Von: luk
Bozen – 2040 werden neun Milliarden Menschen auf der Erde leben, weitere 15 Jahre später werden es zehn Milliarden sein. Taugt das globale Ernährungssystem für die Zukunft? Können alle Menschen gut ernährt und die benötigten Nahrungsmittel umwelt- und sozialverträglich produziert werden?
Anlässlich des Welternährungstages am 16. Oktober 2022 hat die Verbraucherzentrale Südtirol in Zusammenarbeit mit der Initiative „RI-NUTRI – Ripensare la nutrizione“ von Fondazione UPAD (Università Popolare delle Alpi Dolomitiche) eine neue, zeitlich befristete Servicereihe mit wöchentlichen Pressemitteilungen zu Fragen und Themen der Welternährung initiiert.
Wie viel Fleisch darf/kann/soll es noch sein?
Bis vor wenigen Jahrzehnten war Fleisch ein Nahrungsmittel für besondere Anlässe. Heute ist es ein Billigprodukt, das täglich leistbar ist – jedenfalls in den Industrieländern. Möglich mache dies die Massentierhaltung, die möglichst billig möglichst viel produziert, so die VZS. Dieses „System Fleisch“ verursache jedoch unermessliches Tierleid, Landgrabbing, die Zerstörung von Regenwald, den Verlust der Artenvielfalt und die Verdrängung von Wildtieren, den Verbrauch von Boden, Wasser und Energie, den massiven Einsatz von genmanipulierten Pflanzen und Pestiziden, die Überdüngung von Böden und die Belastung des Grundwassers mit Nitrat, klimaschädliche Treibhausgasemissionen, die Entstehung antibiotikaresistenter Keime und neue Zoonosen. Ein zu hoher Fleischkonsum werde zudem mit zahlreichen Erkrankungen beim Menschen in Verbindung gebracht.
“Rund 59 Kilogramm Fleisch hat jeder Österreicher und jede Österreicherin statistisch im Jahr 2021 verzehrt: durchschnittlich 161 Gramm pro Tag, 1.130 Gramm pro Woche. Die Österreichische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt dagegen, aus gesundheitlichen Gründen wöchentlich nicht mehr als drei Portionen Fleisch à 100 bis 150 Gramm zu essen, also höchstens 300 bis 450 Gramm pro Woche. Der tatsächliche Verzehr beträgt also das 2,5- bis 3,75-Fache der empfohlenen (Höchst-)Menge”, so die VZS.
Gesunde Nahrung für alle Menschen auf der Erde zu produzieren und dabei die ökologischen Grenzen des Planeten nicht zu überschreiten: Das ist der Anspruch der so genannten Planetary Health Diet, der Planetarischen Ernährung. Laut diesem Konzept bilden Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen die Basis der Ernährung. Tierische Produkte wie Fleisch, Fisch, Milchprodukte und Eier können, in geringen Mengen, die Ernährung ergänzen. In Bezug auf Fleisch bedeutet das durchschnittlich eine Portion (rund 100 Gramm) rotes Fleisch plus eine bis zwei Portionen (rund 200 Gramm) weißes Fleisch pro Woche, je nach den lokalen und persönlichen Ernährungsgewohnheiten kann die Menge geringer oder ein bisschen höher sein.
„Die Empfehlungen für einen gesunden und ökologisch vertretbaren Fleischverzehr weisen in Richtung einer flexitarischen Ernährung“, resümiert Silke Raffeiner, die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Südtirol. „Damit ist eine überwiegend pflanzliche Ernährung mit gelegentlichem, bewusstem Konsum von hochwertigem Fleisch gemeint.“ Dr. Lucio Lucchin, der Initiator des Projekts „RI-NUTRI“ und vormals Primar des Dienstes für Diätetik und klinische Ernährung im Krankenhaus Bozen, meint: „Ein angemessener Verzehr von Lebensmitteln tierischen Ursprungs ermöglicht es auch, Tiere unter besseren, ethisch vertretbaren Bedingungen zu halten.“