Von: mk
“Momo” sorgt wieder für Unruhe. Dabei handelt es sich um eine Horrorfigur, die zunächst als Whatsapp-Kettenbrief angeblich Kinder erschreckt hat. Weil offenbar auch lebensbedrohliche Anweisungen gegeben worden sind, gerieten Eltern in Panik. Doch die Fakten sehen wohl anders aus.
Wie die Online-Ausgabe des Standards rührt die neue Aufregung von einem Beitrag auf Facebook einer Mutter aus Westhoughton zurück. Sie schrieb auf dem sozialen Netzwerk, ihr Sohn habe ihr erzählt, dass Mitschüler über “Momo” geredet hätten. Das Posting der Frau verbreitete sich rasant und wurde von einigen Lokalmedien aufgegriffen, bis auch die Daily Mail darüber berichtete.
Einem Bericht von futurezone.at zufolge hat die Mutter geschrieben, dass sie Eltern warnen möchte. In vielen Youtube-Videos tauche Momo auf und sage Kindern, dass sie den Herd aufdrehen oder Tabletten nehmen sollen, meinte die Frau. Solche Warnungen berühren offensichtlich tiefe Ängste. Auch Promi-Mama Kim Kardashian. Fordert auf Instagram YouTube auf, Momo-Videos zu löschen.
Vorrangig Clips zum Battle-Royale-Hit Fortnite und der Fernsehserie Peppa Wutz standen im Verdacht manipuliert worden zu sein, weshalb sogar englische Schulen bereits eine Warnung ausgesprochen haben. Eltern die Warnung aufgeregt weiter – und tappen damit ebenso in eine Kettenbrief-Falle wie ihre Kinder.
Sucht man nach Beweisen, sieht die Sache freilich anders aus. Einer kritischen Recherche der Plattform mimikama.at und des britischen Guardians zufolge hat es keine Verzweiflungstaten wegen Momo nachweisen. Zudem werde immer dasselbe Video mit Momo als Beispiel vorgebracht. Auch YouTube hat darauf hingewiesen, dass keine Beweise für Videos, in denen Momo zu riskanten Mutproben aufruft, gefunden wurden. Ein Hacken anderer Kindervideos mit Momo-Szenen sei rein technisch gar nicht möglich, heißt es den Recherchen zufolge.
Vielmehr sorgt die Panik der Eltern dafür, dass die Geschichte sich rasch verbreitet, aufgebauscht und eventuell labile Persönlichkeiten auf falsche Gedanken bringt.
Doch ganz unberechtigt ist die Hysterie auch nicht: Trittbrettfahrer, die sich die Angst zunutze machen, produzieren nun tatsächlich Videos mit Momo. Auch Youtube hat dies bestätigt. Kettenbriefe mit Momo zirkulieren ebenfalls. Doch beides stammt nicht von einem zentralen Momo-Hintermann. Theoretisch schafft es jeder, sich Momo als Profilfoto hochladen – ein Mitschüler, der andere mobben will, genauso wie ein zwielichtiger IT-Fachmann oder jemand, der einfach nur Unruhe stiften will.
Das Phänomen berührt aber auch Ängste von Eltern, die nicht unbegründet sind. Es geht um die Sorge, dass Kinder durch Inhalte im Netz traumatisiert werden könnten – und in der Tat: Das Internet ist voll mit verstörenden Inhalten.
Dabei geht es nicht nur um Clips für Erwachsene. Viele vermeintliche Kindervideos sind so manipuliert, dass sich eine anfangs durchaus herzige Geschichte ins Negative wendet: Die nette Figur Peppa Wutz wird etwa mit einem Messer attackiert oder Kasperl erzählt plötzlich anzügliche Bettgeschichten.
Eltern lassen schon die Kleinsten mit einem Handy oder Tablet alleine ins Internet. Davor warnen allerdings Experten. YouTube Kids ist ebenfalls kein Garant dafür, dass die Inhalte kinderfreundlich sind. Eltern sollten über die Jugendschutzeinstellungen geeignete Inhalte auswählen. Wer sein Kind Serien ansehen lässt, ist außerdem bei einem Bezahlangebot sicherer aufgehoben. Qualität kostet eben.
Sobald ein Unbekannter über Facebook, WhatsApp oder in einem Onlinespiel Kontakt mit einem Kind aufnimmt, soll es zudem unbedingt die Eltern informieren. Auch ohne Drohungen ist jede noch so freundliche Kontaktanbahnung eines Erwachsenen im Internet protentiell gefährlich für Kinder.
Irritierende Inhalte und Online-Belästigung sollte man zudem umgehend an eine zuständige Stelle melden.
Fazit: Panik ist beim Umgang von Kindern mit den neuen Medien nicht angebracht, dafür aber eine gesunde Portion Vorsicht und Aufsicht.