Von: bba
“Lehrer und Lehrerinnen sind faule Säcke”, “Lehrer haben viel Urlaub” – das sind nur einige Kostproben der Anfeindungen, die sich Lehrpersonen anhören müssen. Die Stimmung wird europaweit auch von der Politik angeheizt. Ein einst ehrenwerter Beruf wird mit Füßen getreten und im Dreck gewälzt. Das gilt auch für Italien, wo die Löhne der Lehrpersonen mit Universitätsstudium, im Europavergleich ganz weit unten sind. Trotzdem scheinen Eltern, welche ihre Kinder ganztags in der Schule verwahrt wissen, Unterrichts-Experten zu sein.
Dass der Beruf des Lehrers und der Lehrerin kein leichter ist, zeigen etliche Studien: Der Volkssport “Lehrerbashing”, das öffentliche Diskreditieren der gesamten Berufsgruppe der Lehrpersonen, trägt auch wesentlich dazu bei. Zu beobachten ist, dass immer mehr Lehrpersonen psychisch krank werden. Der Lüdenscheider Klinikdirektor sieht die Ursachen in dem steigenden Druck an den Schulen. Vorlaute Schüler, Eltern mit überzogenen Erwartungen sowie wachsende Klassenverbände und Aufgabenbereiche – mit diesen Faktoren werden die Lehrkräfte konfrontiert. Psychisch bedingte Krankschreibungen sind die immer häufiger eintretende Folge.
Dr. Gerhard Hildenbrand zufolge leiden Lehrpersonen immer öfter unter sogenannten Stressfolgeerkrankungen wie hohem Blutdruck, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Schmerzerkrankungen, aber auch unter seelischen Störungen wie Depressionen und Angstzuständen. Diese Erkrankungen begründen häufig längere Arbeitsunfähigkeitszeiten und können auch zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben führen. Es entsteht schnell ein Teufelskreis. Durch den Ausfall der einen, wird die Belastung der anderen immer größer.
Es wird ständig kolportiert, dass Lehrpersonen immer nur vormittags arbeiten würden und dazu so viele Ferien hätten. Ein Vorurteil, das überhaupt nicht zutrifft. Lehrpersonen haben Studien zufolge Arbeitswochen von über 50 Stunden und müssen gleichzeitig Wissen vermitteln, Erziehungsaufgaben übernehmen, zwischenmenschliche Krisen auffangen und die Organisation in der Schule aufrecht erhalten. Im Gegensatz zu anderen Berufsgruppen haben Lehrpersonen auch kaum störungsfreie Pausenzeiten, sondern müssen dort Aufsicht halten, sich mit Kollegen besprechen oder Gespräche mit besorgten Eltern führen. Und wer sich nicht gut abgrenzt, der wird auch noch abends von Eltern oder Kollegen in Anspruch genommen, weil es Probleme oder Fragen gibt.
Ein weiteres Dilemma sei Dr. Hildenbrand zufolge, dass junge Lehrpersonen häufig fachspezifisch gut ausgebildet sind, jedoch nicht über Erfahrungen im Umgang mit schwierigen Unterrichtssituationen, zum Beispiel mit Konflikten mit aggressiven, provozierenden, unmotivierten Schülern oder mit anspruchsvollen oder erbosten Eltern haben. Da bedürfe es spezieller Schulungen.
Laut Dr. Hildenbrand suchen nicht nur jüngere, wenig erfahrene Lehrpersonen psychologische Betreuung wegen der psychischen Belastung durch die Arbeit. Ein Großteil der Patienten sei 50 plus. Jüngere Lehrpersonen würden häufig fürchten, die Inanspruchnahme von Psychotherapie könnte Auswirkungen auf das weitere berufliche Fortkommen haben. Viele würden versuchen, die Probleme zu verdrängen.
Sich durchzubeißen, ist eine falsche Strategie für Lehrpersonen, die unter der massiven Belastung leiden. Ein Verdrängen der Belastung und der Probleme verschlechtert durchaus auch die Prognose, der zu betreibende Aufwand bis zur Gesundung ist in solchen Fällen deutlich höher.
Wichtig ist, dass Schulen Lehrpersonen in ihrer professionellen Entwicklung stärken. Innovative Schulen hierzulande machen dies bereits und bieten Unterstützung für Lehrkräfte, SchülerInnen und Eltern an: Schulpsychologen und Schulpsychologinnen stehen bei verschiedenen Fragen und Schwierigkeiten beratend und lösungsorientiert zur Seite. Weiters können auch Hospitationen bei erfahrenen Kollegen und Kolleginnen für Junglehrer sehr nützlich sein.
Dass der Beruf des Lehrers und der Lehrerin heute harter Tobak sein kann, bringt ein Komiker auf den Punkt. Lachen ist gesund!