Von: apa
Wenn sich am morgigen Mittwoch der Vorhang in der Wiener Staatsoper hebt, steht neben Koloraturstar Cecilia Bartoli und Hollywoodstar John Malkovich mit Emily Cox auch einer der Shootingstars des deutschsprachigen Kinos und Fernsehen auf der Bühne. Im Musiktheaterstück “Their Master’s Voice” von Regisseur Michael Sturminger feiert die gebürtige Wienerin, die als Wikingerkriegerin Brida in der Historienserie “The Last Kingdom” berühmt wurde, ihr Hausdebüt.
Der einstige Salzburger “Jedermann”-Regisseur Sturminger hatte das Stück für Bartolis Oper Monte Carlo geschrieben, die derzeit nach 2022 erneut ein Gastspiel bei den Kollegen am Ring abhält. Die APA sprach mit der 39-jährigen Cox, die im deutschsprachigen Raum neben vielen anderen Engagement als leidgeprüfte Freundin von Christian Ulmen in der Comedyserie “jerks.” reüssierte, vor der Premiere über freies Atmen auf der Bühne, die Frage, ob sie privat Äxte wirft und ihre Lust auf den Job der “Tatort”-Kommissarin.
APA: Sie stehen in “Their Master’s Voice” nun erstmals auf der Bühne der Staatsoper. Eine logische Konsequenz, nachdem Ihre Eltern Musiker sind?
Emily Cox: Meine Eltern – mein Vater ist aus England, meine Mutter Irin – sind tatsächlich Pianisten und haben sich beim Klavierstudium in Manchester kennengelernt. Sie sind dann nach Wien gegangen, wo ich auf die Welt gekommen bin. Selber Pianistin wollte ich nicht werden, da das als Kind eher etwas deprimierend war, wenn die beiden so wahnsinnig gut waren, während du “Alle meine Entchen” spielst. (lacht) Ich bin aber auch sehr frei aufgewachsen, meine Eltern hätten mich nie zu etwas gedrängt. Ich habe Klavier gespielt und bin auch musikalisch, aber ich wollte letztlich etwas finden, das komplett meines ist.
APA: Aber der kulturelle Background Ihrer Eltern hat Sie geprägt?
Cox: Mein Papa hätte es zumindest komisch gefunden, wenn ich Medizin oder Wirtschaft hätte studieren wollen. (lacht) Es war mir wohl insofern in die Wiege gelegt, dass ich von Anfang an mitbekommen habe, dass man als Künstler sein Leben bestreiten und glücklich sein kann.
APA: “Their Master’s Voice” ist das neue Projekt von Tausendsassa Michael Sturminger. Wie ist die Arbeit mit ihm als Regisseur?
Cox: Das ist einer der coolsten Regisseure, mit dem ich je gearbeitet habe! Er versteht sehr viel von Schauspiel und hat uns deshalb sehr viel Vertrauen entgegengebracht. Er hat nie versucht, uns wie Puppen zu steuern. Ich liebe es, wenn auf der Bühne einfach etwas passiert und nicht alles so festgezurrt ist, dass man keine Luft mehr zum Atmen hat! Deshalb wird die Vorstellung in Wien sicher anders sein als die in Versailles.
APA: Zugleich haben Sie mit John Malkovich einen echten Hollywoodstar an Ihrer Seite. Wie viel Respekt hatten Sie da in der Anfangsphase?
Cox: Die Proben waren anfangs im Haus von John in Frankreich angesetzt. Der erste Tag war insofern etwas gruselig, weil ich unmittelbar vorher “In the Line of Fire” gesehen hatte, in dem er extrem glaubwürdig einen Psychopathen spielt. Und dann fahre ich da in die Pampas zu jemanden, den ich überhaupt nicht kenne und denke mir nur: Was machst du da?! Aber John hat sich dann als unendlich lieber Kerl entpuppt, der uns jeden Tag bekocht hat. (lacht)
APA: Weshalb ist das Projekt eigentlich eines der wenigen Theatervorhaben, in dem Sie zu erleben sind?
