Von: luk
Bozen – Die Marmorierte Baumwanze, ein invasives Schadinsekt aus Asien, kann erhebliche Schäden in der Landwirtschaft verursachen. In den letzten Jahren hat sich das Versuchszentrum Laimburg intensiv mit der Erforschung dieses mittlerweile auch in Südtirol heimischen Insekts beschäftigt: Seit 2016 haben die Forschenden in 15 Projekten verschiedene Aspekte untersucht, die daraus resultierenden Ergebnisse in 37 Arbeiten sowie 67 Vorträgen und Posterbeiträgen veröffentlicht sowie gemeinsam mit verschiedenen Kooperationspartnern Diplom- und Doktorarbeiten betreut. Expertinnen und Experten haben ihre Forschungsarbeiten und Ergebnisse gestern, am 22. November 2023, im Rahmen einer Informationsveranstaltung am Versuchszentrum Laimburg präsentiert.
Die aus Asien stammende Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys) ist mittlerweile in vielen Gegenden Europas verbreitet und seit einigen Jahren auch in Südtirol heimisch. Dieses Schadinsekt befällt verschiedene landwirtschaftliche Kulturen und kann in der lokalen Obstwirtschaft große Schäden verursachen, darunter auch am Apfel. Seit ihrem Erstnachweis in Südtirol im Jahr 2016 ist die Marmorierte Baumwanze zentraler Bestandteil vieler Forschungstätigkeiten am Versuchszentrum Laimburg: In 15 Forschungsprojekten wurden Untersuchungen getätigt, von der Biologie der Marmorierten Baumwanze über wichtige Wirtspflanzen bis hin zu ihrer Regulierung durch Naturstoffe und natürliche Gegenspieler. Die Forschungsergebnisse wurden bisher in 37 wissenschaftlichen Arbeiten sowie in 67 Vorträgen und Posterbeiträgen der Öffentlichkeit präsentiert. Im Rahmen einer Informationsveranstaltung, die gestern, am 22. November 2023, am Versuchszentrum Laimburg stattgefunden hat, gaben Expertinnen und Experten einen Überblick zu den durchgeführten Projekten und Ergebnissen.
„Vor allem im Jahr 2019 verursachte die Marmorierte Baumwanze markante Schäden am Apfel. Mittlerweile hat sich die Situation beruhigt, und Schäden treten derzeit nur lokal und in geringerem Umfang auf. „In unserer Forschungstätigkeit haben wir verschiedene Ansätze verfolgt und konnten beispielsweise wichtige Ergebnisse beim Einsatz des Gegenspielers, der sogenannten Samurai-Wespe, sowie zu alternativen Bekämpfungsansätzen erzielen. Die Durchführung und Umsetzung der Projekte erfolgte stets in Abstimmung mit den Stakeholdern sowie mit finanzieller Unterstützung von Seiten der Landesverwaltung und der Obstwirtschaft“, betonte Manfred Wolf, Leiter des Fachbereichs „Schädlinge und Pflanzenkrankheiten” am Versuchszentrum Laimburg.
Schnellere Verbreitung in den Talsohlen
„Ging es zunächst darum, die Ausbreitung der Marmorierten Baumwanze in Südtirol zu überwachen, so werden seit dem Jahr 2018 umfassende Untersuchungen zur Biologie der Marmorierten Baumwanze durchgeführt”, erklärte Stefanie Fischnaller, Mitarbeiterin der Arbeitsgruppe „Entomologie” am Versuchszentrum Laimburg. „Das Verhalten der Marmorierten Baumwanze ist neben der Tageslänge stark an die lokalen Temperaturverhältnisse gebunden. Diese sind in Südtirol je nach Lage unterschiedlich und wirken sich insbesondere auf die Populationsentwicklung aus. Wir erforschen seit mehreren Jahren die saisonale Entwicklung der Marmorierten Baumwanze an verschiedenen Standorten in Südtirol”, so Fischnaller. Das Fazit: In höheren Lagen ist die Populationsentwicklung deutlich verzögert, während sich in den tieferen Lagen normalerweise zwei Generationen pro Jahr entwickeln können. Dies führt zu einem raschen und relativ starken Populationsaufbau. Auch Untersuchungen zu den Schadbildern und Schäden am Apfel, welche die Marmorierte Baumwanze versursacht, wurden vorangetrieben. Diese Forschungsinitiativen sind entscheidend, um zukünftig Prognosemodelle erstellen zu können, die als Hilfestellung für die Entwicklung effizienter Bekämpfungsstrategien dienen.
