Welt-Parkinson-Tag am 11. April

Parkinson: Die Forschung setzt auf Früherkennung

Sonntag, 11. April 2021 | 08:03 Uhr

Von: luk

Bozen – Morbus Parkinson ist eine neurodegenerative Erkrankung, die bei Menschen über 60 Jahren häufiger auftritt – ihre Verbreitung wird in den alternden westlichen Gesellschaften deshalb aller Voraussicht nach zunehmen. Auch in Südtirol ist ein Prozent der über 60-Jährigen betroffen. Männer erkranken etwa doppelt so häufig wie Frauen. Die Krankheit wurde erstmals Anfang des 19. Jahrhunderts ausführlich beschrieben; bis heute gibt es keine Behandlung, die ihr Fortschreiten aufzuhalten vermag. Die Forschung konzentriert sich auf die Mechanismen bei der Entstehung der Krankheit, um sie so früh wie möglich diagnostizieren zu können. Die Genetikerin Irene Pichler und der Neurowissenschaftler Mattia Volta stellen die neuesten Forschungsergebnisse, veranschaulicht durch Videoanimationen und Bilder, in einem Dossier im Online-Magazin von Eurac Research vor.

Der Schauspieler Michael J. Fox ist einer der prominentesten Parkinson-Kranken. Als er von seiner Krankheit erfuhr, gründete er eine Stiftung zur Finanzierung von Grundlagenforschung; sie hat derzeit zwei Millionen Dollar ausgesetzt, um die Diagnose mittels PET oder Tomografie zu verbessern, also durch Technologien, die die Funktion von Organen, in diesem Fall des Gehirns, sehr präzise und detailliert abbilden können.

Derzeit kann nur eine Autopsie die Diagnose Parkinson mit Sicherheit bestätigen. Erst dann sieht man, ob ein bestimmter Gehirnbereich, die sogenannte Substantia nigra (schwarze Substanz) nicht mehr dunkel, sondern ausgeblichen ist – eindeutiges Zeichen, dass die dort angesiedelten Nervenzellen zugrunde gegangen sind, der Verstorbene also an Parkinson litt. Ärzte diagnostizieren die Krankheit klinisch mit Hilfe neurologischer Tests, die neben dem Tremor auch andere Symptome erkennen: Willkürliche Bewegungen wie das Greifen nach einem Objekt verlangsamen sich zum Beispiel, fallen zunehmend schwer.

Leider hat die Krankheit zum Zeitpunkt der Diagnose meist schon großen Schaden angerichtet. „Die ersten Symptome zeigen sich erst, wenn mindestens 50 Prozent der Substantia nigra bereits zugrunde gegangen sind”, erklärt der Neurowissenschaftler Mattia Volta. „Eine heilende Therapie würde also mit großer Verspätung einsetzen. Aus diesem Grund konzentriert sich die Forschung darauf, den Degenerationsprozess der Neuronen so früh wie möglich zu erkennen und aufzuhalten.“ Mit Hilfe molekularer Forschung untersucht Volta zum Beispiel die Kommunikation zwischen Gehirnzellen; neuesten Studien zufolge betreffen nämlich die ersten durch die Krankheit verursachten Veränderungen eben diese Kommunikation.

Um zu verstehen, was in den Gehirnzellen von Parkinson-Kranken passiert – und wie man eventuell in die Prozesse eingreifen kann – untersuchen Forscherinnen und Forscher von Eurac Research auch einige der Genmutationen, die bei der Krankheit eine Rolle spielen könnten. So werden zum Beispiel in enger Zusammenarbeit mit der Universität Laval in Québec, Kanada, Varianten des Gens LRRK2 erforscht. Bei Parkinson-Kranken mit einer Mutation in diesem Gen scheint nämlich der Prozess, durch den Nervenzellen Abfallstoffe entsorgen, nicht richtig zu funktionieren, was die Zellen offenbar vergiftet und schließlich ihren Tod herbeiführt.

Ein weiteres Gen, das das Institut für Biomedizin von Eurac Research erforscht – in diesem Fall schon seit mehr als 15 Jahren – ist Parkin; es gehört zu den Genen, die für eine erbliche Form von Parkinson verantwortlich sind. Die Genetikerin Irene Pichler ist seit Beginn an dieser Forschung beteiligt. „Heute kann man zehn Prozent der Parkinson-Fälle auf eine bestimmte Mutation oder Genveränderung zurückführen, es handelt sich in diesen Fällen also um eine erbliche Form der Krankheit. Bisher wurden etwa 20 Gene entdeckt, die mit der Entstehung der Krankheit in Zusammenhang stehen.“

Wer eine Mutation im Parkin-Gen sowohl von seinem Vater als auch von seiner Mutter erbt, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit erkranken, und zwar meist an einer frühzeitig – häufig schon vor dem 45. Lebensjahr – auftretenden Form der Krankheit. Glücklicherweise ist dies jedoch selten. Häufiger wird eine Mutation nur von einem Elternteil vererbt: In diesen Fällen ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Betroffenen erkranken, sehr gering; wenn die Krankheit aufritt, dann meist erst in fortgeschrittenem Alter und mit leichteren Symptomen. „Dank der CHRIS-Gesundheitsstudie, in der wir auch Träger von Mutationen des Parkin-Gens identifizierten, können wir unsere Untersuchungen dazu weiter vertiefen”, erklärt Pichler. „Ist Parkin mutiert, beeinträchtigt dies die Mitochondrien, jene Teile der Zelle, die die Neuronen mit Energie versorgen. Wir erforschen, wie diese Fehlfunktion behoben werden kann.“

Das Dossier von Eurac Research ist in knappe und einfach formulierte Fragen und Antworten gegliedert. Es enthält Mikroskop-Fotografien, Videoanimationen, die den Krankheitsprozess veranschaulichen, und eine interaktive Timeline mit Meilensteinen der Forschung:

https://beta.eurac.edu/de/magazine/parkinson-diagnose-behandlung-forschung-in-suedtirol

Bezirk: Bozen