Von: mk
Bozen – Die Jugend ist die schönste Zeit des Lebens, heißt es oft. Doch der Weg zum Erwachsenwerden ist manchmal schwieriger, als man denkt. Oft ist es sogar richtig kompliziert: die erste große Liebe, der erste Rausch, die ersten ernsten Gespräche. Stress mit den Eltern und Lehrern, verlorene Freundschaften, die ersten richtig großen Enttäuschungen.
Wie fühlt es sich an, ein heranwachsender Teenager zu sein? Wie hält man das aus? In Bozen haben sich jetzt einige 17-jährige Jugendliche zusammengetan, um zu reden – mit Gleichaltrigen, ohne Erwachsene.
Reden, Auge in Auge. Nicht chatten, kein Whatsapp oder Facebook, einfach reden. Wöchentlich treffen sie sich unter dem Motto „Let‘s talk“ und reden über alles, was sie in ihrem Leben beschäftigt. Als Selbsthilfegruppe ein völliges Novum in Südtirol. Die Jugendlichen möchten nun auch andere Gleichaltrige einladen, mitzumachen.
Die Jugend ist angeblich die schönste Zeit des Lebens. Sie kann aber auch verdammt anstrengend sein. Wer sich falsch entscheidet, hat seine Zukunft schon verspielt – ganz zu schweigen vom permanenten Stress mit Schule, Eltern, Freunden und Facebook. Was heißt es, heute Teenager zu sein? Wie hält man das aus?
„Ich bin 17 Jahre alt und es ist manchmal so richtig kompliziert. Mit allem! Liebe. Freunde. Aussehen. Figur. Familie. Schule. Selbstbewusstsein. Der Ruf. Freizeit. Zukunft. Sorgenfrei ist was anderes“, erklärt einer der Beteiligten.
Es verändere sich so viel: der Körper, die Gefühle, deine Weltanschauung. „Freunde und Freundinnen kommen und gehen. Es gibt so vieles, weswegen du dich einsam fühlen kannst. Den einen Tag fühlst du dich super, den nächsten Tag sitzt du in einem schwarzen Loch. Es gibt so viele Situationen, die nerven. Meckernde Eltern, lästige Lehrer, Freundinnen und Freunde, die manchmal ganz schön gemein reagieren können. Vielleicht gehört es ja dazu, aber schön ist es nicht immer. Kurz und gut: Genug um manchmal die Nase voll zu haben!“, meint ein anderer.
Die Freunde sind nun keine Teenager mehr, sondern bald erwachsene Männer und Frauen. Es geht alles viel zu schnell. Man hat zusammen so viel durchgemacht, Zickereien, Schicksale, traurige und schöne Momente. Zeit darüber zu reden.
Let’s talk!
Seit Ende April trifft sich in Bozen eine kleine Runde von fünf 17-Jährigen zum Reden. Ja genau: reden, Auge in Auge. Nicht chatten, kein Whatsapp, facebook, einfach reden. Wöchentlich sehen sie sich in Bozen.
Gleichaltrige unter sich
Sie wollen keine Erwachsenen dabei haben, niemanden der zuschaut. Geredet wird über alles, was gerade anfällt und ihnen durch den Kopf geht: Schule, Beziehungskrise, Familie, Welt- und Dorfgeschehen. „Fein ist, dass wir untereinander nicht verbandelt und verstrickt sind. Dass das, was wir uns erzählen, unter uns bleibt und nicht schon im nächsten Moment im Bekanntenkreis die Runde macht“, betont Anna, die von Anfang an dabei ist.
Cross the line
Habe ich mich schon mal bewusst verstellt, um jemanden zu gefallen? Manchmal fühle ich mich ausgeschlossen, ausgegrenzt. Fühle ich mich akzeptiert, so wie ich bin? Wer bin ich überhaupt? Zukunft, was wird die bringen? Angst? Ja, schon. In der Gruppe kann jeder so sein, wie er ist. Kann sich auch mal aufregen, sich öffnen. Nichts dringt nach außen. Alles was untereinander besprochen wird, bleibt dort. Deshalb kann jeder auch Sachen sagen, die er sich sonst nicht trauen würde.
„Wir wollten ein lockeres und zugleich sicheres Umfeld, wo wir über alles reden können. Deshalb haben wir uns entschlossen, Let’s Talk zu gründen“, sagt Anna. „Wir haben es einfach gemacht. Weil, was uns hilft, hilft auch anderen. Bei unseren Treffen sind keine Erwachsenen dabei. Wir sind unter uns. Alles was besprochen wird, bleibt unter uns. Es kann über Schönes und nicht so Schönes geredet werden. Über alles, was in unserem Leben gerade passiert. Wir müssen auch nicht dauernd Probleme wälzen. Wichtig ist auch, es fein miteinander zu haben. Komm schon, mach mit.“
Kontakt: lets.talk.bozen@gmail.com