Von: mk
Bozen – Die traditionelle alpine Esskultur hat viel zu bieten. Dennoch weist die heutige durchschnittliche Ernährung im Alpenraum ein beträchtliches Verbesserungspotenzial auf. „Besser essen in den Bergen“, das neue Handbuch des Südtiroler Ernährungsrates, hat den Anspruch, die heutige Ernährung in den Alpen nachhaltiger zu gestalten. Am 11. Oktober wurde das Buch, erschienen im Athesia-Tappeiner Verlag, der Öffentlichkeit in der Fachschule Haslach in Bozen vorgestellt.
Getreide und Getreideprodukte, Kartoffeln, saisonale Früchte und Gemüse, Milch und Milchprodukte, Eier, Fleisch und Fleischwaren sind bis heute wichtige Nahrungsmittel und Zutaten für typisch alpine Speisen wie Käse- oder Speckknödel, Erdäpfelgröstl, Milchmus, Schmarren, Buchweizentorte und Preiselbeermarmelade. (Vollkorn-) Getreideprodukte und Kartoffeln sind bekanntermaßen reich an Kohlenhydraten und Ballaststoffen. Von den verschiedenen Getreidearten war historisch vor allem der Roggen von Bedeutung, da er sehr kältetolerant ist und auch in höheren Lagen gedeiht. Früchte und Gemüse enthalten lebensnotwendige Vitamine und Mineralstoffe. Ihr reiches Spektrum an sekundären Pflanzenstoffen trägt, wie man heute weiß, zur Prävention verschiedenster chronischer Erkrankungen bei. Milchprodukte (nicht nur von der Kuh), Eier und Fleisch liefern hochwertige Proteine, aus deren Bausteinen (Aminosäuren) der menschliche Körper sehr gut körpereigene Proteine aufbauen kann. Für die zum Teil langen und harten Winter war es zudem notwendig, Lebensmittel so gut wie möglich zu konservieren und dadurch länger haltbar zu machen. Einige dieser Methoden werden heute wieder entdeckt, beispielsweise das Fermentieren von Gemüse, wie wir es vom Sauerkraut kennen.
Trotz all dieser Vorzüge haben auch im Alpenraum globale Ernährungs- und Lebensmitteltrends Einzug gehalten. So werden heute insgesamt viel mehr tierische Lebensmittel verzehrt als noch vor einigen Jahrzehnten. „Gesundheitlich und ökologisch wünschenswert ist jedoch eine deutliche Verringerung des Konsums insbesondere von Fleisch und zugleich eine Erhöhung des Verzehrs von pflanzlichen Nahrungsmitteln wie Gemüse und Hülsenfrüchten“, unterstreicht Silke Raffeiner, Kosprecherin des Südtiroler Ernährungsrates. „Zudem wäre in den kalten Monaten eine Rückbesinnung auf das bunte Angebot an Lagergemüse kulinarisch und ökologisch lohnend.“
Der Südtiroler Ernährungsrat setzt sich seit seiner Gründung am 16. Oktober 2017 für ein zukunftsfähiges Ernährungssystem in Südtirol ein. Ernährungsräte (englisch: Food Policy Councils) haben zum Ziel, die Ernährungspolitik auf lokaler Ebene, meist in Gemeinden oder Städten, mitzugestalten. Im sechsten Jahr des Bestehens des Südtiroler Ernährungsrates haben die Mitglieder gemeinsam mit einigen Weggenossinnen ihr Wissen, ihre Kompetenzen und ihre Erfahrung in ein Handbuch für eine nachhaltige alpine Ernährung, erschienen im Athesia-Tappeiner Verlag, gegossen. „‘Besser essen in den Bergen‘ vereint neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Anforderungen mit traditionellen Ernährungsgepflogenheiten sowie vielen praktischen Tipps und Tricks“, gibt sich Christian Fischer, Kosprecher des Ernährungsrates, stolz. „Nicht zuletzt dank des umfangreichen Rezeptteils mit 40 Rezepten im Wandel der Jahreszeiten gelingt es, die tägliche Ernährung traditionell und zugleich modern und nachhaltig zu gestalten.“
Am Mittwoch, 11. Oktober hat der Südtiroler Ernährungsrat gemeinsam mit den Fachschulen für Hauswirtschaft und Ernährung Haslach, Neumarkt und Tisens sowie dem Athesia-Tappeiner Verlag das neue Handbuch in der Schauküche der Fachschule Haslach in Bozen der Öffentlichkeit präsentiert. Kosprecherin Silke Raffeiner stellte rückblickend auf die Aktivitäten der letzten Jahre die Wirkungsfelder des Rates vor. Kosprecher Christian Fischer gab einen Einblick in die Entstehungsgeschichte des neuen Handbuchs. Im ausführlichen Informationsteil führt das Buch in die Grundlagen einer gesundheits- und umweltbewussten und somit zeitgemäßen Ernährung, den Einkauf umweltfreundlicher Produkte sowie die moderne Lebensmittelproduktion ein. Es bietet zudem zahlreiche Hilfen und Vorschläge für die Haushaltsführung. Ernährungsratsmitglieder berichten von ihren Erfahrungen aus Projekten wie beispielsweise einem Gemeinschaftsgarten. Zudem werden die Aktivitäten des Südtiroler Ernährungsrates vorgestellt.
Der umfangreiche Rezeptteil folgt den vier Jahreszeiten. Rezepte für einen Berglinsensalat mit Ziegenfrischkäse, für Nudelteigtaschen mit Birnen-Blauschimmelkäse-Füllung, für Forellenburger mit Kräuter-Sauerrahm oder für karamellisierte Butternusskürbis-Kerne mit Zimt zeigen, dass eine gesunde, genussvolle und umweltfreundliche Ernährung auch in der Praxis möglich ist. Die anwesenden Redakteur*innen sowie Multiplikator*innen konnten sich davon sogleich vor Ort überzeugen und drei Speisen aus dem Buch – Kastaniencremesuppe, Grünkohl-Chips und Rote-Bete-Schokoladentörtchen –, welche vor Publikum von den Fachlehrerinnen Martina Gögele und Julia Dariz zubereitet wurden, verkosten.
Ob saisonal, regional, Low Carb, Low Fat, vegetarisch, vegan oder zuckerfrei – das neue Buch zeigt Möglichkeiten und Wege für einen gesunden und nachhaltigen Lebensstil auf.