Paul Poets filmisches Porträt sprengt in vielerlei Hinsicht Grenzen

“Soldat Monika” als Filmporträt einer Gestaltwandlerin

Sonntag, 20. April 2025 | 07:30 Uhr

Von: apa

Monika Donner zu porträtieren, kann eigentlich nur schiefgehen. Es sei denn, man macht es so wie Paul Poet. Der kritische, unruhige Geist, der sich mit Werken wie “Empire Me” bereits als Porträtist von Lebenswelten abseits des Konventionellen zeigte, legt mit “Soldat Monika” den vielleicht ungewöhnlichsten Film des Jahres vor. Es ist eine Tour de Force durch die Windungen einer Biografie, einer Identität – unvermutete Abzweigungen und Sackgassen inklusive. Ab Freitag im Kino.

Transfrau, Elitesoldat, rechtsradikal

Monika Donner ist Transfrau und als solches Vorkämpferin für Minderheitenrechte. Sie war früher Elitesoldat des Bundesheeres. Skinhead. Ministerialrätin im Verteidigungsministerium, nach ihrer Entlassung prominentes Gesicht der neu-rechten Szene als Buchautorin mit Titeln wie “God Bless You, Putin!” und Rednerin wider die “Corona-Diktatur”. Für Donner erscheint das Leben als Spiel, als Bühne für verschiedene Rollen, in die man schlüpft. Und Paul Poet nähert sich ihr in einer Zwischenwelt aus Jakob Levy Morenos Psychodrama und Joshua Oppenheimers Dokumentaressays.

So vielgestaltig wie Donners Leben scheint, so vielgestaltig kommt entsprechend auch “Soldat Monika” daher. Paul Poet mischt Animationssequenzen und Reenactments, dokumentarische Passagen mit Archivmaterial und Spielszenen, die in sich wieder gebrochen werden. Und er lässt Donner sich selbst “spielen” in dieser filmischen Collage, die zugleich mit prominenten Schauspielern wie Maria Hofstätter oder Philipp Hochmair aufwartet und in der die Berliner Noiserockband Gewalt nicht nur den Soundtrack liefert, sondern auch in den Diskurs mit der Hauptdarstellerin ihres eigenen Biopics tritt.

Poet erschafft aus den verschiedenen Splittern von Donners Gedankenwelt ein Mosaik, das das Psychogramm einer komplexen Persönlichkeit ergibt. Das skizzenhafte Bild eines Lebens, in dem die Identität als fixe Größe irrelevant ist. Vermutlich genau der richtige Ansatz, um sich den Grundfragen von Authentizität und Leben zu nähern.

Prominente Cameoeinsätze

Donner trifft auf Philip Hochmair, der sich von ihr zur Drag verwandeln lässt und mit Donner und seiner Ehefrau über die Kärntner Straße zieht. Sie trifft in einer Spielszene die personifizierte angelsächsische Achse des Bösen und kämpft gegen sie mit dem Schwert. Sie philosophiert mit Roland Düringer über das Zwischen-den-Stühlen-Sitzen und diskutiert mit der Neue-Rechte-Expertin Natascha Strobl über den Begriff des Faschismus. Paul Poet gibt seiner Protagonistin viel Raum – zur Selbstdarstellung und Selbstreflexion.

Und doch fällt bei der Achtung für deren beeindruckenden Mut zur Revolte die enge empathische Bindung an Donner schwer, die im Urlaub Nazibunker mit der Ehefrau besucht und sich mit dem notorischen Neonazi Gottfried Küssel trifft und diesen verteidigt. Sie stellt sich vor die LGBTIQ+-Bewegung, spricht sich für den Schutz der Minderheiten aus, um zugleich die Propagierung des lesbischen Lebensstils als Mittel der Bevölkerungsmanipulation und -dezimierung anzuprangern. Monika Donner ist Anarchistin und Rechtslibertäre in einer Person, ein Mensch, der die Überraschung ebenso liebt wie die Provokation.

“Ein Meer mit widersprüchlichen Wellenbewegungen”

“Wir sind im Zeitalter der Gestaltenwandler und Trickser – und Monika ist so ziemlich das perfekte österreichische Spezimen dafür. […] Monika ist ein Meer mit lauter widersprüchlichen Wellenbewegungen”, charakterisierte der 53-jährige Poet bei der Österreichpremiere von “Soldat Monika” auf der heurigen Diagonale seine Protagonistin: “Monika ist alles – all inclusive. Das ist einerseits schön, andererseits aber auch gefährlich.” Insofern eigne sich Monika Donner aber auch perfekt, sich der Zersplitterung unserer Zeit zu nähern. Und genau das ist vielleicht das Tragische an “Soldat Monika”.

(Von Martin Fichter-Wöß/APA)

(S E R V I C E – www.freibeuterfilm.com/wp/portfolios/3965/)

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