Von: apa
Er war ein Vielbeschäftigter, der bis ins hohe Alter auf jenen Brettern stand, die ihm die Welt bedeuteten. Am heutigen Donnerstag ist Otto Schenk im Alter von 94 Jahren in seinem Haus am Irrsee verstorben. Mehr als 75 Jahre stand er als Schauspieler auf der Bühne, als Theater- und Opernregisseur hat er sich weit über die Grenzen Österreichs einen Namen gemacht. In Erinnerung bleiben wird er auch als Direktor des Theaters in der Josefstadt, das er von 1988 bis 1997 leitete.
“Schon als Kind, noch bevor ich das Theater kannte, war das Leben für mich eine Art Schauspiel”, charakterisierte Schenk einmal die Ursprünge seiner Profession. “Schließlich konnte ich meine Sucht, etwas darzustellen und nachzumachen, nur an einem Ort ausleben: am Theater.” Und so blieb er der Bühne bis ins hohe Alter treu, stand 2019 in Tschechows “Kirschgarten” in der Josefstadt auf der Bühne und verabschiedete sich von seinem Publikum noch im Jahr 2023 mit seinem Erinnerungsabend “Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut” im Theater Akzent, nachdem er nach dem Tod seiner Ehefrau Renée im Jahr 2022 eine Bühnenpause eingelegt hatte.
Große Trauer: “Prädikat Theaterlegende tatsächlich verdient”
“Wir haben einen der letzten wirklich großen Theatermenschen des 20. Jahrhunderts verloren”, trauerte Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger. “Die Josefstadt ist in tiefer Trauer”, sekundierte Josefstadt-Stiftungsvorstand Thomas Drozda gegenüber der APA. “Mit Otto Schenk verlässt einer die Bühne, der das Prädikat Theaterlegende tatsächlich verdient hat”, verneigte sich Vizekanzler und Kulturminister Werner Kogler (Grüne) auf X. “Österreich verliert mit ihm ein theatralisches Jahrhundertgenie mit einer Universalität, die seinesgleichen sucht”, würdigte der Sohn Konstantin den verstorbenen Vater.
Otto Schenk, der auf rund 170 Inszenierungen am Theater und an der Oper zurückblicken kann, wurde am 12. Juni 1930 in Wien geboren. Sein Bühnendebüt feierte er 1947 als Gendarm in Karl Schönherrs “Karrnerleut” im Theater der Jugend, das damals in der Urania untergebracht war. Schon während seiner Zeit am Max-Reinhardt-Seminar übernahm er mit einer Gruppe gleichgesinnter Theaterenthusiasten das Parkring-Theater und landete mit Erich Neubergs Inszenierung von Becketts “Warten auf Godot” einen großen Erfolg. Aus den Kellertheatern wechselte er Mitte der 1950er über das Volkstheater ans Theater in der Josefstadt, wo er den Durchbruch als Regisseur 1960 mit seiner Inszenierung von Eugene O’Neills “O Wildnis!” feierte.
Als Opernregisseur auch international gefragt
Es folgten Horváth-Inszenierungen an den Münchner Kammerspielen, Regiearbeiten am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, bei den Salzburger Festspielen sowie am Burgtheater, wo er sein Schauspieldebüt erst 1996 als Hohes Alter in Raimunds Zaubermärchen “Der Bauer als Millionär” gab. Weltkarriere machte Schenk schließlich als Opernregisseur. Die New Yorker Met, wo Schenk 1970 mit “Fidelio” debütierte und 2009 noch einmal seinen “Ring des Nibelungen” (1986-88) auf die Bühne brachte, wurde seine zweite künstlerische Heimat.
Seine Popularität in Österreich verdankte Schenk auch seiner regen Bildschirmpräsenz wie etwa in “Mein Opa ist der Beste” (1995) oder “Mein Opa und die 13 Stühle” (1997) in der Regie von Helmuth Lohner und seinen zahlreichen Lesungen. Letztmals war Otto Schenk 2020 in der TV-Komödie “Vier Saiten” zu erleben. Schenk war ebenso Kammerschauspieler wie Ehrenmitglied von Wiener Staatsoper und Theater in der Josefstadt, zum 80er wurde er auch “Bürger von Wien”, im Jahr 2000 erhielt er den Lebenswerk-“Nestroy”.
In seinen letzten Jahren hinderte ihn das Alter an weiteren Auftritten. “Ich bin immer so ein Läufer gewesen, wie die Kinder im Park. Es gibt kein Kind, das geht. Die laufen alle”, sagte er in seinem letzten Interview mit der APA 2022. “So war ich auch – bis zu dem Moment, wo es nicht mehr geht.”
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