Von: luk
Bozen – Nach Jahrzehnten der Überfischung sind viele Thunfischbestände gefährdet und mehrere Arten in ihrem Überleben bedroht. Die Verbraucherzentrale Südtirol hat ein Nachhaltigkeits-Ranking für Dosen-Thunfisch erstellt und erhoben, welche Angaben die Hersteller auf den Dosen machen.
Der Thunfisch ist der beliebteste Speisefisch der italienischen Küche. Er durchzieht in Schwärmen die Weltmeere, auch das Mittelmeer, und schwimmt dabei sehr schnell (bis zu 90 km/h). Als Räuber ernährt er sich von kleineren Fischen. Je nach Art können Thunfische zwischen 0,7 und fünf Meter lang und zwischen 30 und 700 Kilogramm schwer werden. Die bekanntesten Arten sind der Nördliche Blauflossenthun (Roter Thun), der Südliche Blauflossenthun, der Großaugenthun, der Gelbflossenthun, der Weiße Thun und der Echte Bonito (Skipjack).
In weiten Teilen der Welt gelten die Thunfischbestände heute aber als überfischt, der industrielle Thunfischfang verursacht zudem große Mengen an unerwünschtem Beifang. Die festgelegten Fangquoten wurden in den letzten Jahren immer wieder überschritten, zudem stammt weltweit vermutlich jeder fünfte gefangene Fisch aus illegaler Piratenfischerei. Der Nördliche und der Südliche Blauflossenthun sind laut der Roten Liste der bedrohten Tierarten der Weltnaturschutzunion IUCN „vom Aussterben bedroht“, der Großaugenthun ist „gefährdet“. Trotzdem landen diese Arten nach wie vor auf unseren Tellern – denn nicht zuletzt für die Zubereitung von japanischem Delikatess-Sushi wird (roher) Thunfisch gern und viel verwendet. Dabei gilt der Nördliche Blauflossenthun als die kostbarste Thunfischart. Die weltweit meistgefangene Art ist dagegen der Echte Bonito.
Das Nachhaltigkeits-Ranking der Verbraucherzentrale
Die Verbraucherzentrale Südtirol hat 2017 in vier verschiedenen Handelsketten insgesamt 88 Produkte von 19 Marken im Bereich Dosen-Thunfisch unter die Lupe genommen. Dabei wurden die Angaben auf der Verpackung, nämlich die Informationen zu Thunfischart, Fanggebiet und Fangmethode, sowie eventuell vorhandene Nachhaltigkeitszeichen bzw. -zertifizierungen überprüft. Die untersuchten Marken wurden in Hinblick auf ihre Transparenz und ihre Umweltfreundlichkeit bewertet. Das Ranking wurde aufgrund der Nachhaltigkeit erstellt.
Mehrheitlich wird im Handel Thunfisch in Öl angeboten (85 Prozent der untersuchten Produkte), das Angebot an Thunfisch Natur, also ohne Öl, macht nur knapp 15 Prozent aus.
Das Nachhaltigkeits-Ranking
Testsieger ist Frinsa mit dem Gelbflossenthun in Olivenöl (Tonno pinne gialle in olio di oliva). Die Produkte tragen sowohl das MSC-Zeichen für nachhaltige Fischerei als auch das SAFE-Zeichen für delfinschonenden Fang, der Thunfisch wurde mit Ringwaden ohne Fischsammler gefangen. Dafür gibt es vier Nachhaltigkeitspunkte. Es folgen die Marken AsdoMar, Despar und RIO mare, welche für ihre Thunfisch-Dosen jeweils zwei von maximal fünf Nachhaltigkeitspunkten erreichen. Sieben weitere Marken erreichen jeweils einen oder knapp einen Punkt in Sachen Nachhaltigkeit, nämlich Donzela, Mareblu, Coop, Poseidon, Olasagasti, Rizzoli und Primia. Von nachhaltiger Fischerei noch weit entfernt sind laut dem Ranking der VZS die Marken MareAperto, Nostromo, Angelo Parodi, Delicius, Spesa leggera, Consorcio und Palmera.
Insgesamt sind nur drei der 88 untersuchten Produkte MSC-zertifiziert (MSC = Marine Stewardship Council), zwölf Produkte sind nach den Kriterien der Organisation „Friend of the Sea“ zertifiziert. Auf 49 Produkten ist das SAFE-Zeichen für delfinsicheren Fischfang oder ein anderes Logo mit explizitem Hinweis auf das Programm „Dolphin SAFE“ zu finden. Dieses Programm berücksichtigt jedoch einzig den delfinschonenden Fang und keine weiteren Nachhaltigkeitskriterien. Fünf Produkte schmücken sich mit Logos, die dem SAFE-Zeichen ähneln. Bei diesen sei jedoch unklar, ob tatsächlich ein seriöses Kontrollsystem dahinter steht. Acht der 14 untersuchten Produkte von RIO mare tragen neben dem SAFE-Zeichen auch das Zeichen „Qualità responsabile“, welches auf die Einhaltung weiterer Nachhaltigkeitskriterien hinweist. Für lediglich zwei Produkte wurde der Thunfisch mit Rute und Leine gefangen, für sechs Produkte wurden Ringwaden ohne Fischsammler verwendet.
