Das "Emilia Perez"-Trio Selena Gomez, Zoe Saldana und Jacques Audiard

Die heurigen Palmen-Favoriten in Cannes

Freitag, 24. Mai 2024 | 10:50 Uhr

Von: APA/dpa

Ein Musical über eine Geschlechtsangleichung, ein Horrorfilm über Körperbilder und eine Gangsterkomödie über eine Stripperin: Die heurigen Favoritenfilme in Cannes haben das Publikum mit drastischen Bildern und stylisher Optik überzeugt. 22 Filme konkurrieren um die Goldene Palme der Filmfestspiele, die am Samstagabend verliehen wird. Gespannt wurde am Freitag noch die Premiere von Mohammed Rassulofs “The Seed of the Sacred Fig” erwartet.

Viel gesprochen wurde über das Musical “Emilia Pérez” von Jacques Audiard. Der Film, in dem Popstar Selena Gomez eine Rolle spielt, klingt in der Theorie nach einer seltsamen Idee: “Emilia Pérez” spielt im Gangstermilieu und erzählt von einem mexikanischen Mafiaboss, der sein Geschlecht zur Frau angleichen lässt, um ein neues Leben zu beginnen. Es wird gesungen und getanzt. Audiard – der 2015 bereits für seinen Film “Dämonen und Wunder” die Goldene Palme in Cannes gewann – kombiniert Elemente aus Musical, Sozialdrama und Noir-Thriller. Gerade diese unerwartete Mischung kam beim Publikum gut an.

Überraschungen bietet auch “The Substance” von Coralie Fargeat. Der Bodyhorrorfilm mit Demi Moore und Margaret Qualley erzählt auf intelligente Weise davon, welcher Schmerz aus Schönheitswahn resultieren kann. Im Fokus steht die einst berühmte TV-Ikone Elizabeth Sparkle (Demi Moore), die eine mysteriöse Substanz einnimmt, um eine jüngere Version ihrer selbst (Margaret Qualley) zu kreieren. Das Experiment hat brutale und blutige Folgen.

“Emilia Pérez” und “The Substance” waren die Filme, über die in Cannes am meisten gesprochen wurde. Doch Kritikerinnen und Kritiker hatten einen anderen Favoriten: “Anora” von Sean Baker. Die Tragikomödie mit Gangsterfilm-Elementen fängt wie eine “Cinderella”-Geschichte an. Erzählt wird von der Stripteasetänzerin Ani, die einen Oligarchensohn namens Vanya kennenlernt. In jugendlicher Sorglosigkeit heiratet der junge Mann Ani nach nur wenigen Tagen – zum großen Missfallen seiner Eltern, die alles in Bewegung setzen, um das wieder rückgängig zu machen. Der temporeiche Film wurde für seinen Witz, tolle Schauspielerinnen und Schauspieler und unerwartete Wendungen gelobt.

Gespannt wurde noch die Premiere von “The Seed of the Sacred Fig” des iranischen Regisseurs Rassulof erwartet. Der Regisseur hat kürzlich nach einer Verurteilung unerlaubt den Iran verlassen und soll bei der Premiere am Freitagnachmittag anwesend sein.iere am Freitagnachmittag anwesend sein. sein.

Dem Magazin “Screen International” gab Rassulof Einblick in die kürzliche Flucht aus seinem Heimatland Iran. “Mir blieb keine andere Wahl”, sagte der Filmemacher. Er sei gerade mitten in den Undercoverdreharbeiten zu “The Seed of the Sacred Fig” gewesen, als er von dem Urteil erfuhr, sagte Rassulof. Er sei in Berufung gegangen und habe in dieser Zeit den Film fertigstellen können. Nach Ende der Dreharbeiten habe das Berufungsgericht die Strafe bestätigt.

“Da wusste ich, dass ich nur sehr wenig Zeit haben würde, bevor sie tatsächlich kommen und mich verhaften würden”, sagte Rassulof. “Ich hatte also zwei Stunden Zeit, um zu entscheiden, ob ich bleiben und möglicherweise ins Gefängnis gehen oder fliehen würde, und das habe ich getan. In diesen zwei Stunden beschloss ich, alle meine elektronischen Geräte zu Hause zu lassen und mich an einen sicheren Ort bringen zu lassen, bevor ich die Grenze überquerte und das Land verließ.”

Rassulof gilt im Land als äußerst kritischer Filmemacher. Trotz langjährigen Berufsverbots schaffte er es immer wieder, Filme zu machen. Er war bereits früher im Iran inhaftiert.

Und bevor Jury unter dem Vorsitz von “Barbie”-Regisseurin Greta Gerwig über die Gewinner entscheidet, wird es heute für Österreich spannend, ist Mo Harawes Spielfilmdebüt “The Village Next To Paradise” doch in der Nebenschiene “Un Certain Regard” vertreten, deren Preise bereits am heutigen Freitagabend verliehen werden.