Jonathan Davis, hier bei einer Show im Vorjahr, wusste zu überzeugen

Korn lieferten in der MetaStadt ein Fest für Außenseiter

Dienstag, 30. Juli 2024 | 06:46 Uhr

Von: apa

Den Außenseitern gehört die Welt. Jedenfalls wenn es nach Korn geht. Die US-amerikanische Rockband, die Mitte der 1990er-Jahre das derzeit wieder schwer angesagte Nu-Metal-Genre mitbegründet hat, war stets ein sicherer Hafen für Unverstandene und Einzelgänger. Das hat die Gruppe um Sänger und Aushängeschild Jonathan Davis auch Montagabend in der ausverkauften Wiener MetaStadt unter Beweis gestellt. 8.000 Fans wurden rundum beglückt.

Diesen Herbst sind es 30 Jahre, dass Korn mit ihrem selbstbetitelten Debüt die harte Musikwelt auf den Kopf gestellt hat: Das von Ross Robinson produzierte Album, auf dem sich Live-Fixpunkte wie “Blind” oder das aus einem Dudelsack-Intro anhebende “Shoots and Ladders” mit reichlich Kinderliedreimen finden, überzeugte mit einer davor ungekannten Mischung aus tiefer gestimmten Gitarren, einem aus dem Hip-Hop entlehnten Bassspiel und der emotionalen Entkleidung von Davis, der seine schmerzlichsten Kindheitserinnerungen in die Auslage stellte.

Was folgte, war nicht nur ein weltweiter Siegeszug, sondern eine schier unüberschaubare Schar an Nachfolgern, Imitatoren und Weiterentwicklern eines Sounds, der sich spätestens um die Jahrtausendwende totgelaufen hatte. Korn aber machten unbeirrt weiter, einigen Umbesetzungen zum Trotz füllt die Formation immer noch Hallen und Arenen von anständiger Größer und hat mit “Requiem” vor zwei Jahren ihr bereits 14. Studioalbum unter die Anhängerschaft gebracht. Allen Abnutzungserscheinungen zum Trotz scheint sich ein Sättigungsgefühl also auf keiner Seite der Bühne einzustellen.

Und das bedeutete für die Wien-Show: Innerhalb von knackigen 80 Minuten wurde eine Zeitreise in die 90er und zurück angetreten, gab es mit dem massiven “Here To Stay” schon früh reichlich Gelegenheit zum Headbangen, während der Klassiker “A.D.I.D.A.S.” die Tanzbeine und Gesangsleistungen des Publikums gleichermaßen beanspruchte. Ohnehin wurde bei der mehr als soliden Performance, die einzig durch den vielleicht eine Spur zu leise eingestellten Gesang von Davis getrübt wurde, wieder deutlich, wie sehr auf den Dancefloor diese Nackenbrecher abzielen – sei es neues Material wie das ungemein eingängige “Start the Healing” oder die F-Wort-Parade in “Y’All Want A Single”.

In Sachen Bühnenshow gingen Korn jedenfalls auf Nummer sicher und verließen sich einerseits auf Frontmann Jonathan Davis, der sich in glitzernder Trainingshose nicht nur am von “Alien”-Schöpfer H.R. Giger entworfenen Mikrofonständer festhielt, sondern auch mit punktuell gesetzter Publikumsinteraktion schnell die Meute auf seiner Seite hatte. Andererseits gab es äußerst stimmige Visuals zwischen Sci-Fi-Utopie und Hexenwald, die für ein wenig Abwechslung sorgten, während sich die bestens aufgelegten Gitarristen James “Munky” Shaffer und Brian “Head” Welch ihre gedreadlockte Haarpracht um das Griffbrett zwirbelten. Stammbassist Reginald “Fieldy” Arvizu wird live weiterhin von seinem vermeintlichen Zwillingsbruder Ra Díaz vertreten.

Im Endeffekt waren es aber die Songs, die von Anfang bis Ende zündeten und dabei die Hitdichte im Korn-Katalog untermauerten: Großtaten wie “Falling Away From Me” – mittlerweile wieder in der Originalversion ohne die von Drummer Ray Luzier fallweise eingepflegte Extravaganz, vielen Dank! – standen neben vermeintlichen Geheimtipps im Stile des düsteren “Clown”, in dem Davis sein jugendliches Ich mit all der Einsamkeit ins Jetzt transportierte. Nicht umsonst gibt es so manche Studioeinspielung von ihm, bei der in den Nachwehen eines Songs ein zutiefst erschütterter junger Mann zum Vorschein tritt, waren doch vor allem die ersten Alben von Korn von seinem Seelenstriptease geprägt.

Wirklich Zeit zum Reflektieren oder Durchschnaufen gab es live aber nicht. Die beiden in den Zugabenblock gepackten Schnellschüsse “Twist” und “Divine” führten nochmals die frühe Unbarmherzigkeit der Gruppe vor Augen, bevor es mit dem Millionenseller “Freak on a Leash” ins Finale ging. Korn haben den Sound für Außenseiter erfolgreich in den Mainstream gehievt und in den vergangenen 30 Jahren jeder Unwägbarkeit standgehalten. Nach einigen mageren Jahren fahren sie mittlerweile wieder die Ernte für ihr Durchhaltevermögen ein. Es sei ihnen vergönnt, wenn dabei solche Konzerte (und ansprechende Alben wie zuletzt) herausschauen.

(Von Christoph Griessner/APA)

(S E R V I C E – https://kornofficial.com)

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