Von: APA/dpa
Die US-Musikerin Beyoncé hat mit “Cowboy Carter” erstmals den Grammy für das beste Album des Jahres gewonnen. Zuvor erhielt die 43-Jährige als erste Schwarze den Grammy für das beste Country-Album. Mit nun 35 Auszeichnungen und 99 Nominierungen ist Beyoncé Rekordhalterin bei den Grammys. Den prestigeträchtigsten Preis für das beste Album hatte sie allerdings noch nie gewonnen. Keinen Preis gab es für das RSO Wien, das für die beste Orchesterperformance nominiert war.
Das ORF Radiosymphonieorchester unter Dirigentin Marin Alsop hatte mit einer Einspielung von John-Adams-Werken letztlich das Nachsehen gegenüber Gustavo Dudamel und der Los Angeles Philharmonic. Trotzdem gab es bei den Grammys Auszeichnungen mit rot-weiß-roter Beteiligung: So brachte eine Aufnahme des Pittsburgh Symphony Orchestras unter dem gebürtigen Vorarlberger Manfred Honeck dem Duo Mark Donahue und John Newton den Preis als beste Toningenieure im Klassikbereich ein. Beste Klassikproduzentin wurde wiederum Elaine Martone, die u.a. vier Aufnahmen von Franz Welser-Möst und seinem Cleveland Orchestra verantwortet hat.
Beyoncé hat “Cowboy Carter” im März 2024 herausgebracht, besonders bekannt ist die Single “Texas Hold ‘Em”. Es ist ihr achtes Studioalbum – und ihr erstes im Country-Genre. Kurz vor der Grammy-Verleihung kündigte die 43-Jährige auf Instagram an, heuer auf Tour zu gehen. Für die rund 13.000 Mitglieder der oft als konservativ geltenden Recording Academy gab es kein Vorbeikommen an der Ausnahmekünstlerin. “Ich fühle mich einfach sehr vollkommen und sehr geehrt. Es waren viele, viele Jahre”, sagte Beyoncé bei der Entgegennahme der Auszeichnung. Gemeinsam mit Miley Cyrus wurde sie auch für die beste “Country Duo/Gruppen-Performance” prämiert (“II Most Wanted”)
Auch Kendrick Lamar zählt zu den Abräumern
Der US-Rapper Kendrick Lamar wurde mit fünf Grammys zum Abräumer des Abends. Sein Hit “Not Like Us” gewann nicht nur als “Aufnahme des Jahres” den Preis für das beste Produzententeam und den Performer eines Liedes. Er bekam auch den Grammy für den “Song des Jahres”, mit dem Komponisten und Texter geehrt werden.
Lamar hatte den Hip-Hop-Track selbst getextet. Er handelt unter anderem von sexuellem Fehlverhalten und war Teil eines öffentlich ausgetragenen Streits mit dem Sänger Drake. Der 37-Jährige bekam außerdem Grammys für die beste Rap-Performance, den besten Rap-Song und das beste Musikvideo. Insgesamt hat er nun 22 Grammys.
Chappell Roan ist beste neue Künstlerin
Für einige der wichtigsten Popqueens des zurückliegenden Musikjahres blieben dadurch eher Trostpreise. Sängerin und Songwriterin Chappell Roan bekam immerhin den Grammy als beste neue Künstlerin des Jahres. Die 26-Jährige hatte mit ihrem Debütalbum “The Rise and Fall of a Midwest Princess” rund um den Erdball Erfolg.
Sabrina Carpenter erhielt für “Espresso” einen Preis als beste Pop-Solo-Performance und für “Short n’ Sweet” eine Auszeichnung für das beste Pop-Gesangsalbum. Die Britin Charli XCX, im Vorjahr mit ihrem grellgrün gestalteten Album “brat” allgegenwärtig, musste sich ebenfalls mit Preisen für die beste Danceaufnahme (“Von dutch”) und das beste Dance/Electronic-Album begnügen. Taylor Swift ging heuer trotz sechs Nominierungen komplett leer aus.
Dass die Grammy-Kategorien immer wieder für Überraschungen gut sind, wurde auch diesmal unter Beweis gestellt: So wurde der mittels KI fertiggestellte Song “Now and Then” der Beatles in der Sparte “Beste Rock Performance” zum großen Gewinner. Ebenfalls aus einer anderen Zeit scheint die Auszeichnung für die unkaputtbaren Rolling Stones, die mit ihrer jüngsten Platte “Hackney Diamonds” das beste Rockalbum geliefert haben. In Sachen Alternative räumte wiederum Annie Clark alias St. Vincent ab: Die US-Musikerin sicherte sich drei Trophäen, u.a. für “All Born Screaming” als bestes Alternativealbum.
