Von: mk
Bozen – Verbraucher und Verbraucherinnen wünschen sich laut Umfragen mehr Tierwohl in der Nutztierhaltung. Zugleich kaufen nur wenige tatsächlich Fleisch aus Tierhaltung mit hohen Tierwohlstandards. Die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) beleuchtet die Diskrepanz zwischen den Erwartungen und Wünschen und dem tatsächlichen Kaufverhalten. Was müsste sich ändern?
Verbraucher und Verbraucherinnen sind sehr daran interessiert zu erfahren, wie bei Produkten tierischen Ursprungs die Tiere gehalten wurden, dies zeigen viele Umfragen. Trotz der hohen Sensibilität für Tierschutz und Tierwohl entscheiden sie sich beim Einkauf aber oft für das billigste Produkt und blenden Tierwohlbedenken scheinbar aus. Woran kann das liegen?
Artgerecht ist nicht gleich artgerecht
Begriffe wie „artgerecht“ oder „tiergerecht“ sind gesetzlich nicht definiert – leider. Daher werden damit auch Produkte aus der Massentierhaltung beworben. Für die Erzeugung von Südtiroler Speck g.g.A. zum Beispiel werden „nur magere, vollfleischige Schlegel von Schweinen aus artgerechter Haltung verwendet“. Dass – vermutlich – nur die gesetzlichen Mindeststandards eingehalten wurden, vielleicht nicht einmal diese zur Gänze (lies unter Umständen Haltung in Ställen ohne Tageslicht oder Frischluft, Fütterung mit Gentech-Soja oder gar Kastrierung der Ferkel ohne Betäubung), wird nicht erwähnt.
Bewusste Entscheidung ohne Information? Fehlanzeige
Bei den meisten Produkten fehlt jegliche Information über die Tierhaltung. Damit ist es für Verbraucherinnen und Verbraucher unmöglich, bewusste Kaufentscheidungen zu treffen. Wenn auch das Billigprodukt mit „artgerecht“ ausgelobt wird, wieso sollte man dann für ein Produkt, für welches tatsächlich höhere Tierschutzstandards eingehalten wurden, deutlich mehr bezahlen? Videos von Intensivtierhaltungen machen jedoch immer wieder deutlich, dass die gesetzlichen Mindeststandards bzw. die Kontrollen zur Einhaltung derselben nicht ausreichen, um Tierwohl zu garantieren.
Geiz sei geil, wurde uns beigebracht
Im Handel wird mit Dumpingpreisen für Fleisch geworben. Verbraucherinnen und Verbraucher haben so „gelernt“, dass Fleisch und Co zu Billigstpreisen zu haben sind. Der Griff zum besseren, teureren Produkt fällt da schwer – der Preisunterschied wird als enorm empfunden. Doch nicht das Bio-Produkt ist zu teuer, sondern das Billigprodukt zu billig. Hinzu kommt, dass der Bezug zwischen Produkt und lebendem Tier fehlt.
Ohne Angebot keine Nachfrage
In Südtirol ist Verfügbarkeit von Fleisch aus artgerechter lokaler Produktion bzw. aus lokaler biologischer Produktion begrenzt. Rindfleisch ist immerhin vereinzelt in Supermärkten erhältlich, lokales Schwein und Geflügel aber praktisch nicht verfügbar. Selbst wer bereit ist, für lokal und artgerecht produziertes Fleisch mehr zu bezahlen, kann es häufig nicht kaufen, weil schlicht das Angebot fehlt.
Was muss sich ändern?
Politisch braucht es eine Anhebung der gesetzlichen Mindeststandards sowie Anreize für wirklich artgerechte Produktion. Der Handel müsste auf Billigangebote verzichten. Wichtig und hilfreich wäre eine verpflichtende Kennzeichnung von tierischen Produkten in der Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung. Schlussendlich braucht es ein Umdenken bei den VerbraucherInnen, denn durch ihren Einkauf können sie eine bestimmte Art der Tierhaltung unterstützen – sofern transparent informiert wird.
Deutlich weniger, dafür aber qualitativ hochwertiges Fleisch aus umwelt- und tierfreundlicher, im besten Fall lokaler Haltung, lautet die Devise.