Von: Ivd
Das Sylt-Video, in dem ein paar junge Erwachsene aus gutem Elternhaus die rassistischen Parolen „Deutschland den Deutschen“ und „Ausländer raus“ zu Gigi D’Agostinos Hit L’Amour toujour grölen, hat in den letzten Tagen Wellen geschlagen. In der jüngsten Ausgabe seiner Talkshow fordert der aus Südtirol stammende Moderator Markus Lanz nun Differenzierung in der Berichterstattung über den Vorfall. Laut Lanz handelt es sich bei den Personen um Rassisten, den Begriff „Nazi“ finde er nichtzutreffend.
Während seiner Sendung berichtete Lanz, dass er sich während des Vorfalls in den USA aufhielt. Dort habe er bemerkt, wie schnell das Bild eines „hässlichen Nazi-Deutschlands“ wieder auftauchte. „Da haben auch wir als Medien eine Verantwortung“, erklärte Lanz und warnte davor, die Geschichte unverhältnismäßig aufzubauschen. „Ich finde den Begriff ‚Nazi‘ in diesem Zusammenhang schwierig. Das sind keine Nazis. Das sind Rassisten oder Leute mit rassistischen Vorurteilen“, sagte Lanz.
Autorin Gilda Sahebi widersprach Lanz’ Sichtweise und betonte, dass Rassismus klar benannt werden müsse, unabhängig von den möglichen Reaktionen im Ausland. Lanz, sichtlich verärgert über diese Interpretation seiner Worte, stellte klar: „Ich finde das abstoßend! Man sieht das und denkt, das ist doch nicht euer Ernst!“. Besonders schockiert zeigte sich Lanz darüber, dass es sich bei den Beteiligten um junge Menschen handle, die wahrscheinlich aus gebildeten Familien kämen, möglicherweise im Ausland studiert haben und dort Freunde hätten.
Der Rechtswissenschaftler Kai Ambos hingegen kritisierte die „opportunistische Distanzierung“ der Politik und sah keinen Straftatbestand verwirklicht. „Das ist nur eine Empörungsreaktion“, sagte er. Die Journalistin Melanie Amann hingegen fand, dass die öffentliche Vorführung der Rassisten positive Effekte haben könnte, indem sie das Bewusstsein für Rassismus schärft.
Aktuell sieht es für die Party-Pöbler nicht gut aus: Nur einen Tag nach Veröffentlichung des Videos gingen erste Anwaltsschreiben raus, die den Vorfall entschärfen sollten. Kurze Zeit später löschten einige der Beteiligten ihre Social-Media Accounts und wurden von ihren Arbeitgebern gekündigt. Ob das rechtens war, wird aktuell geprüft. Gestern brach der erste Sylt-Rassist sein Schweigen: Gegenüber Bild entschuldigte der junge Mann sich, der in dem Video durch Zeigen des Hitlergrußes und Hitlerbärtchens in Erscheinung getreten war. Er habe einen „ganz schlimmen Fehler“ gemacht und sei beschämt.
Lanz schloss die Diskussion, indem er seine Position nochmals unterstrich: „Das sind keine Nazis. Das ist das, was mich schockiert: die Selbstverständlichkeit, mit der sie das tun.“ Er forderte weiterhin eine differenzierte Betrachtung und eine verantwortungsbewusste Berichterstattung in den Medien.