Neo-Ö3-Chef Michael Pauser will nicht alles über den Haufen werfen

Neuer Ö3-Chef Pauser will nicht alles über den Haufen werfen

Freitag, 29. September 2023 | 06:16 Uhr

Von: apa

Seit wenigen Wochen steht Michael Pauser an der Spitze von Ö3. Den reichweitenstärksten Radiosender des Landes kennt der Niederösterreicher bestens, arbeitete er dort doch schon viele Jahre in unterschiedlichen Funktionen. Nun alles umzukrempeln, schwebt ihm nicht vor, erklärt er im APA-Interview. Viel mehr wolle er verstärkt die Nähe zu den Hörerinnen und Hörern suchen, den Sender online diverser aufstellen und österreichischen Bands zu mehr Studiosessions bei Ö3 verhelfen.

APA: Was darf man sich von Ihnen als Ö3-Chef erwarten: Kontinuität oder frischen Wind?

Michael Pauser: Sowohl als auch. Bei einem erfolgreichen Medium wie Ö3 geht es nicht darum, alles über den Haufen zu werfen. Aber wir werden alles hinterfragen. Wir haben derzeit 2,5 Mio. Hörerinnen und Hörer täglich. In der Woche erreichen wir 4,8 Mio. Menschen. Das ist mehr als vor einem Jahr. In Zukunft wollen wir noch deutlicher machen, dass wir viel mehr sind als ein Radiosender.

APA: Was macht Ö3 unverwechselbar und grenzt den Sender von Privatradios ab?

Pauser: Die Art und Weise, wie wir an Dinge herangehen – vor allem die Nähe zu den Hörerinnen und Hörern. Das ist jetzt schon ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal und wird es in Zukunft noch viel mehr sein. Die Konkurrenz macht ihren Job ausgezeichnet, aber aus anderen Motiven.

APA: Die Privaten meinen, dass Ö3 nicht sonderlich öffentlich-rechtlich sei und trotz Gebührenfinanzierung stark an das private Radioprogramm erinnere …

Pauser: Die Frage, ob die ORF-Radios öffentlich-rechtlich sind oder nicht, ging selbst vor Gericht. Herausgekommen ist, dass sie es natürlich sind – qualitativ und quantitativ. Wir sind einem gesetzlichen Auftrag verpflichtet und nehmen diesen sehr ernst. Ich finde es großartig, dass es einen dualen Radiomarkt in Österreich gibt. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen führen aber dazu, dass der eine oder andere mit dem Rücken zur Wand steht. Dann sind die Aussagen natürlich heftiger. Aber was kann für das Publikum Besseres passieren, als dass man permanent um die Vorreiterrolle rittert? Wir sind weit vorne. Möge es so bleiben.

APA: Bei der Reichweite hat Ö3 laut jüngstem Radiotest tatsächlich zugelegt. Beim Marktanteil geht es aber speziell bei den 14- bis 49-Jährigen bergab.

Pauser: Bei den Marktanteilen der 14- bis 49-Jährigen haben wir zwar in den meisten Viertelstunden dazugewonnen, aber die Privatsender noch mehr. Das ist prinzipiell eine sehr gute Nachricht – erstens für die Werbewirtschaft und zweitens für den Radiomarkt, der gewachsen ist.

APA: Sie sehen also keinen großen Handlungsbedarf, um bei jüngeren Personen besser anzudocken?

Pauser: Es gibt immer Handlungsbedarf. Die Jungen haben wir nicht verloren, aber auch nicht gewonnen. Wir müssen uns mit neuen Wegen und dort wo sie unterwegs sind – etwa online oder auf Veranstaltungen – neu vorstellen und sie gewinnen.

APA: Eine jüngst von der RTR veröffentlichte Studie zeigt, dass im Onlinebereich fleißig Radio gehört wird. Wie muss sich Ö3 hier neben Spotify, Youtube und Co. positionieren?

Pauser: Wir haben gehofft, dass das neue ORF-Gesetz weitere Möglichkeiten schafft. Die gibt es in dem erhofften Ausmaß leider nicht. So sind etwa zusätzliche Programme nicht erlaubt. Zusätzliche Formate sind stark eingeschränkt auf Themengebiete wie Nachrichten und Kultur und müssen in neun von zehn Fällen programmbegleitend sein. Wir müssen sehr kreativ sein. Was die ORF Sound-App betrifft, gibt es ein paar Dinge in Vorbereitung, über die ich noch nicht reden kann. Es geht prinzipiell darum, Hitradio Ö3 mit Podcasts, Zusatzangeboten oder dem Umgang mit Konzerten diverser aufzustellen.

APA: Viel diskutiertes Thema ist österreichische Musik und wie häufig diese im Radio zu hören ist. Wie ist der Stand bei Ö3?

Pauser: Es gibt wunderbare österreichische Musik und sehr viel davon auf Ö3. Die private Konkurrenz greift hier spannenderweise sehr zögerlich zu. Wir spielen rund um die Uhr 18 Prozent österreichische Musik und in der Kernzone 15 Prozent. An diese Selbstverpflichtung halten wir uns und werden es auch künftig tun. Zudem planen wir, Studiosessions auszuweiten. Unser Ziel ist es, jede zweite Woche eine Ö3-Studiosession zu haben, wo österreichische Künstlerinnen und Künstler einen Auftritt haben.

APA: Ein Ö3-Star kommt Ihnen bald abhanden. Robert Kratky hat angekündigt, seinen Vertrag nicht verlängern zu wollen. Baut man schon einen Nachfolger auf?

Pauser: Reden wir, wenn es soweit ist. Robert Kratky wird auch die nächsten drei Jahre den Ö3-“Wecker” moderieren. Aber natürlich ist es die Aufgabe eines Ö3-Chefs oder einer -Chefin, für genügend Nachwuchs zu sorgen. Es gibt auch jetzt schon neben Robert Kratky viele andere, die sehr gut unterwegs sind.

APA: Hören Sie privat viel Ö3?

Pauser: Ja, sicher höre ich Ö3 und auch andere Sender. Ich halte es ehrlicherweise für einen Fehler, wenn sich Medienmacher zu viel mit dem österreichischen und deutschen Markt aufhalten. Inspiration findet man, wenn man einen Schritt darüber hinausgeht. Ich höre gerne Radio aus Australien, aus den USA und England.

(Das Gespräch führte Lukas Wodicka/APA)