Von: ka
Paris – Auch wenn – nicht zuletzt wegen des Terrorangriffs in Straßburg – insgesamt weniger „Gelbwesten“ nach Paris gekommen waren, lieferte das fünfte Protestwochenende doch die symbolisch stärksten Bilder. Fünf Feministinnen schritten als „Marianne“ verkleidet mit entblößten Brüsten auf den Sperrgürtel der Gendarmerie zu und blieben eine Weile regungslos vor der Absperrung stehen. Dort trafen sie aber auch auf eine junge Gendarmeriebeamtin, die ihren Blick erwiderte. Es entwickelte sich eine Art Duell. Wer ist die wahre „Marianne“, die am besten die ewigen Werte Frankreichs symbolisiert?
Es war eine elektrisierende Stimmung in der Luft, als am Samstagvormittag auf den Pariser Champs-Elysees fünf „Marianne“ – eine mystische, weibliche Figur, die die ewigen Werte der Französischen Republik, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, symbolisiert – auf den von der französischen Gendarmerie errichteten Absperrungsgürtel zuschritten. Die fünf von der umstrittenen Künstlerin Deborah de Robertis angeführten, feministischen Demonstrantinnen trugen ähnlich wie „Marianne“ nur einen roten, vorne offenen Kapuzenpullover, der zu diesem Anlass zu einer phrygischen Mütze umgeformt worden war. Oben auf der Kapuze hatten alle Frauen eine Kokarde in den Farben der Französischen Republik angebracht. Die Zeit schien still zustehen, als die fünf bronzefarben geschminkten Frauen trotz der Kälte mit entblößten Brüsten vor der Polizeiabsperrung erschienen, um dort regungslos zu verharren und den Beamten starr in die Augen zu blicken.
Taken yesterday in Paris at #YellowVests demo, this picture shows two kinds of #Marianne. Take your pick. (Marianne being the symbol of the French Republic) pic.twitter.com/r2uoBY8ycE
— Agnes Poirier (@AgnesCPoirier) December 16, 2018
Aber auch die Polizisten hatten ihre „Marianne“. In schwerer Schutzkleidung hinter ihrem Schild stehend und keinen Millimeter zurückweichend erwiderte eine junge Gendarmeriebeamtin regungslos den Blick der „Anführerin“ der halbnackten „Marianne“. Unter dem Blitzlichtgewitter der Journalisten und Fotografen hielt das „Duell“ der beiden Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, für rund eine Minute an, bevor die fünf halb nackten, aber friedlichen Demonstrantinnen wieder von dannen zogen.
Das Frauenduell löste in den sozialen Netzwerken Frankreichs schnell eine intensive Diskussion aus. Einige Nutzer begrüßten den Mut dieser fünf Frauen, während andere glaubten, dass die wahre „Marianne“ tatsächlich jene junge Gendarmeriebeamtin sei, die hinter ihrem Schild stehend den grimmig dreinblickenden Demonstrantinnen gegenüberstand. Diese Kommentatoren meinten, dass die junge Frau in Uniform am besten die „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ der Französischen Republik repräsentiere.
„Meine Marianne ist auf der linken Seite. Sie ist meine Schwester in Waffen: würdig, stolz, stark und unerschütterlich. Sie ist eine natürliche, französische Schönheit mit einem aufrichtigen Blick, die die Werte der Republik und ihre Farben verteidigt. Sie hat es nicht nötig, eine Brust zu zeigen oder gar ein Kostüm zu tragen“, so eine Polizistin auf Twitter.
#15décembre Merci à tous ceux, très nombreux, qui ont reconnu sur cette photo notre Marianne de la #République engagée pour la défense des libertés publiques. #TousEnsemble #NotreEngagementVotreSécurité https://t.co/TbPQQvkTji
— Gendarmerie nationale (@Gendarmerie) December 16, 2018
Am Sonntagabend bedankte sich die französische Gendarmerie bei den Internetnutzern. „Ein herzliches Dankeschön an die zahlreichen Nutzer, die auf diesem Foto unsere Marianne der Republik bei der Verteidigung der öffentlichen Freiheit erkannt haben“, so die französische Gendarmerie auf Twitter.
Und was meint ihr? Wer ist für euch die wahre „Marianne“?