Von: bba
Es heißt, Ballett sei etwas für Mädchen. Jungen werden in der Regel beharrlich von ihrem Traum, Ballett-Tänzer zu werden, abgebracht. Ballett gehört eben nicht zu den “männlichen” Disziplinen, so der Volksmund.
Ein Mann, der sich nicht von seinem Wunsch abbringen ließ, Ballett-Tänzer zu werden, und mit jeglichem Klischee bricht, ist Sergei Wladimirowitsch Polunin. Der 29-jährige, inzwischen russische Ballettstar ukrainischer Herkunft, ist ein Überflieger. Polunin galt zu Anfang seiner Solisten-Karriere als Enfant terrible des klassischen Balletts. Mit seiner außergewöhnlichen Ausstrahlung und bravourösen Technik wurde der vielbesprochene Tänzer zum „neuen“ Stern der Ballettwelt.
Besondere Bekanntheit erlangte der talentierte und schöne Tänzer auf YouTube. Da tanzt er in der inzwischen über 26 Millionen Mal geklickten, 2015-er Videoversion von David LaChapelle zu Hoziers kirchenkritischem Song „Take Me to Church“: Der 29-Jährige zeigt darin nicht nur sein sensationelles Können, sondern lässt den Betrachter auch in seine Seele blicken. Der auf Hawaii gedrehte Vier-Minuten-Clip zeigt die Angst und Entschlossenheit, die brennende Intensität, aber auch die Zerrissenheit seines Protagonisten. „‚Take Me to Church‘ sollte der letzte Tanz meines Lebens werden“, sagt Sergei Polunin. „Aber als der Dreh begann, wurde ich von meinen Gefühlen überschwemmt. Ich heulte neun Stunden lang. Es war ein emotional anstrengender Dreh. Am Ende überlegte ich, ob ich wirklich mit dem Tanzen aufhören sollte.“
Ausbrechen, alles hinwerfen und was ganz anderes machen – dieses Motiv zieht sich durch Polunins bisheriges Leben. Mit 19 war er umjubelter Erster Solotänzer des Londoner Royal Ballet und damit der jüngste Solist in der Geschichte des renommierten Hauses. Zwei Jahre später twitterte er: „Hat jemand Heroin im Angebot? Ich brauche ein bisschen Aufheiterung.“ Und stieg kurz darauf aus einem Job aus, für den andere Tänzer morden würden. Zuvor sicherte er sich jedoch mit markigen Sprüchen und seiner vielfach bekundeten Neigung zu wilden Drogen-Partys einen Ruf als Bad Boy des Balletts. Von da an geriet er in die Schlagzeilen.
Sein perfekter Körper ist sein Kapital, zugleich überzieht er ihn mit Tattoos und selbst geritzten Narben, die den Eindruck der Makellosigkeit empfindlich stören. Er brennt für klassisches, asketisch getanztes Ballett und gibt zugleich Sätze von sich wie: „Ich habe keine Lust mehr, mich zu schinden, und wäre am liebsten Filmstar, eine internationale Marke und natürlich Millionär.“ Er will als Rebell rüberkommen, als einer, der andere vor den Kopf stößt und genau das macht, was keiner von ihm erwartet. Er weiß selbstverständlich, dass die Öffentlichkeit solche Typen als lebende Projektionsflächen goutiert, weil sie all das zeigen, was Normalos sich nicht trauen.
Gefragt ist Sergei auch in der Welt der Mode. Kein Wunder, ist er doch an Schönheit und Ausstrahlung kaum zu überbieten:
Sergei sorgt für hitzige Diskussionen – nicht nur wegen seines Talentes: Auf seinem Körper trägt der Tänzer zwischen Brust und Schlüsselbein ein Konterfei Putins, auf der rechten Schulter eines seines Mentors und Freunds Igor Zelensky, des aktuellen Direktors des Bayerischen Staatsballetts. Auf dem Bauch prangt ein Kolovrat-Symbol, ein achtgliedriges, sowohl rechts- als auch linksdrehendes Hakenkreuz, das auch im SS-Kontext nachgewiesen wurde und bei rechtsextremen Gruppierungen und in der internationalen Neonazi-Szene beliebt ist.
Zwar werden Tattoos auf Ballettbühnen meist abgeklebt oder überschminkt, aber Polunin ist auch in anderen Kontexten unterwegs. Zum Beispiel auf YouTube: Hier das 26 Millionen Mal geklickte Tanzvideo mit Sergei: