Der "Modfather" zeigte sich in Spiellaune

Paul Weller: Der “Modfather” in alter Frische

Dienstag, 26. September 2023 | 06:56 Uhr

Von: apa

Paul Weller, die Stil-Ikone des Britpop aus den 1970er- und 80er-Jahren, ist immer noch flott unterwegs: Das bewies der 65-Jährige am Montagabend im ausverkauften Wiener Volkstheater, wo er seine Fans auf der Konzert-Zielgeraden wortwörtlich aus den bewegungshemmenden Plüschsesseln riss. Trotz vieler, auch neuer, Weller-Songs bester Qualität zeigte sich einmal mehr: Zum “Fliegen” bzw. Tanzen brachte er sein Publikum vor allem mit altbewährten Style-Council-Hits.

So sorgten “My Ever Changing Moods”, “Headstart To Happiness” und ganz besonders “Shout To The Top!” für Stimmung. Im Publikum waren auffällig viele bestens gekleidete ältere Herren – offensichtlich treue Fans von Weller, der für sein stylisches Auftreten schon früh mit dem Ehrentitel “Modfather” geadelt wurde. Wer sich nicht erinnert: Die Mods waren die stets bestens gekleidete britische Antipode zu den Punks mit dem quasi verpflichtenden Fortbewegungsmittel des “GS Scooters”.

Paul Weller, der in den 1970ern mit “The Jam” erste Berühmtheit erlangte, ehe er mit Mick Talbot 1983 die ultimative Brit-Pop-Band “The Style Council” formte, legte immer schon Wert auf gepflegtes Äußeres, und er tut das bis heute. Nicht umsonst entwarf er seinerzeit sogar Polohemden für die Edelmarke “Fred Perry”. Und auch seine Musik war immer “gepflegt” – und ist es immer noch. In Großbritannien funktionierte seine Solokarriere nach der Auflösung des “Council” 1989 auch weiter sehr gut, auf dem “Kontinent” allerdings geriet der Brite etwas aus dem Fokus. Und das, obwohl etwa sein 1995er-Album “Stanley Road” Vierfach-Platin einheimste – aber eben nur im UK.

Jedenfalls blickt Weller auf einen riesigen Songkatalog zurück – und vieles davon bietet er seinem aktuellen Livepublikum. Und so kündigte er gleich zu Beginn an: “Long show, lots of songs”, die von “Cosmic Fringe” über “Old Father Tyme” bis zu einem ganz neuen, noch unveröffentlichten Song reichten, den er gemeinsam mit Freund Noel Gallagher (Ex-Oasis) geschrieben hat. Nur einmal verließen Weller und Band das traditionelle Popsong-Format: Bei “Into Tomorrow” ließ er seinen beiden Drummern und dem Bassisten sozusagen freien Lauf, was in einem sehr funkigen Jam ausuferte.

Und einmal verließ den smarten Briten auch die Contenance: Als ein Gitarrenverstärker starb und ein bemitleidenswerter Roadie es viereinhalb Songs lang nicht schaffte, das Ersatzgerät richtig mit den Effektpedalen zu vereinen, unterbrach Paul Weller mitten im Song, damit das “motherfuckin'” Problem endlich gelöst werden konnte. Wieder zurück, entschädigte er seine Fans mit dem mitreißenden “Shout To The Top!” Ab da ging es im höchsten Gang weiter, nur leicht abgebremst von einem sehr groovigen ersten Zugabenset. Aber es wäre nicht Paul Weller, hätte er sein Publikum nicht ganz zuletzt mit dem live selten gespielten Kracher “The Changing Man” entlassen. Fazit: Ein erfreulich flotter Scooter-Drive quer durch ein Lebenswerk – oder, um mit einem weiteren dargebrachten Songtitel zu sprechen: “That’s Entertainment!”.