana in Siena (1976). Von 1982 bis 1987 war er Chefdirigent des Orchestra Internazionale d’Italia, von 1987 bis 1992 Chefdirigent des Orchestra Regionale Toscana, von 1993 bis 2001 Chefdirigent des Orchestra Stabile di Bergamo, von 2004 bis 2007 Erster Gastdirigent des Portugiesischen Sinfonieorchesters und von 2007 bis 2013 Künstlerischer Leiter und Chefdirigent des Orchestra Filarmonica Marchigiana. 2015 wurde Donato Renzetti zum Chefdirigenten der Filarmonica Gioachino Rossini ernannt. Seine Diskografie umfasst Werke von Mozart, Tschaikowsky und Cherubini bei den Labels Philips, Frequenz, Fonit Cetra, Nuova Era und Dynamic. Donato Renzetti Einspielung von Schumanns „Manfred” mit dem Orchester und dem Chor des Teatro alla Scala gewann den XIX Premio della Critica Discografica Italiana.

Bezirk: Bozen

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