Von: mk
Bozen – Nach einigen Wochen bewältigen viele Volksschulkinder den Schulweg oftmals bereits ohne Begleitung Erwachsener. Doch nicht alle fühlen sich wohl dabei, auch weil sie fürchten, dass sich gewohnte Wege verändern und ungewohnte Umwege notwendig machen können. Ältere Schulkinder können hingegen nach Überwindung der Anfangsvorsicht auf dem nun nicht mehr neuen Schulweg zu Selbstüberschätzung neigen, was sie zu Dummheiten verleiten kann.
“Wichtig ist es, ab und zu mit den Kindern über ihre bisherigen Erfahrungen am Schulweg zu sprechen – ob sie sich sicher fühlen, ob der Zeitbedarf sich geändert hat, ob ihnen ein Wegabschnitt unangenehm ist, ob sich grob etwas im Vergleich zum Schulstart verändert hat. Optimal wäre es, sie hin und wieder zu begleiten und mit ihnen mitzugehen, um sich davon zu überzeugen, dass alles passt”, erklärt ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger. Sie rät zudem, mit den Kindern auch mögliche Reaktionen auf einen veränderten Weg zu besprechen.
Manchmal sind es spontane kurzfristige Änderungen, die den Weg oder einen Zugang versperren oder einengen können: Einsatzwagen wie Feuerwehr und Rettung mit Blaulicht parken nahe am Gehweg, ein Umzugs-Lkw blockiert den Weg, Wartungsarbeiten im Straßenraum (Kanal, Markierung, Gebrechensdienste, Baumschnitt), eine Baustelleneinrichtung oder Haltestellenverlegung verändern den Weg.
Ist der gewohnte Weg anders, dann haben vor allem jüngere Kinder die Sorge, keine Alternative zu finden oder aber sich auf einem anderen Weg zu verlaufen. “In so einem Fall ist es für Kinder hilfreich, wenn man vorab zu Hause mögliche Alternativen besprochen hat. So könnten kleinere Kinder schauen, wie Erwachsene oder ältere Kinder am Hindernis vorbeikommen. Im Notfall können sie den bekannten Weg zurück zum Haus oder zur Wohnung der Eltern gehen, sollte die Unsicherheit zu große sein. Diese Option sollten sie zur Beruhigung wissen”, erläutert die Psychologin des Mobilitätsclubs.
Sobald Kinder ein unangenehmes Gefühl an bestimmten Orten haben, verhalten sie sich anders: Sie gehen schneller oder laufen und wechseln z. B. spontan die Straßenseite oder sie umgehen diese Orte. Auslöser für ein mulmiges Gefühl können verwahrlost aussehende Häuser sein, verwucherte Grundstücke, verschmutzte Bereiche rund um Müllsammelplätze, dunkle Durchgänge, bellende Hunde hinter niedrigen Gartenzäunen, unheimlich wirkende Menschen, aber auch ältere “rangelnde, mobbende” Jugendgruppen, z. B. vor Haltestellen.
“Manchmal genügt auch Dunkelheit oder schlechte Beleuchtung, damit ein zuvor sicherer Weg plötzlich angsteinflößend wirkt”, so Seidenberger. Auch hier hilft die Unterstützung durch die Suche nach einem Ersatzweg zur Umgehung “unheimlicher” Passagen.
Selbstüberschätzung verleitet zu Dummheiten und Regel-Ignorieren
Gefährdet sind aber auch ältere Kinder, die den Weg sehr gut kennen und sich dann in falscher Sicherheit wiegen. “Besonders größere Kinder neigen bisweilen zu Selbstüberschätzung. In ihrem Empfinden gibt es keine Herausforderung, der Schulweg ist ‘babyleicht’. Das verleitet zu Dummheiten, zum bewussten Ignorieren von Regeln und zum Ausprobieren neuer Aktivitäten. Sie suchen eine Challenge und nutzen dann z. B. das Handy am Schulweg, probieren einen neuen Weg aus, nehmen ein anderes Verkehrsmittel oder gehen später von daheim weg”, so Seidenberger. Die ÖAMTC-Verkehrspsychologin rät daher, auch bei größeren Kindern die sichere Absolvierung des Schulwegs regelmäßig zu thematisieren.
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