Damian Szifrons neuer Film bringt wenig Neues

“Catch the Killer”: Ein Thriller der alten Schule

Freitag, 29. September 2023 | 12:26 Uhr

Von: apa

Ein Thriller, der versucht, die Probleme der Waffengewalt in den USA zu erforschen, aber schlussendlich daran scheitert. Von Damián Szifron, dem Autor und Regisseur von “Wild Tales” (2014), dem erfolgreichsten Film in der Geschichte Argentiniens, ist man besseres gewohnt. An seinem zweiten Film ist buchstäblich nichts Wildes. Ab Donnerstag im Kino.

Im Jahr 2014 sorgte der argentinische Autor und Regisseur Damián Szifron mit “Wild Tales” für großes Aufsehen. Der für einen Auslandsoscar nominierte und von Pedro Almodóvar produzierte Film bestand aus sechs schwarzhumorigen Geschichten, die ein sehr unterhaltsames Ganzes ergaben. Es ist also sehr eigenartig, dass sein zweiter Spielfilm, sein englischsprachiges Debüt, fast ein Jahrzehnt später, ausgerechnet geradlinig und klischeehaft ist.

Dabei beginnt “Catch the Killer” eigentlich auf sehr packende Weise mit einem graublauen Stil und einer Spannung, die darauf hindeuten, dass dieser Thriller in guten Händen ist. Carter Burwell, Stammkomponist der Coen Brothers, unterlegt die kühlen Bilder mit feinen Pianotönen. Insgeheim hofft man, dass man sich in einen Film von David Fincher oder Jonathan Demme verlaufen hat, aber das wäre ein Irrtum.

Es geht direkt hinein ins Herz der amerikanischen Finsternis. Während die Stadt Baltimore den Beginn des neuen Jahres feiert, schießt ein anonymer Scharfschütze auf 29 Menschen und nutzt das Feuerwerk als Deckung. Nicht eine Kugel verpasst ihr Ziel. Die Schüsse fallen lautlos, in einem Whirlpool, auf einem Dach oder in einem Aufzug. Am Ende der Nacht hat der Mörder sein Scharfschützennest in die Luft gesprengt und alle Spuren vernichtet.

Die Streifenpolizistin Eleanor Falco (Shailene Woodley) ist als eine der Ersten vor Ort und reagiert sehr besonnen. Sie ist so etwas wie eine einsame Wölfin mit einer traumatischen Vergangenheit, die im Drehbuch von Szifron und Jonathan Wakeham nicht besonders gut beleuchtet wird, die aber ganz offensichtlich eine Art moderne Clarice Starling darstellen soll. Mit gequälter Seele und allem was dazu gehört. Diese junge Frau hat auch einen väterlichen Mentor, der in diesem Fall kein eingesperrter Kannibale, sondern ihr Vorgesetzter Lammark ist (Ben Mendelsohn). Die Anekdote der Lämmer wird in “Catch the Killer” durch Kühe ersetzt.

“Aggressiv, suchtgefährdet und asozial”, liest Lammark in ihrer Akte. Das seien Menschen, die das FBI normalerweise nicht einstelle, sondern verhafte. Aber er rekrutiert sie trotzdem, weil das genau die Eigenschaften seien, mit denen sie dem Täter auf die Spur kommen können. Shailene Woodley ist hier allerdings völlig überfordert. Szenen, in denen sie in ihre karge Wohnung zu ihrer Katze zurückkehrt, um nachdenklich ein Bad zu nehmen, oder allein in einem großen Schwimmbad schwimmt, sollen sie als Einzelgängerin darstellen. Aber das rutscht größtenteils ab in eine Parodie auf diese Art von Figur. Ben Mendelsohn hingegen gleicht als Chefermittler des FBI das schlechte Drehbuch mit dem Charisma aus, das der australische Schauspieler hat.

Als Eleanor schließlich dem Mörder gegenübersteht, fehlt Woodley einfach die nötige Ernsthaftigkeit, um die notwendigen Emotionen hervorzurufen. Eine der letzten Szenen strotzt vor billiger Psychologie, während die Polizistin daran arbeitet, eine Beziehung zum Mörder aufzubauen, indem sie ihn anfleht, ärztliche Hilfe zu suchen und dabei sagt: “Medikamente, glaub mir, der Scheiß funktioniert.”

Die Bilder des Kameramanns Javier Juliá schaffen es, das Publikum zum Durchhalten zu bewegen. Aber abgesehen von den schrecklichen Dialogen ist das Enttäuschendste am Film, dass er seinen Versuch einer anspruchsvollen Kritik an den vielen kaputten Systemen, die die moderne amerikanische Gesellschaft plagen (die Polizei, das FBI, die Medien bis hin zum Kapitalismus) in den Sand setzt.

(S E R V I C E – https://tobis.de/titel/catch-the-killer)