Von: luk
Bozen – Sauerteig wird aus Mehl, meist von Roggen oder Weizen, und Wasser angerührt, den Rest erledigen – bei entsprechender „Fütterung“ dieses Starters mit Wasser und Mehl – natürlich vorhandene Milchsäurebakterien, Essigsäurebakterien und Hefen mittels spontaner Fermentation. Dabei bauen die Mikroorganismen den enthaltenen Zucker ab und bilden Säuren, Kohlendioxid und Geschmacksstoffe. Bei niedrigeren Temperaturen (24 bis 28°C) wird mehr Essigsäure gebildet, und der Sauerteig wird saurer, bei höheren Temperaturen (30°C und darüber) überwiegt die Milchsäure, und der Teig wird milder. Nach drei bis vier Tagen kann ein Teil des Sauerteigs verwendet werden. Der restliche Teil kann im Kühlschrank aufbewahrt werden, muss jedoch immer wieder mit Wasser und Mehl versorgt werden.
Seinen Ursprung hat der Sauerteig wahrscheinlich im alten Ägypten. Heute wird er auf allen Kontinenten für die Zubereitung von salzigen und süßen Backwaren verwendet. Beispiele dafür sind traditionelle Backwaren in Italien, auf Malta (Ftira), Roggenbrote in Nordeuropa, traditionelle Brote im Iran (Barbari), in Indien (Bhatura), Ägypten (Baladi), Äthiopien (Injera) und im Sudan (Kisra) sowie Tortillas in Mexiko. Faszinierend daran ist, dass sich die Sauerteige jeweils hinsichtlich der enthaltenen Mikroorganismen unterscheiden. Häufig vorkommende Milchsäurebakterien sind Lactobacillus plantarum, Lactobacillus brevis und Lactobacillus sanfranciscensis. Laut einer wissenschaftlichen Arbeit der Freien Universität Bozen eignet sich Sauerteig für die Herstellung von Backwaren aus Mehlen von 23 verschiedenen Getreidearten und zehn Pseudogetreidearten, von verschiedenen Hülsenfrüchten und einer Reihe anderer Pflanzenarten. Roggenmehl wird überhaupt erst durch den Zusatz von Sauerteig backfähig, ohne die Säure gelingt es nicht, lockeres Brot zuzubereiten.
„Im Vergleich zu gezüchteten Hefestämmen und Bierhefe bietet Sauerteig zahlreiche Vorteile“, weiß Silke Raffeiner, die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Südtirol. „Die Sauerteiggärung verbessert das Volumen und die Konsistenz der Teige und der Backwaren. Dank der Säuren und Aromen sind die Produkte geschmackvoller, Kruste und Krume haben eine intensivere Farbe. Bei der Zubereitung wird dank der von den Mikroorganismen gebildeten Geschmacksstoffe weniger Salz benötigt. Backwaren mit Sauerteig bleiben zudem länger frisch und sind länger haltbar, da das saure Milieu und die Stoffwechselprodukte der Mikroorganismen das Wachstum von Schimmelpilzen hemmen.“
Da während der Fermentation antinutritive Inhaltsstoffe (z.B. Phytinsäure, Raffinose), welche von Natur aus in Getreide, Pseudogetreide und Hülsenfrüchten vorkommen, abgebaut werden, sind Zubereitungen mit Sauerteig nachweislich besser verdaulich.
Dank der Reduktion des Phytinsäuregehalts sind die enthaltenen Mineralstoffe wie Magnesium, Kalzium, Eisen und Zink besser für den menschlichen Körper verfügbar. Der Blutzuckerspiegel steigt nach dem Verzehr von Sauerteigbroten weniger rasch an. Nicht zuletzt wird das Immunsystem im Darm durch die Mikroorganismen des Sauerteigs positiv beeinflusst, und das, obwohl die Milchsäurebakterien selbst durch die Hitze beim Backen absterben.