Heidi Klum reißt Benson Boone den Anzug herunter
Trotz einer fast vierstündigen Laufzeit geriet der Galaabend in der Crypto.com-Arena von Los Angeles kurzweilig. Unter den fast zwei Dutzend Auftritten des Abends stachen die Bühnenshows von Rapperin Doechii, Roan und Carpenter sowie ein energiegeladener Auftritt von Charli XCX kurz vor Schluss heraus. Newcomer Benson Boone wagte auf der Bühne einen lässigen Salto von einem Piano. Zuvor hatte er sich im Zuschauerbereich von Heidi Klum einen Teil seines Anzugs wegreißen lassen. Darunter verbarg sich ein blaues Glitzer-Outfit.
Stevie Wonder berührt
Ein besonders rührender Moment gelang dem 74-jährigen Altmeister Stevie Wonder. Gemeinsam mit dem zehn Jahre älteren Herbie Hancock würdigte er den verstorbenen Quincy Jones mit einem Mundharmonikasolo und einer kurzen Version von “We Are the World”. Jones hatte 1985 den Song produziert und mit Dutzenden Weltstars aufgenommen, um Geld für eine Hungersnot in Äthiopien zu sammeln. Wonder kommentierte auch die aktuelle politische Lage der USA. “Wir sind immer noch die Welt. Wir sind immer noch die Menschen, die bereit sind, für dieses Land zu kämpfen und zu sterben.”
Kritik an Trump – ohne seinen Namen zu nennen
Ansonsten haben sich eher die Frauen an Kritik am neuen US-Präsidenten herangewagt, ohne Donald Trumps Namen zu nennen. Sängerin und Songwriterin Shakira erinnerte an die Lage von Ausländern in den USA. “Ich möchte diese Auszeichnung all meinen Immigranten-Brüdern und -Schwestern in diesem Land widmen”, sagte die 48-Jährige, nachdem sie den Preis für das beste Latin-Pop-Album des Jahres gewonnen hatte. “Ihr werdet geliebt, ihr seid etwas wert und ich werde immer mit euch kämpfen”, sagte die Kolumbianerin.
Lady Gaga mahnte mehr Minderheitenrechte ein und sagte: “Transpersonen sind nicht unsichtbar. Transpersonen verdienen Liebe. Die queere Community verdient es, unterstützt zu werden.” Alicia Keys ging darauf ein, dass Trump mit vielen Dekreten gegen Gleichbehandlungsinitiativen und Politik für mehr Vielfalt vorgeht. “Das ist keine Zeit, die Vielfalt von Stimmen herunterzufahren”, sagte sie. “Je mehr Stimmen es gibt, desto kraftvoller ist der Sound.”
Gefühlvolle Würdigung der Opfer der Brände
Darüber hinaus stand der Abend unter dem Eindruck der verheerenden Brände in Los Angeles. Den Abschluss der Show bildeten zwei Dutzend Feuerwehrleute, die zur Vergabe des Album-Grammys an Beyoncé auf die Bühne kamen. Schon vorher erklärten an vielen Stellen die Geehrten und Auftretenden, wie sehr sie die Stadt und ihre Menschen liebten. Lamar widmete ihnen seinen Preis.
Die Showproduzenten hatten zudem lokalen Einzelhändlern kostenlose Werbezeit eingeräumt, sodass beispielsweise ein Bekleidungslabel, ein Skateboard-Geschäft und ein Blumenladen landesweit Aufmerksamkeit bekamen.
Lady Gaga und Bruno Mars sangen eine ruhige Version des Oldies “California Dreamin'”, zum Auftakt der Show spielte bereits die Band Dawes unter anderem mit John Legend und Sheryl Crow den Song “I Love L.A.” von Randy Newman. Während der Sendung waren QR-Codes zum Spendensammeln eingeblendet, Moderator Trevor Noah erklärte im letzten Drittel, dass bereits mehr als sieben Millionen Dollar zusammengekommen seien.
Kanye West misslingt der Skandal
Angesichts der ausgewogenen Show und der historischen Preisträgerin blieb eine Provokation von Rapper Kanye West nur eine Randnotiz. Dessen Partnerin Bianca Censori hatte auf dem roten Teppich mit einem transparenten Kleid für Aufsehen gesorgt, das sie fast nackt aussehen ließ. Gerüchte, wonach das Paar nach dem Teppichauftritt vom Veranstalter gebeten worden sei, die Grammys zu verlassen, seien falsch, schrieb das “People”-Magazin. West habe nach dem Teppichauftritt die Veranstaltung aus eigener Motivation wieder verlassen.
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