Von: luk
Bozen – Erst wenn sie ausgereift sind, entfalten Früchte ihren vollen Geschmack. Man nennt diesen Zustand Genussreife. Unreife Früchte dagegen sind teilweise grün, hart, sauer und geschmacksarm. Dennoch werden heute viele Früchte geerntet, bevor sie ausreifen. Denn sie müssen mitunter eine weite Reise machen, bevor sie in den Geschäften landen, und in unreifem Zustand sind sie besser transportfähig und länger lagerfähig.
Äpfel, Birnen, Bananen, Kiwis, Kakis, Pfirsiche, Nektarinen, Pflaumen, Feigen, Honigmelonen und auch Tomaten reifen nach. In den Früchten gespeicherte Stärke wird nach der Ernte teilweise zu Zuckern abgebaut. Sie können daher unreif gekauft und liegen gelassen werden, bis sie die Genussreife erreichen. Diese nachreifenden oder klimakterischen Früchte bilden nämlich das Gas Ethen, auch Ethylen genannt, und geben dieses an die Umgebung ab. „Ethen wirkt in den Früchten als Hormon und beschleunigt deren Reifeprozess“, erklärt Silke Raffeiner, die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Südtirol. „Wenn man unreife zusammen mit reifen Früchten in eine Papiertüte einwickelt und diese bei Zimmertemperatur aufbewahrt, verströmen die reifen Früchte Ethen und stimulieren dadurch die Reifung der noch unreifen Früchte. Dagegen sollten Früchte, die man länger aufbewahren möchte, getrennt von ethylenverströmenden Früchten aufbewahrt werden.“
Im Unterschied dazu reifen Brombeeren, Erdbeeren, Himbeeren, Kirschen, Weintrauben, Zitrusfrüchte und Granatäpfel nicht nach. Sie produzieren kein Reifegas, ihr Zuckergehalt bleibt nach der Ernte unverändert. Um ihren vollen Geschmack zu entfalten, müssen sie vor der Ernte an der Pflanze ausreifen. Von ethylenabgebenden Früchten sollten sie trotzdem immer getrennt aufbewahrt werden, denn das Ethylen lässt sie schneller verderben.
Den Effekt des Reifegases macht sich auch die Lebensmittelwirtschaft zunutze. Bananen beispielsweise werden in Mittelamerika oder anderen Regionen grün geerntet, verpackt und auf Kühlschiffen transportiert. So wird der Reifeprozess unterbrochen. Nach dem Entladen reifen die Bananen künstlich in so genannten Reifekammern, wo sie mit Ethen begast werden. Während der Lagerung von Äpfeln in Kühlhallen dagegen wird neben Sauerstoff auch Ethen aus der Luft entfernt, um die Lagerzeit zu verlängern.