Von: apa
Augenlider aus dem 3D-Drucker sind als Koproduktion einer Forschungsallianz am Mittwoch in Innsbruck präsentiert worden. Ziel der “weltweit einzigartigen” Innovation sei es, ein menschliches Augenlid möglichst realitätsnah nachzubauen, hieß es bei einem Pressetermin. An dem Modell soll dann zu Schulungszwecken etwa in der chirurgischen Ausbildung geübt werden können. Aktuell existiert bereits ein Prototyp, angelegt ist das vom Land Tirol geförderte Projekt auf zwei Jahre.
“Die Zahl an Körperspendern ist beschränkt”, erläuterte dabei Wolfgang Prodinger, Vizerektor für Lehre und Studienangelegenheiten der Medizinischen Universität Innsbruck. Gerade für spezielle Untersuchungen sei es deshalb eine Herausforderung, genügend Material zu bekommen. Hier sei ein entsprechendes Modell “sehr wertvoll”. Daran könnten dann sowohl einfache Anwendung als auch die Behandlung komplexer Erkrankungen in der Lidchirurgie geübt werden, so Prodinger.
In einem ersten Schritt würde für die Erstellung eines künstlichen Augenlids Gewebe von Spendern entnommen und die Schichten analysiert, führte Marko Konschake, Institutsleiter für Klinisch-Funktionelle Anatomie, aus. Die Daten würden dann an die Projektpartner übergeben, um ein entsprechendes Modell zu erschaffen. Neben den auf 3D-Druck spezialisierten Unternehmen Eyecre.at und Addion ist dabei auch das Management Center Innsbruck (MCI) zur Bestimmung der mechanischen Eigenschaften des Augenlides an Bord.
Dem so entstandenen künstlichen Augenlid, das jenem eines gesunden Menschen nachempfunden ist, könnten dann zu Übungszwecken Krankheitsbilder hinzugefügt werden. “Unser Ziel ist es, medizinisches Fachpersonal bestmöglich auf ihren Arbeitseinsatz am menschlichen Körper vorzubereiten”, betonte Konschake. Schlussendlich soll die Innovation dazu führen, dass Patienten besser behandelt werden können.
Das Nachbauen des Augenlids sei aufgrund seiner acht unterschiedlichen Gewebeschichten dabei eine besondere Herausforderung, sagte Eycre.at-Geschäftsführer David Ortner. Das Tiroler Unternehmen produziert bereits seit zehn Jahren künstlich hergestellte Augen. Nun komme die gleiche Technologie zum Einsatz, das Augenlid sei jedoch “viel komplexer”. Weltweit gebe es aktuell nichts vergleichbares, betonte Ortner. Den menschlichen Körper völlig realitätsnah nachzubauen werde indes nicht möglich sein, so Ortner: “Wichtig ist, die Abweichung zu kennen.”
Die Modelle bestünden schlussendlich aus Kunststoffen, die durch Beimengung unterschiedliche Eigenschaften annehmen könnten, erläuterte Addion-Geschäftsführer Alexander Hechenberger. “Wir sind so in der Lage, zehntausende verschiedene Materialeigenschaften zu erzeugen”, erläuterte der Unternehmer, der sich auf den Nachdruck anatomischer Modelle spezialisiert hat. Die Kosten seien dabei im laufenden Forschungsverfahren schwer zu beziffern, man bewege sich aktuell beim bestehenden Prototypen bei Kosten von rund 100 Euro pro Modell. Die dafür verwendeten Maschinen schlügen jedoch mit rund einer halben Million Euro zu Buche.
Zukünftig sei auch eine Ausdehnung des Verfahrens auf andere Organe denkbar, bestätigte Konschake. Dann könnte auch beispielsweise die Lunge nachgebaut werden, um daran zu üben. Auch die Herstellung von Prothesen sei zumindest ein denkbarer logischer nächster Schritt, so Ortner. “Im anatomischen 3D-Druck ist in der Zukunft viel Innovation zu erwarten”, freute sich der Unternehmer. Das habe wesentlich mit der Verfügbarkeit neuer Maschinen zu tun.
Eine Förderung von 116.000 Euro für das Projekt kommt indes vom Land Tirol. Wirtschaftslandesrat Mario Gerber (ÖVP) bekundete Freude über das “tolle und innovative Projekt”. Tirol sei bereits jetzt “angesehener Standort” für Gesundheitsunternehmen. Die Branche generiere in Tirol aktuell einen Umsatz von rund drei Milliarden Euro pro Jahr bei rund 11.000 Beschäftigten. Generell sei der Ausbau von “Life-Science-Komponenten” erklärtes Ziel der Landesregierung, betonte Gerber. Tirol solle zum “Spitzenstandort” werden. “Vieles ist heute noch in den Kinderschuhen”, ortete der Landesrat dabei enormes Entwicklungspotenzial.