Cox: Ich wollte Schauspielerin werden, weil ich als Teenagerin in einem Schauspielkurs einen Kaugummi gespielt habe, der bügelt. Ich hatte damals Dreadlocks und Armyhosen und keinerlei Ahnung von der Theaterwelt. Ich habe dann am Reinhardt-Seminar Theater studiert, aber es sind dann schon währenddessen die ersten Filmangebote gekommen. Ich wollte mich damals mit Theater nicht zeitlich blockieren. Die Filmwelt ist mir einfach irgendwie passiert. Aber nach “Their Master’s Voice” merke ich, dass ich voll Lust hätte, wieder einmal Theater zu spielen.
APA: Sie gehören zu den wenigen Schauspielerinnen, die sowohl in der Komödie wie im Drama daheim sind. Ist das eine Mischung, die Sie sich bei der Rollenwahl bewusst zusammenstellen?
Cox: Ich bin zumindest total dankbar, dass es so ist. Und ich finde es immer wieder witzig, wie unterschiedlich ich wahrgenommen werde. In Amerika casten sie mich etwa ganz oft als tätowierte Frau mit Piercing, weil man mich da mit der Wikingerin aus “The Last Kingdom” assoziiert. In Deutschland werde ich hingegen oft für Mauerblümchen angefragt wegen meiner Rolle in “jerks.” von Christian Ulmen. Es ist für mich total schön zu entdecken, dass ich all diese Seiten in mir habe! Auch wenn ich im normalen Leben nicht Äxte nach Leuten werfe …
APA: Sie müssen Rollen also in sich haben, um sie spielen zu können?
Cox: Für mich ist es tatsächlich so, dass ich schlecht spielen kann. Ich kann schlecht lügen. Ich kann unfassbar schlecht so tun als ob, aber ich kann sehr gut ehrlich sein. Ich kann beim Spielen auf eine Art ehrlicher sein als im echten Leben. Dieses Gefallen-Wollen kann ich im Spiel weglassen.
APA: Kennen Sie nicht das Gefühl, hinter einer Rolle zu verschwinden?
Cox: Ich habe nie das Gefühl, dass ich eine Figur spiele. Ich handle anders, aber habe immer das Gefühl, dass ich ich selbst bin. Natürlich sind die Situationen beim Dreh nicht echt, aber die Gefühle sind es in dem Moment. Ich würde nie so tun, als ob ich weine, sondern ich weine wirklich.
APA: Neben Ihrer Rollenvielfalt sind Sie mittlerweile auch noch als Lehrerin am Reinhardt-Seminar tätig. Was reizt Sie an dieser pädagogischen Aufgabe?
Cox: Ich finde es unglaublich schön zu merken, dass man einen Unterschied machen kann im Leben von Studierenden. Das passiert, wenn man ihnen als Lehrerin Selbstvertrauen gibt und sie darin bestärkt, was sie schon können.
APA: War es das, was Sie selbst aus dem Reinhardt-Seminar mitgenommen haben?
Cox: (lacht). Teils teils. Es gab fantastische Lehrerinnen, aber auch diejenigen, mit denen es eher schwierig war. Das hat sich mittlerweile total geändert, ich bin vollkommen begeistert von meinen Kolleginnen.
APA: Was bringt die Zukunft für Sie?
Cox: Ich versuche, etwas mehr in Wien zu sein, auch gerne mehr in Wien zu drehen. Das Lebenskonzept, dauernd im Hotel zu sein, ist zwar schön, aber auch anstrengend. Und was die Rollen angeht, ist mir einfach wichtig, dass die Projekte, in denen ich spiele, eine Form von Authentizität haben. Einen echten Blick auf die Welt. Und da gibt es gerade in Österreich extrem viele Regisseurinnen und Regisseure, die so drehen.
APA: Würde auch der Part einer “Tatort”-Kommissarin für Sie unter diese Kategorie fallen?
Cox: Das würde ich tatsächlich total gerne machen! Ich war bisher beim “Tatort” immer nur Täterin oder Opfer.
(Das Gespräch führte Martin Fichter-Wöß/APA)
(S E R V I C E – https://kalender.wiener-staatsoper.at)