Von: luk
Bozen/Aosta – Vor kurzem haben die Mumienforscherinnen und -forscher von Eurac Research einen ganz besonderen Gast in ihren Labors untersucht: Ein 6.600 Jahre altes mumifiziertes Murmeltier, das am Liskamm im Monte-Rosa-Massiv auf 4.300 Metern Höhe entdeckt worden war. Als die Tiermumie für erste Analysen nach Bozen gebracht wurde, war ihr Alter noch nicht bekannt. In den vergangenen Tagen wurde durch Radiokarbondatierung nachgewiesen, dass das Murmeltier aus der Jungsteinzeit stammt. Damit ist es die älteste Tiermumie Italiens und als solche von großem Interesse für die Wissenschaft.
Die Murmeltiermumie wurde mit größter Sorgfalt aus dem Gletscher geborgen – nach strengen Vorgaben eines Bergungsprotokolls, das gemeinsam mit Eurac Research erarbeitet worden war. Das Protokoll stellte sicher, dass der wertvolle Fund nicht beschädigt oder verunreinigt wurde. Das Regionalmuseum für Naturwissenschaften der Autonomen Region Aostatal Efisio Noussan entschied frühzeitig, das Südtiroler Forschungszentrum einzubeziehen, obwohl das Alter der Mumie noch nicht feststand. Nach der Gletscherbergung wurde die Mumie in einen speziellen – von Eurac Research entwickelten – Behälter, eine so genannten Softbox gelegt, die den Fund schützt und optimal konserviert. In dieser Softbox gelangte das Murmeltier nach Bozen, wo erste Proben entnommen und Untersuchungen durchgeführt wurden.
Das Alter der Mumie sorgte für viel Aufsehen in der Expertenszene: Die Tatsache, dass das Murmeltier in so großer Höhe gefunden worden war, könnte Hinweise auf Artenverschiebungen liefern als Folge von Umweltveränderungen oder Klimawandel. Weitere Erkenntnisse verspricht sich die Forschung aus der Genomanalyse.
Das Regionalmuseum für Naturwissenschaften Efisio Noussan und Eurac Research haben eine Vereinbarung unterzeichnet, um gemeinsam die Forschung an der Mumie fortzusetzen. „Die rasante Entwicklung neuer Technologien, etwa in der Entschlüsselung antiker DNA, wird schon bald neue Erkenntnisse über derartige Funde liefern“, ist der Leiter des Labors für Konservierungstechnik am Institut für Mumienforschung von Eurac Research, Marco Samadelli, überzeugt.
„Wir freuen uns, dass die multi- und interdisziplinären Kompetenzen unseres Instituts gefragt sind. Sie reichen von modernsten angewandten Technologien bei der Bergung menschlicher und tierischer Überreste über maßgeschneiderte Lösungen für die Konservierung und Ausstellung der Funde bis hin zur DNA-Analyse und geochemischen Untersuchungen“, erklärt Alice Paladin, Leiterin des Labors für Anthropologie am Institut für Mumienforschung von Eurac Research.