Nachhaltige Managementstrategien
Auf der Suche nach langfristigen Lösungen gegen die Marmorierte Baumwanze konzentriert sich Martin Parth von der Arbeitsgruppe „Biologische Pflanzenschutzmethoden” auf innovative Forschungsansätze. Untersucht wurden biologische Strategien mittels mikrobieller Präparate und ausgewählter Pilze, die in der Lage sind, Insekten zu befallen. Zusätzlich haben die Forschenden Kupferpräparate und verschiedene Naturstoffe wie Gesteinsmehle und Diatomeenerden auf ihre Wirkung gegen die Marmorierte Baumwanze analysiert. „Unser Ziel ist es, nachhaltige und praxistaugliche Bekämpfungsansätze zu finden. Diese könnten als Ersatz von chemisch-synthetischen Insektiziden dienen oder den Einsatz derselben reduzieren. Bisher konnten wir bereits eine beachtliche Zahl von Agenzien unter Laborbedingungen auf ihre Wirkung auf verschiedene Entwicklungsstadien der Marmorierten Baumwanzen testen und erste Erkenntnisse sammeln“, so Parth.
Natürliche Feinde der Marmorierten Baumwanze
Die ebenfalls aus Asien stammende Samurai-Wespe (Trissolcus japonicus) spielt eine bedeutende Rolle in der biologischen Bekämpfung der Marmorierten Baumwanze. Die Samurai-Wespe parasitiert gezielt die Eigelege der Marmorierten Baumwanze und verhindert damit deren Entwicklung. Seit 2020 wird dieser natürliche Feind auch in Südtirol gezielt eingesetzt. Das Versuchszentrum Laimburg ist offiziell beauftragt, diese Parasitoiden in Südtirol zu züchten und freizusetzen. Die Ergebnisse sind sehr ermutigend: Die Parasitierungsrate durch die Samurai-Wespe ist in den Freisetzungsstandorten von rund zehn Prozent im Jahr 2020 auf durchschnittlich 50 Prozent im Jahr 2023 angestiegen – in einigen Standorten sogar auf bis zu 70 Prozent. Auch die erfolgreiche Überwinterung der Samurai-Wespe im Feld deutet auf eine gelungene Ansiedlung des Nützlings in Südtirol und auf einen Erfolg des Projektes hin. „Nun sind weitere Untersuchungen nötig, um herauszufinden, wie dieser natürliche Parasitoid im Feld gezielt gefördert werden kann“, so Martina Falagiarda, Forscherin in der Arbeitsgruppe „Entomologie“ des Versuchszentrums Laimburg.
Den Wirtspflanzen der Marmorierten Baumwanze auf der Spur
Die Marmorierte Baumwanze zeichnet sich durch ein sehr breites Wirtsspektrum aus. Gezielte Untersuchungen am Versuchszentrum Laimburg haben dazu beigetragen, die Attraktivität von Wild- und Zierpflanzen und die Besiedlungsdynamik besser zu verstehen. Dabei wurde die Baumwanze an 36 von 40 untersuchten Pflanzenarten nachgewiesen. Im Rahmen ihres Doktoratsstudiums an der Freien Universität Bozen vertieft Maja Fluch diese Ergebnisse und nutzt molekularbiologische Methoden, um die Nahrungsgewohnheiten der Marmorierten Baumwanze detaillierter zu untersuchen.