Von: luk
Bozen – Mediziner von Eurac Research testeten zum ersten Mal ein automatisches Herzdruckmassagegerät unter veränderten Schwerkraftbedingungen. Die Tests fanden an Bord eines Airbus statt, der mit Parabelflug-Manövern Schwerelosigkeit, sowie verminderte und erhöhte Schwerkraft in seinem Inneren simulierte. Mit der Studie wollten die Forscher untersuchen, ob das Gerät bei Herznotfällen im Weltraum wirksam eingesetzt werden kann. Die gewonnenen Daten belegen, dass die Herzdruckmassage durch das Gerät namens LUCAS während des gesamten Fluges tatsächlich sehr wirksam durchgeführt wurde.
Im vergangenen Sommer fanden die ersten touristischen Raumflüge statt. Die Anzahl der Menschen, die bisher die Erde umrundet haben, lässt sich an den Fingern einer Hand abzählen, aber nach Einschätzung der neuen Raumfahrtunternehmen wird diese Zahl sehr schnell steigen. Ohne die professionelle Vorbereitung, wie sie Berufsastronauten durchlaufen, haben jedoch Menschen in Situationen mit veränderter Schwerkraft ein höheres durchschnittliches Risiko, Herzprobleme zu entwickeln. Wie kann man sich am besten auf dieses Risiko im Orbit vorbereiten? Man weiß, dass die herkömmlich durchgeführte Herz-Lungen-Wiederbelebung in der Schwerelosigkeit nicht gleich effektiv ist wie unter den Bedingungen auf der Erde. Aus diesem Grund beschlossen die Ärzte Giacomo Strapazzon und Alessandro Forti von Eurac Research, ein automatisches Herzdruckmassagegerät unter veränderten Schwerkraftbedingungen zu testen, um seine Wirksamkeit mit wissenschaftlichen Methoden zu untersuchen. Die Tests fanden an Bord eines Airbus statt, der während eines zweistündigen Fluges 16 so genannte Parabelmanöver durchführte – das sind Steig- und Sinkflüge, die einer bestimmten Flugbahn folgen. Dadurch wurde im Rumpf des Flugzeugs für jeweils 22 Sekunden lang Schwerelosigkeit erzeugt.
Die Flugkampagne wird von der Stiftung Swiss SkyLab organisiert, um Institutionen und Unternehmen die Möglichkeit zu geben, Experimente und Studien zur Mikrogravitation durchzuführen. Hierfür wird das Flugzeug wie ein echtes Labor eingerichtet: Jedes Forschungsteam hat einen Arbeitsplatz, an dem es sein eigenes Experiment durchführt; wenn das Flugzeug die richtige Flughöhe erreicht hat, können die Experten mit den Tests beginnen. „Unsere Daten sind der erste wissenschaftliche Beweis für die Wirksamkeit von automatischen Herzdruckmassagegeräten und können eine mögliche Lösung liefern, um auf Notfälle bei Herzproblemen im Weltall zu reagieren“, erklärt Giacomo Strapazzon, Leiter des Instituts für Alpine Notfallmedizin von Eurac Research. Die Ergebnisse sind nicht nur für die Entwicklung der Raumfahrt von Bedeutung. Die Weltraummissionen werden auch für professionelle Astronauten immer komplexer: Die Aufenthalte im Weltraum werden immer länger, und während ein und derselben Mission kann die Besatzung auch auf unterschiedliche Schwerkräfte treffen. Das Herzdruckmassagegerät wurde bislang noch nie unter diesen Bedingungen getestet, und seine Verwendung muss nun weiter erforscht werden, bevor es in die internationalen Sicherheitsprotokolle für Weltraummissionen aufgenommen werden kann.
Seit wenigen Wochen hat Giacomo Strapazzon seinen Forscherkollegen Hermann Brugger an der Spitze des Instituts für Alpine Notfallmedizin von Eurac Research abgelöst. Nach mehreren Jahren als stellvertretender Leiter wird Strapazzon die von Brugger gegründete Forschungsgruppe auf ihrem innovativen Weg weiterführen: Er wird, unter anderem auch mit Hilfe des Extremklimasimulators terraXcube, die Reaktion des menschlichen Körpers auf große Höhe und Kälte untersuchen, aber auch neue Ansätze für das Notfallmanagement in Gebirgs- und Extremgebieten wie dem Weltraum erarbeiten.