Die Geschichte eines Abenteurers

Der mit dem Wolf tanzt: Ein Österreicher in Kirgistan

Donnerstag, 06. März 2025 | 08:19 Uhr

Von: Ivd

Christian Bock hat auf seinen Reisen durch Kirgistan Erfahrungen gesammelt, die weit über das hinausgehen, was ein gewöhnlicher Abenteurer erlebt. Im zweiten Teil dieser Interview-Reihe erzählt der Fotograf und Weltenbummler von einer außergewöhnlichen Freundschaft mit einer Wölfin, von frostigen Nächten bei minus 40 Grad und den Herausforderungen eines Lebens in der unberührten Natur. Falls ihr den ersten Teil noch nicht gelesen haben solltet, findet ihr ihn hier.

Als Bock die Wölfin zum ersten Mal traf, war sie gerade ein halbes Jahr alt. Sie war Teil einer Hirtenfamilie und war daher an Menschen gewöhnt. Die Raubtiere sind im Winter hauptverantwortlich für den Verlust von Nutztieren und sind damit die Erzfeinde der Hirten. Einen ausgewachsenen Wolf zu erlegen ist aber sehr schwierig, deshalb versuchen die Menschen unter anderem die Wolfsbaue zu finden und die Jungtiere zu töten. Hin und wieder werden dabei die Welpen aber auch von den Hirten großgezogen. „Sie hatte keine Angst vor Menschen“, erinnert er sich. „Die Energie, die so ein Tier ausstrahlte, ist einfach unbeschreiblich.“

Christian Bock

Von diesem Moment an zog es Bock immer wieder zu ihr zurück. Über Jahre hinweg beobachtete er ihre Entwicklung, sah, wie sie erwachsen wurde – ein Wildtier, das aber eine ungewöhnliche Nähe zum Menschen pflegte. Die Wölfin faszinierte ihn zutiefst: „Es geht gar nicht anders, als emotional mitgerissen zu werden“, erzählt er.

Überleben bei minus 40 Grad

Seine Reisen durch Kirgistan führten Bock in Gebiete, wo die Temperaturen im Winter auf bis zu minus 40 Grad sinken. Zusammen mit seiner Partnerin Maria oder auch allein lebte er wochenlang in einem Zelt. „Manchmal musste ich nachts raus und sah auf dem Thermometer: im Zelt minus 32 Grad, draußen minus 37“, berichtet er. In solchen Momenten wurde ihm bewusst, wie sehr die Natur dort über das Leben bestimmt.

Christian Bock

Sein Pferd, stets nahe am Zelt angebunden, damit der menschliche Geruch dem Pferd die Wölfe vom Leib hält, blieb selbst bei solch extremer Kälte unbeeindruckt. „Er stand da einfach und meditierte. Den hat das überhaupt nicht gejuckt. Es sind diese Momente, wo man versteht, in dieser Welt sind die Tiere völlig anderes als bei uns. Es sind Arbeitstiere. Und es geht da ums nackte Überleben.“

Christian Bock

Um solchen Temperaturen zu trotzen, hatte sich Bock intensiv vorbereitet. Er testete seine Ausrüstung bei einer Winter-Tour mit dem Fahrrad durch Skandinavien, wo das erste Mal erfuhr, wie existenziell Kälte werden kann. Eine Erfrierung am Zeh machte ihm Probleme: „Ich hatte meine Innenschuhe draußen vergessen – am nächsten Morgen waren es minus 40 Grad und die Zehenhaut wurde nach Stunden im Stiefel schwarz. Abgefroren ist aber zum Glück nichts.“

Wildnis ist kein Ponyhof

Doch nicht nur die Kälte war eine Herausforderung. Vor allem die reißenden Gletscherflüsse machten ihm zu schaffen. „Ich bin ein schlechter Schwimmer“, gibt er zu. „Mehrmals habe ich mich bei Flussquerungen verschätzt, bin ins Wasser gefallen oder musste abspringen und neben meinem Pferd herschwimmen oder wir sind zusammen auf labilen Sandbänken oder in Sümpfen eingesunken. Letzteres ist eine sehr bedrohliche Situation, da die Pferde besonders panisch werden und man selbst schauen muss, wie man da wieder raus kommt.“

Christian Bock

Neben den physischen Gefahren gab es auch psychische Tiefpunkte. Während einer Reise war er eineinhalb Monate lang völlig allein mit seinem Pferd – kein Mensch weit und breit. „Man merkt dann, wie sehr wir soziale Wesen sind. Da baust du dann eine sehr starke Verbindung mit dem Pferd auf. Es ist dein einziger Begleiter“, erzählt er.

Das Leben eines fremden Nomaden

Während seiner Reisen lernte Bock auch die Nomaden Kirgistans kennen und mit ihnen auch ihre unglaubliche Gastfreundschaft. „Ich konnte mittlerweile reiten, ich habe Russisch gelernt, ich habe mein Pferd auf dem Viehmarkt gekauft und ich habe mich bis dorthin durchgekämpft. Da ist man automatisch integriert, wenn auch nie komplett“, berichtet er.

Christian Bock

Wochenlang lebte er mit verschiedenen Familien, arbeitete mit ihnen und tauchte in ihre Kultur ein. Am meisten an dieser Art des Reisens schätzt Bock die Zeit: „Es ist einfach was anderes, wenn man nicht bloß ein oder zwei Wochen zu Fuß unterwegs ist und nur mit seinen Rucksäcken durchpreschen muss, weil einem das Essen ausgeht.“

Termine und Infos

Das war der zweite Teil des Interviews mit Christian Bock. Live erleben könnt ihr den Abenteurer am 12. März im UFO Jugend- und Kulturzentrum in Bruneck, am 25. März im Stadttheater Bozen und am 27. März im Kulturhaus Karl Schönherr in Schlanders. Weitere Infos findet ihr auf seiner Webseite.

Bezirk: Bozen

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