Von: luk
Bozen/Auer – Während der Bauarbeiten für die Umfahrungsstraße von Auer im Jahr 2007 stießen die Bagger unter einem Felsvorsprung auf menschliche Knochen. Die Lage und die Anordnung der Skelette ließen auf eine prähistorische Begräbnisstätte schließen. Das Landesdenkmalamt beauftragte ein Forschungsteam mit der Analyse der menschlichen Überreste, die daraufhin auf die Kupferzeit (ca. 3000-2700 v. Chr.) datiert wurden. Im heurigen Jahr konnten Forscherinnen von Eurac Research durch die Analyse der antiken DNA aus den Überresten nachweisen, dass es sich um zwei eng verwandte Männer handelte, höchstwahrscheinlich Vater und Sohn, die zusammen mit einem Säugling bestattet wurden.
Unmittelbar nach der Entdeckung der Grabstätte in Auer gab das Landesdenkmalamt eine archäologische und anthropologische Untersuchung der gefundenen Skelettreste in Auftrag. Jasmine Rizzi und ihr Team legten dabei die etwa 5000 Jahre alten Überreste von zwei Erwachsenen und einen Säugling frei und stellten fest, dass sie wahrscheinlich miteinander verwandt waren. Dennoch blieben Fragen offen: So schienen die erwachsenen Skelette aufgrund bestimmter morphologischer Merkmale von zwei Männern zu stammen, doch ließ die Anwesenheit des Neugeborenen Zweifel aufkommen, ob es sich bei einem nicht doch um eine Frau handeln könnte.
„Die Analyse der antiken DNA hat es uns heute ermöglicht, das biologische Geschlecht als männlich zu bestimmen“, erklärt die Bioarchäologin Alice Paladin. „Und das lehrt uns, dass auch Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen immer darauf achten müssen, sich nicht von ihren eigenen soziokulturellen Interpretationen beeinflussen zu lassen. In diesem Grab wurden zwei erwachsene Männer und ein Säugling gefunden”. Das Geschlecht ist nicht die einzige Neuigkeit, die dank der biomolekularen Analysen zutage getreten ist. „Die Untersuchung der Kern-DNA ergab eine Verwandtschaft ersten Grades zwischen den beiden erwachsenen Individuen“, erklärt die Genetikerin Valentina Coia. „Außerdem haben wir sowohl die DNA des Y-Chromosoms, die nur über die parentale Linie vererbt wird, als auch die mitochondriale DNA, die mütterlicherseits vererbt wird, analysiert. Da die beiden Männer eine identische Y-chromosomale Linie aufwiesen, konnten wir so eine Verwandtschaft auf väterlicher Seite bestätigen. Höchstwahrscheinlich waren die beiden Erwachsenen Vater und Sohn“. Es war nicht möglich, eine genetische Analyse des Säuglings durchzuführen und eine mögliche Verwandtschaft mit den Erwachsenen festzustellen. „Im Moment haben wir noch keine Methoden, die es uns ermöglichen, DNA-Proben aus so spärlichen Knochenresten zu nehmen. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass dies in Zukunft möglich sein wird, besonders wenn man bedenkt, wie schnell sich die paläogenetischen Untersuchungstechniken entwickeln“, so Coia weiter.
Als nächstes ist wieder die klassische Archäologie an der Reihe, die nun über neue Erkenntnisse zur Interpretation von prähistorischen Bestattungskontexten verfügt. „Diese Studie unterstreicht die Bedeutung des interdisziplinären Dialogs zwischen Archäologie, Anthropologie und Paläogenetik“, so das Fazit der Forscherinnen. „Jede Disziplin vertieft einen Aspekt und wirft neue Fragen auf, die von Forschungsgruppen aus anderen Bereichen beantwortet werden können.”