Von: apa
Die schwarz-rote Tiroler Landesregierung hat in Sachen Antriebsvariante der Zillertalbahn am Dienstag die erwartete formale Kehrtwende vollzogen. In einer Regierungssitzung wurde ein Beschluss vom Vorjahr, der eine Wasserstoff-Variante vorgesehen hatte, aktualisiert und durch die Akku-Technologie ersetzt. Damit folgten die Verantwortlichen den Ergebnissen einer Prüfung der Technischen Universität (TU) Wien. Das Vorhaben soll bis 2030 realisiert werden.
Aus dem Gutachten der TU Wien ging hervor, dass eine reine Akku-Variante oder eine Hybrid-Variante – mit Akku und teilweiser Oberleitung – am geeignetsten wären, hieß es von Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler (ÖVP) und Mobilitätslandesrat René Zumtobel (SPÖ) in einer Aussendung. Allerdings würde der Hybrid-Antrieb dann am meisten Sinn machen, wenn in weiterer Folge ein Vollausbau zu einer durchgängigen Oberleitung forciert würde. Dem erteilten sowohl die Landesregierung als auch die Region – “unter anderem aufgrund der Eigentumsverhältnisse und den hohen Investitionskosten” – eine Absage. Die reine Akku-Variante bringe Vorteile bei der Beschaffung, habe aber Nachteile im laufenden Betrieb, insbesondere bei der Nutzungsdauer. Die Hybrid-Varianten wiederum würden Vorteile im laufenden Betrieb mit sich ziehen, aber gerade zu Beginn eben höhere Investitionskosten erfordern.
Für den Akku-Antrieb müsse nun jedenfalls die Ladeinfrastruktur geprüft werden. Zudem würden die nächsten Planungsarbeiten beauftragt, wobei die stark touristisch geprägte Region “intensiv miteinbezogen” werden soll. Die Umrüstung des Diesel-Zuges sei für die Programmperiode 2025 bis 2030 des “Mittelfristigen Investitionsprogramms für Privatbahnen” geplant. Zudem wird laut Zumtobel auch der gesamte öffentliche Busverkehr ausgebaut und sukzessive emissionsfrei betrieben.
Geisler, selbst Zillertaler, meinte indes, die “Unterstützung aus der Region” auf seiner Seite zu wissen: “Das Zillertal ist bereit für Innovation und trägt diese auch mit. Alle ziehen an einem Strang.” Dem stimmte Hansjörg Jäger, Bürgermeister in Ried und Planungsverbandsobmann, zu. “Wenn wir auch im Tal untereinander zusammenarbeiten und uns eng abstimmen, kann hier ein absolut herzeigbares Zukunftsprojekt entstehen”, sagte er.
Die Landesregierung hatte im Vorjahr noch einen Grundsatzbeschluss für eine Bahn mit Wasserstoffantrieb gefasst. Das Projekt erhitzte jedoch die politischen Gemüter regelmäßig, nachdem mögliche Mehrkosten von bis zu 180 Mio. Euro bekannt geworden waren. Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) verteidigte damals aber den Grundsatzbeschluss und sprach von einer “bewussten Entscheidung für Innovation und Fortschritt”, die Mehrkosten würden bewusst in Kauf genommen. Tirol müsse beim Thema Wasserstoff Vorreiter werden. Die Verantwortlichen im Tal – allen voran Zillertalbahn-Aufsichtsratsvorsitzender und ÖVP-Nationalratsabgeordneter Franz Hörl – waren vehement für eine “Wasserstoffbahn” eingetreten bzw. hatten die entsprechenden Pläne vorangetrieben.
Laut nunmehriger Argumentation der Landesregierung war dies vor zehn Jahren, als das Projekt aus der Taufe gehoben worden war, auch richtig. Dies sei nun von der TU-Expertise bestätigt worden. Allerdings habe sich seither “der Stand der Wissenschaft und der Technik stark weiterentwickelt”.
Hörl zeigte sich indes in einer Reaktion auf den Beschluss der Landesregierung gegenüber der APA “vorsichtig zufrieden”. “Der Käufer schafft an. Und das Land kauft ja den Zug”, sendete der wortgewaltige Nationalratsabgeordnete milde Töne gen Landhaus. Und und auch lobende: “Der Landeshauptmann ist ja gelernter Elektrotechniker. Ich vertraue seiner Expertise”. Genauso natürlich wie jener der Experten der TU Wien. Wenn sich der Akku-Antrieb tatsächlich entsprechend weiterentwickelt habe und die entsprechenden Vorteile bringe, “dann soll es mir recht sein”, so Hörl. Wichtig sei ihm, dass man nunmehr eine “umweltgerechte, moderne und zukunftsorientierte Lösung” bei der Hand habe. Diese müsse nun aber “so schnell wie möglich umgesetzt werden”, verwies Hörl auf die “Zeitnot” angesichts des veralteten Wagenmaterials.
Ob es ihm nicht um “sein” Wasserstoff-Projekt leid tue? “Ich schaue schon mit Wehmut auf dieses tolle Projekt”. Aber er freue sich “als Realist” auch über die nun gefundene Lösung. Schließlich sei man im Zillertal auch “lange genug an der Nase herumgeführt worden”, kritisierte der Aufsichtsratschef und spielte dabei auf die Zeit vor der jetzigen Koalition aus ÖVP und SPÖ an bzw. setzte einmal mehr zu einem Seitenhieb gegen die damals regierenden Grünen an. Erst mit Mattle sei schließlich auf Landesebene Bewegung in die Sache gekommen.
Die angesprochenen Grünen begrüßten in Person von Klubobmann Gebi Mair, dass die Regierung nun “endlich aufs richtige Gleis” komme – obwohl “ein ganzes Jahre für die Dekarbonisierung verloren” gegangen war. Daher gelte es nun, schnell zur Ausschreibung zu kommen. Mair erinnerte Mattle indes, dass sein “Versprechen” für eine Rechnungshofprüfung der Zillertalbahn noch offen sei und brachte zudem die Elektrifizierung der Achenseebahn aufs Tapet. Die neue Zillertalbahn könnte schließlich direkt ins Achental verlängert werden.
Für Liste-Fritz-Klubobmann Markus Sint war das Wasserstoff-Aus “eine späte aber richtige Entscheidung”, weil sie den Tirolerinnen und Tirolern viel Geld erspare. Er sprach sich aber weiterhin für die Umrüstung auf eine Normalspur aus, vor der Einheimische, Wirtschaft und Tourismus profitieren könnten. Man könnte damit umsteigefrei vom Zillertal nach Innsbruck oder München fahren. Sint ärgerte sich weiters über das Vorgehen der ÖVP/SPÖ-Regierung, weil die Zillertaler Bürgermeister sowie die Medien vor dem Tiroler Landtag über das Ergebnis der TU-Prüfung informiert wurden.