Von: ka
Bozen – Allround-Bergsteiger Simone Moro, der sich international vor allem für seine Winterbesteigungen einen Namen gemacht hat, und Tamara Lunger, eine der weltweit erfolgreichsten Extrembergsteigerinnen, verkündeten heute Abend auf einer Pressekonferenz in Mailand das Ziel ihrer gemeinsamen Expedition: Mitte Dezember wagen sie sich an die Besteigung und Überschreitung von Gasherbrum I und Gasherbrum II, zwei Achttausender im Karakorum-Gebirge im Himalaya.
Im Vorfeld werden sich Lunger und Moro einer künstlichen Akklimatisierung im terraXcube unterziehen, dem Zentrum für Extremklima-Simulation von Eurac Research mit Sitz am NOI Techpark Südtirol. Ein Team aus Medizinern von Eurac Research wird die Akklimatisierung in großer Höhe während des simulierten Anstiegs in der Klimakammer untersuchen, ebenso die De-Akklimatisierung im Anschluss an die tatsächliche Expedition. Untersucht werden beispielsweise die Auswirkungen von Höhe auf Herz-Kreislauf- und Stoffwechselfunktionen, auf Atmung sowie kognitive Fähigkeiten. Es soll aber auch der Frage auf den Grund gegangen werden, wie lange der Körper akklimatisiert bleibt, wenn die Studienteilnehmer von großer Höhe zurückkehren.
„Im Sommer 1984 gelang Reinhold Messner und Hans Kammerlander erstmals die Begehung und Überschreitung des Gasherbrum I (8.068m) und Gasherbrum II (8.035m). Zum 35. Jahrestag dieser außerordentlichen Leistung wollen wir das Abenteuer wiederholen und setzen noch eins drauf: Wir wagen uns an beide Achttausender inklusive Überschreitung als Winterexpedition“, erzählt Simone Moro. „Niemand hat diese Überschreitung jemals wiederholt, nicht einmal im Sommer. Unsere Erfahrung mit Winterbegehungen wird da hilfreich sein.“
Die Akklimatisierung der beiden Alpinisten im terraXcube dauert rund vier Wochen. Vor Eintritt in die Kammer wurden Lunger und Moro sportmedizinisch untersucht. Die erste Phase der Akklimatisation läuft gerade. Lunger und Moro verbringen täglich 12 Stunden im terraXcube. Sie schlafen in der Klimakammer und trainieren tagsüber draußen. Ab dem 29. November werden die beiden Alpinisten fast die gesamte Zeit in der Kammer verbringen und auch ihr Training dort absolvieren (Laufband, Indoor-Fahrradtrainer).
Ziel wird es sein, eine gute Akklimatisierung bis auf rund 6.400 Meter zu erreichen. Abhängig vom Zustand der beiden Alpinisten – z.B. Schlafqualität, keine Symptome von Höhenkrankheit – wird die Höhe phasenweise auf bis zu über 8.000 Metern nach oben geschraubt und die Temperatur nach unten, um auch die Anpassung des Körpers an die Kälte zu untersuchen. In dieser Phase werden die Untersuchungen häufiger wiederholt.
„Für uns ist dies eine einmalige Chance, die physiologischen Abläufe der Akklimatisierung zweier Extremalpinisten unter kontrollierten Bedingungen und höchsten Sicherheitsvorkehrungen im terraXcube auf eine Höhe von über 8.000 Metern zu studieren. Wenn wir genau verstehen, wie unser Organismus auf Hypoxie reagiert, also auf Sauerstoff-Mangelversorgung, dann sorgen wir für mehr Sicherheit bei hochalpinen Expeditionen, aber auch bei Rettungs-Einsätzen in Katastrophengebieten – denken wir nur an das Erdbeben in Nepal, bei UN-Einsätzen in hochgelegenen Krisengebieten, bei Infrastruktur-Bauprojekten – wenn etwa Staudämme, Straßen errichtet werden“, erklärt Hermann Brugger, Leiter des Instituts für Alpine Notfallmedizin von Eurac Research. „Darüber hinaus können wir im Zuge dieser einmaligen Fallstudie wichtige Erfahrungen sammeln für künftige großangelegte Studien zu Akklimatisierung und De-Akklimatisierung im terraXcube.“
Der terraXcube ist eine vollkommen neuartige Infrastruktur. Stephan Ortner, Direktor von Eurac Research, und Christian Steurer, Direktor von terraXcube, sind sich einig: „Tamara und Simone sind zwei Extremalpinisten in Topform, die reichlich Erfahrung in extremer Höhe gesammelt haben. Dies sind Idealvoraussetzungen, um die Schnittstelle Mensch-Technologie im terraXcube unter extremsten Klimabedingungen zu testen. Mit keinen anderen Probanden wäre es vorstellbar, derartige Tests auf 8.000 Metern zum ersten Mal durchzuführen. Man kann sich das so vorstellen: Der terraXcube ist ein Rennbolide, der Höchstgeschwindigkeiten von 400 Stundenkilometern erreicht. Tamara und Simone gehören zu den wenigen Testpiloten, die in Frage kommen.“
Die Studie gliedert sich in drei Teile:
Vor Eintritt in die Klimakammer sind Lunger und Moro sportmedizinisch untersucht worden. Außerdem wurden Messdaten erhoben (Blutproben, Blutdruck, Herzultraschall, Lungen- und Augenultraschall, EKG), die als Vergleichswerte dienen für die weiteren Untersuchungen während und nach der erfolgten Akklimatisation (der künstlichen und tatsächlichen vor Ort).
Akklimatisierung im terraXcube: In den ersten beiden Wochen, bereits seit dem 16. November, verbringen Lunger und Moro nachts jeweils 12 Stunden in der hyperbaren Kammer und tagsüber trainieren sie. In dieser Zeit werden sie schrittweise auf 5.500 Meter gebracht.
Teil 2 der Akklimatisierung: Lunger und Moro verbringen ab dem 29. November immer mehr Zeit im terraXcube und verlagern ihr Training dorthin (Laufband). Ziel wird es sein, eine gute Akklimatisierung bis auf rund 6.400 Meter zu erreichen. Abhängig von ihrem Akklimatisierungsstatus, z.B. Schlafqualität, keine Symptome von Höhenkrankheit, wird die Höhe phasenweise auf bis zu über 8.000 Meter nach oben geschraubt und die Temperatur nach unten, um auch die Anpassung des Körpers an die Kälte zu untersuchen. In dieser Phase werden die Untersuchungen häufiger wiederholt.
Nach der Expedition: Lunger und Moro unterziehen sich in regelmäßigen Abständen einer Reihe von Tests im terraXcube, die wichtige Daten für die De-Akklimatisierung liefern. Diese werden so lange wiederholt, bis die Untersuchungsergebnisse jenen entsprechen, die zu Beginn des Projekts (vor der Akklimatisierung) gemessen wurden. Hieraus erhoffen sich die Forscher eine Antwort auf die Frage, wie lange De-Akklimatisierung andauert und wie sie im Detail aussieht.