Von: apa
Es ist vollbracht: Die neue Soundanlage in der Arena Wien hat am Freitagabend ihre Premiere erlebt. Beim ersten Open-Air der Saison – zu Gast war das Berliner Electro-Pop-Trio Grossstadtgeflüster – konnte das nach Lärmbeschwerden aus der Nachbarschaft angekaufte System nun im Echtbetrieb getestet werden. Falls Fans befürchtet haben, dass buchstäblich nur mehr im Flüsterton musiziert wird, konnten diese aufatmen.
Die Arena stand zuletzt nicht nur ob ihres vielfältigen Musikprogramms im Fokus, sondern auch wegen einiger Nachbarn, denen die Beschallung aus der beliebten Konzert- und Partylocation ein Dorn im Auge bzw. Ohr war. Wobei in Erdberg viele Jahre lang unbehelligt musiziert und gefeiert werden konnte. Die Umgebung war ausschließlich eher industriell bzw. von Verkehrsbauten – etwa der Südosttangente – geprägt.
Seit in unmittelbarer Nähe Wohntürme hochgezogen wurden, hat sich das geändert. Allerdings wird in der Arena betont, dass es nur vereinzelt Beschwerden gab. Reagiert hat man trotzdem. Dank Förderung durch die Stadt konnte eine neue Soundanlage angeschafft werden, die Klang und Lautstärke am Areal bündeln und die Umgebung eher verschonen soll.
Dass das Auftakt-Open-Air ausgerechnet von einer Band bestritten wurde, die in ihrem Namen suggeriert, leise zu sein und deren Schaffen vor allem unter der Devise “Ihr könnt mich alle mal” steht, war wohl eine zufällige Laune des Schicksals. Grossstadtgeflüster kennen die Bundeshauptstadt schon von zahlreichen früheren Gastspielen. Der Auftritt der Berliner Combo um Sängerin Jen Bender war dieses Mal aber alles andere als selbstverständlich.
Das lag allerdings nicht am Dezibel-Problem der Arena. Die Deutschland-Termine der aktuellen Tour (zum neuen Album “Das Über-Icke”) mussten vielmehr nach einem Unfall von Schlagzeuger Chriz Falk verschoben werden. Somit ging es erst mit den Österreich-Daten los. Der verspätete Tourstart erfolgte am Donnerstag in Salzburg.
Der ausverkaufte Gig in der Arena markierte die zweite Station. Präsentiert wurden unter anderem Songs aus dem neuen Longplayer – wie etwa die aktuelle Single “Huckepack”, die zu den vergleichsweise zarten Liedern im Werkkatalog gehört. Die Band ist jedoch durchaus dafür bekannt, dass sich Tiefgang und Partyhits auch nicht unbedingt ausschließen.
Fröhlich gefeiert wurde jedenfalls intensiv, dank Konfettikanonen und älteren Klassikern wie “Fickt-Euch-Allee” oder “Haufenweise Scheiße”. Bei der Darbietung des vom 2019 erschienenen Albums “Trips & Ticks” stammenden Songs “Diadem” setzte sich Jen Bender ein solches sogar auf. Auf demselben Longplayer ist auch die Mitmach-Hymne “Feierabend” zu finden, die in der Arena für großen Jubel sorgte und zu den Höhepunkten des Abends gehörte.
Wie erwartet, verbreitete auch das ganz im Grundtenor der Band gehaltene “Ich kündige” aus dem aktuellen Album viel gute Laune. Sängerin Jen Bender zeigte sich begeistert: “Ganz großes Kino hier, danke.” Der Über-Hit “Ich muss gar nix” finalisierte wie üblich die Show, die keinesfalls leise war.
Die neue Soundanlage funktionierte offenbar tadellos. Sie durfte um dreiviertel Sieben erstmals zeigen, was sie im Echtbetrieb kann – als die ebenfalls aus Berlin stammende Sängerin Brenda Blitz mit ihrer Band die Bühne enterte. Schon der Support-Act zerstreute Sorgen, dass die Dezibel auch im Areal selbst deutlich zurückgeschraubt wurden.
Wer nicht wusste, dass hier frisch montierte Technik im Einsatz war, wird wohl keinen Unterschied bemerkt haben. Und wer es wusste, dem wird bestenfalls aufgefallen sein, dass die Lautsprecher blitzblank und neu aussehen. Der Klang gab jedenfalls in der Arena absolut keinen Anlass für Beschwerden. Ob man das in der Umgebung auch so empfindet, wird sich wohl erst in den nächsten Tagen oder Wochen weisen.
Die Band war sich bewusst, einen historischen Moment zu erleben. “Wir durften heute die Ersten sein, die diese Anlage hier testen”, erläuterte Jen Bender gegen Ende des Gigs. Sie habe sich gedacht, so fügte sie hinzu, sie werde nach dem Konzert “zu diesen Häusern” gehen und an die Türen klopfen, um zu fragen, ob alles gepasst habe. Diese Bemerkung sorgte vermutlich für den frenetischsten Jubel des Abends.
Kurzfristig wurde auch darüber sinniert, dass es mitunter Gebäude gebe, vor denen man gerne gewisse Bedürfnisse erledigen würde. Letztendlich ließ man aber auch wissen, dass man nicht pauschal verurteilen wolle. Eine Frau habe sich etwa bereit erklärt, dass von ihrer Wohnung aus eine Lärmmessung vorgenommen werde, weil sie ein Fan der Arena sei, erzählte die Sängerin. Und schließlich ortete Keyboarder Raphael Schalz sogar eine mögliche Solidaritätsaktion, nämlich Lichtsignale: “Auf einem dieser Balkone ist Strobo!”
(Von Gerald Mackinger/APA)