„Leider zeigt unsere Erhebung, dass nachhaltiger Fischfang für viele Hersteller von Dosen-Thunfisch noch immer ein Fremdwort oder eine leere Worthülse ist. Nur vier von 19 Herstellern erreichen zwei oder mehr Nachhaltigkeitspunkte“, fasst Silke Raffeiner, Ernährungsexpertin der VZS, die Ergebnisse der Erhebung zusammen. „Auch in Sachen Transparenz gibt es noch Verbesserungsbedarf.“
Die Umweltschutzorganisationen Greenpeace und WWF halten den Verzehr von Thunfisch übrigens nur dann für vertretbar, wenn es sich um Gelbflossenthun oder Echten Bonito handelt und wenn der Fisch entweder mit Rute und Leine oder mit Ringwade ohne Fischsammler gefangen wurde. Diesen Kriterien entsprechen im Test der VZS laut den Angaben auf der Verpackung nur die Produkte von Frinsa und Donzela, zwei Produkte von Maruzzella sowie ein Produkt von RIO mare.
Die Bewertung der Transparenz
Konsumentinnen und Konsumenten können erst dann eine bewusste Kaufentscheidung treffen, wenn sie über die Fischart, das Fanggebiet und die Fangmethode informiert werden. “Leider sind diese Angaben für verarbeitete Produkte wie Thunfisch aus der Dose bislang nicht verpflichtend vorgesehen.” Viele Hersteller informieren dennoch auf der Verpackung darüber – freiwillig.
In punkto Information schneiden die Marken AsdoMar und MareAperto am besten mit jeweils vier (von vier möglichen) Transparenzpunkten ab, gefolgt von Frinsa mit 3,5 und Donzela mit 3,3 Punkten. Am wenigsten Informationen finden die Konsumenten und Konsumentinnen auf den Produkten von Rizzoli (0 Transparenzpunkte), Olasagasti (1 Punkt) und Palmera (1 Punkt), so die VZS.
64 von 88 untersuchten Dosen enthalten Gelbflossenthun, 16 Dosen enthalten Echten Bonito (Skipjack). Auf acht Produkten wird nicht angegeben, um welche Thunfischart es sich handelt, auf 17 Produkten nur mit dem lateinischen Fachausdruck.
Auf 47 Produkten wird das Fanggebiet durch Angabe der FAO-Fischereizone genannt. Auf zwei Produkten werden gleich fünf verschiedene Fischereizonen angegeben, wodurch die Herkunft des Thunfischs intransparent bleibt. Auf 41 Produkten wird die FAO-Fischereizone nicht angegeben.
Die verwendete Fangmethode wird nur auf 18 Produkten angegeben, auf 70 Produkten sucht man diese Angabe vergeblich.
So hat die Verbraucherzentrale Südtirol die Produkte bewertet
Umweltfreundlichkeit/ nachhaltige Fischerei: Für Zertifizierungen für nachhaltige Fischerei (MSC-Zeichen und Zeichen der Organisation „Friend of the Sea“) wurden zwei Punkte anerkannt. Für das Logo „SAFE“ und für allfällige weitere Nachhaltigkeitszeichen wurde ein Punkt anerkannt. Für die Verwendung von selektiven Fangmethoden unter Vermeidung von Beifang (Rute und Leine, Ringwade ohne Fischsammler) wurde ein weiterer Nachhaltigkeitspunkt anerkannt. Nach diesem Schema sind maximal fünf Nachhaltigkeitspunkte möglich.
Die Thunfischart: Für die Angabe der Thunfischart auf Italienisch wurde ein Transparenzpunkt anerkannt, für die Angabe der Thunfischart mit dem lateinischen Fachausdruck ein weiterer Transparenzpunkt. Die verständliche Angabe der Thunfischart auf der Verpackung ist eine wichtige Information für die Konsumentinnen und Konsumenten, da bestimmte Arten wie der Nördliche und der Südliche Blauflossenthun vom Aussterben bedroht sind.
Das Fanggebiet: Für die Angabe der FAO-Fischereizone wurde ein Transparenzpunkt anerkannt. Die FAO, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, unterscheidet weltweit 19 große Fischfanggebiete, ihnen ist jeweils eine Nummer (zwischen 18 und 88) zugeordnet. Die Nummer 27 beispielsweise steht für den Nordostatlantik. Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace und der WWF differenzieren in ihren Fischratgebern noch stärker und berücksichtigen dafür die Situation der Fischbestände in kleineren Gebieten, den so genannten Sub-Fanggebieten.
Die Fangmethode: Für die Angabe der verwendeten Fangmethode wurde ein Transparenzpunkt vergeben. Je nach Fangmethode werden gemeinsam mit dem Thunfisch unterschiedlich hohe Mengen an anderen Meerestieren mitgefangen (Beifang). Am wenigsten Beifang hat man bei der Fangtechnik mit Rute und Leine, auch die Verwendung von kreisförmigen Ringwadennetzen gilt als akzeptabel, sofern keine Fischsammler verwendet werden. Für diese selektiven Fangmethoden wurde zusätzlich noch ein Nachhaltigkeitspunkt vergeben.