Von: apa
Zwei kuriose Banküberfälle haben in Wien zuletzt binnen kurzer Zeit für Schlagzeilen gesorgt: Gesucht wird jeweils ein Verdächtiger mit “auffallend großer Nase”. Damit bekommt ein Delikt Aufmerksamkeit, das in den vergangenen Jahren immer mehr aus den Kriminalstatistiken verschwindet. “Die Zahlen sind rückläufig”, sagt Petra Huber-Lintner, Leiterin des Büros für Allgemeine Kriminalität im Bundeskriminalamt zur APA. “Ein Bankraub ist heutzutage nicht mehr sehr lukrativ.”
So kam es heuer österreichweit erst zu elf Straftaten dieser Art (acht davon in Wien, jeweils ein Fall in Tirol, Vorarlberg und Oberösterreich), während im Vergleich dazu allein im Jahr 2008 mit 139 Überfällen mehr als zwölfmal soviel Taten registriert wurden. In den vergangenen zehn Jahren wurden mit Stand Anfang Dezember insgesamt nur mehr 388 Fälle (269 davon geklärt) gemeldet.
“Der Rückgang ist aus unserer Sicht unter anderem auf bessere Sicherheitsmaßnahmen zurückzuführen.” Die Expertin nennt hier unter anderem Entwicklungen bei Überwachungskameras und Tresorsystemen, aber auch Security-Personal als Beispiele. Doch auch, dass heutzutage weniger Bargeld am Schalter erhältlich sei, dort die Anforderung sowie Auszahlung teils zeitverzögert passiere, den Täter damit länger in einer Bank binde und es immer mehr Selfservice-Filialen ohne Kundenbetreuung gebe, trage dazu bei. Abschreckend würden auch eine relativ hohe Aufklärungsquote (in den vergangenen zehn Jahren deutlich über 50 Prozent) sowie empfindliche Haftstrafen in Relation zu oft geringer Beute wirken. Im Juni hatte bereits Interpol-Generalsekretär Jürgen Stock im Rahmen eines Festakts in Wien betont: “Der klassische Banküberfall stirbt aus.”
Speziell Serientaten kommen heutzutage nur mehr in sehr geringen Ausmaß vor. In den Jahren von 2007 bis 2012 sei das noch anders gewesen, so Huber-Lintner. “In diesem Zeitraum waren auch die meisten Serienüberfälle zu verzeichnen”, so die erfahrene Kriminalistin. “Leute mit Geldproblemen wird es aber immer geben.” Denn oft handelten Bankräuber aus völliger Verzweiflung. “Das Motiv ist heute oftmals akuter Geldmangel. Die Gründe dafür sind vielfältig: Spielschulden, Sucht, Arbeitslosigkeit”, erklärt sie. “Der Täter ist außerdem in der Regel männlich und in hohem Maß risikobereit.”
Nun könnte es die Wiener Polizei seit langem wieder mit einer solchen Serie zu tun haben. Am 21. November betrat ein offensichtlich mit Schusswaffe tragender Mann kurz nach Mittag eine Bankfiliale in Wien-Hernals, legte ein Stück Papier mit einer Forderung nach Geld über den Tresentisch. Nach der Aushändigung von Bargeld steckte der Mann das Geld in eine schwarze Tasche und flüchtete. Sechs Tage später raubte erneut ein Mann auf die gleiche Art ein Geldinstitut in Wien-Leopoldstadt aus. In beiden Fällen machte der Verdächtige mit seiner “auffallend großen Nase” von sich reden. Die Polizei bestätigte gegenüber der APA jedoch nur, dass in alle Richtungen ermittelt werde.
Das Bundeskriminalamt arbeitet übrigens bei der Vorbeugung von Banküberfällen eng mit der Wirtschaftskammer Wien zusammen. Diese organisiert regelmäßig Jour-Fixe-Termine für Banken mit Experten der Polizei. Dort tauschen sich Beamten mit Bankvertretern über bewährte Präventionsmaßnahmen sowie gängige Trends bei Modi operandi aus.