Von: ao
Bruneck – Vor dem italienischsprachigen Schulsprengel Bruneck wurde am 12. Oktober eine Installation von Paul Feichter und in der Wirtschaftsfachoberschule ein Projekt von Julia Bornefeld eingeweiht. Stifter der von Lisa Trockner kuratierten Kunstorte ist die Raiffeisenkasse Bruneck.
Die Raika stiftet seit dem Schuljahr 2015/2016 Kunst für den öffentlichen Raum. Das dahinterliegende Konzept nennt sich „Kunstorte“ und beabsichtigt, der Allgemeinheit wertstiftende Kunst zukommen zu lassen und Mitverantwortung für kulturelle Vermittlungsarbeit zu leisten. So wird jährlich von einem renommierten lokalen Kunstschaffenden ein Werk für die ausgewählte bestehende Einrichtung gemeinsam mit der Kuratorin Lisa Trockner erdacht, produziert und positioniert. Dabei werden die Menschen, die an den jeweiligen Schulen arbeiten und lernen, von Anfang an miteingebunden. Durch dieses partizipative Arbeiten wird ein Kunstort geschaffen, der Identifikation stiftet und den Zugang zur Gegenwartskunst durch direkte Begegnung von Menschen und Kunst ermöglicht. Zudem übernimmt die Raiffeisenkasse Bruneck mit dieser Initiative einen Bildungsauftrag und fördert die lokale Künstlerszene.
„Erde, Mond und …“ von Paul S. Feichter für die Mittelschule „Don Milani“
Der Ahrntaler Künstler Paul Sebastian Feichter studierte in München an der Akademie der Bildenden Künste und schafft vor allem Objekte, die die Wechselbeziehung zwischen Mensch und Natur beinhalten. Im Schuljahr 2015/2016 legte er gemeinsam mit 44 Schülern der italienischsprachigen Mittelschule „Don Milani“ Hand an den stillgelegten ehemaligen Brunnen am Schulhof des italienischsprachigen Schulsprengels Bruneck. Der kreisrunde Betonsockel des Brunnes wurde bis bündig zum Boden abgetragen und eine Eichenholzplatte montiert, die als verlängerte Sitzfläche fungiert. Eine zweite Platte, parallel verschoben zur ersten montiert, schafft weiteren Platz. Die gut nutzbaren Ebenen laden nun zum Verweilen ein und repräsentieren die Erde, auf der wir sitzen und ins All schauen.
Durch die Darstellung des Mondes als weiteres gestalterisches Objekt wird das Größenverhältnis zur Erde bildlich dargestellt. Die Halbkugel aus Granit wurde im Verhältnis zur Erde (dem ehemaligen Brunnen) ca. 100 m gegenüber dem „Trajah“ positioniert. Die Stelle befindet sich in Sichtweite zur Erde und durch das Begehen wird der Abstand, sprich die Entfernung zwischen Erde und Mond (384.400 km), im Verhältnis erfahrbar.
Der geräumige Schulhof stellt das Weltall dar. Um die Weiten und auch die Vielfältigkeit des Alls zu veranschaulichen, wurden von den SchülerInnen gestaltete Planeten, Sterne und Satelliten als Flachreliefs an sieben Stellen im Boden eingebaut. Dabei verwendete der Künstler verschiedene Materialien wie Beton- und Bronzegüsse, sodass die Jugendlichen die Erfahrung mit unterschiedlichen Materialien machen konnten.
Schuldirektorin Giusy Santo zeigte sich im Rahmen der gelungenen Feier sehr erfreut über die Begegnung von Schule, Kunst und Öffentlichkeit. Sie dankte der Raiffeisenkasse für Idee und Finanzierung, dem Künstler und den SchülerInnen für die intensive Arbeit und der Stadtgemeinde Bruneck für die Hilfe bei der Umsetzung.
Nachdem die Kuratorin Lisa Trockner, Geschäftsführerin des Südtiroler Künstlerbundes, das Werk erklärte, berichtete der Künstler vom Werdegang der Arbeit. Sein Anliegen sei es gewesen, dass sich die SchülerInnen mit der Arbeit identifizieren und sie auch in 20 Jahren noch als die ihre erkennen könnten. Er erzählte vom intensiven und nicht immer ganz einfachen Prozess der Ideenfindung, der dann aber schlussendlich zu einem gelungenen Werk geführt hätte.
Nach der vom Schulorchester mitgestalteten Feier wurde das Werk mit der Banddurchschneidung offiziell seiner Bestimmung übergeben.
„homo oeconomicus – homo sociologicus“ von Julia Bornefeld für die WFO
Julia Bornefeld studierte an den Fachhochschulen und Akademien in Kiel, Venedig und Ljubljana. Sie lebt und arbeitet in Berlin und Bruneck und drückt sich durch Malerei, Fotografie, Installationen und Video aus.
Im Schuljahr 2016/2017 bewarb sich die Wirtschaftsfachoberschule Bruneck für das Projekt „Kunstorte“. Auch deshalb, weil die Schule zu diesem Zeitpunkt gerade saniert und der Eingangsbereich umgestaltet wurde. So lautete die Anforderung an die Künstlerin und die Schülergruppe, gemeinsam das Foyer zu gestalten und zwar so, dass Benutzbarkeit und künstlerischer Wert abgedeckt sind.
In einer Recherche setzten sich Künstlerin und Jugendliche mit den Themen Geld, Kommerz und New Economy auseinander. Sie sammelten und analysierten Zitate, um sie anschließend zu werten und zu selektionieren. Die treffendsten Aussagen wurden dann von der Künstlerin gestaltet und sind heute als eingelassene Schriftcollagen in 16 Tischen zu lesen. Die 30 Stühle hingegen wurden als Visualisierung der im Wandel begriffenen Ökonomie gefertigt. Ein-Cent-Münzen sind, ähnlich wie Reliquien, in die Plexiglas-Stühle eingegossen und spielen auf die Abschaffung des Bargelds an.
In der von einer Schulband umrahmten Feier dankte Direktor Markus Hilber allen Beteiligten für ihre Arbeit. Anschließend beschrieben Lisa Trockner und Julia Bornefeld den Werdegang und die Hintergründe des Kunstwerkes. Zum Schluss testeten die Ehrengäste die neuen Sitzgelegenheiten, die von den SchülerInnen bereits sehr häufig genutzt werden.