Von: mk
Meran – Der 21-jährige Meraner Raphael Donati leidet wegen eines Sauerstoffmangels bei der Geburt unter einer mechanischen Störung, die im Fachjargon als spastische Tetraparese bezeichnet wird. Er sitzt im elektrischen Rollstuhl und kämpft manchmal mit Muskelspasmen, berichtet das Tagblatt Dolomiten. Trotzdem ist er eine wahre Frohnatur – vor allem, seit er einen Weg gefunden hat, mit anderen zu kommunizieren.
Wer ihm zufällig auf der Straße begegnet, kann das Schicksal des 21-Jährigen wohl niemals ermessen. Trotzdem ist schlechte Laune für ihn ein Fremdwort. Raphael ist zielstrebig, sehr genau, mit einer großen Ausdauer und einem guten Orientierungssinn gesegnet, sehr flott im Rollstuhl unterwegs, kann Dinge schnell auffassen und blüht mittlerweile richtig auf.
Mindexpress nennt sich das Programm auf seinem Tablet-Computer, mit dem er seine Wünsche, Gedanken und Gefühle mitteilen kann. Endlich ist er in der Lage, selbst Brötchen holen oder zum Friseur fahren. Mittlerweile ist Raphael in ganz Meran bekannt.
Das Leben hat so vieles zu bieten und der 21-Jährige will seine Möglichkeiten voll auskosten: Der Sprachcomputer verleiht ihm jene Stimme, die ihm nicht gegeben worden ist. Bestimmte Formulierungen und Sätze sind griffbereit gespeichert, auf gewisse Situationen kann sich Raphael gezielt vorbereiten.
„Schwierig für mich ist, wenn mir die Leute nicht viel zutrauen, wenn man mit mir redet wie mit einem kleinen Kind oder meint, besonders laut sprechen zu müssen“, erklärt Raphel gegenüber den „Dolomiten“. Eine angenehme Stimme aus dem Lautsprecher übermittelt Antwort.
Die Botschaften aus dem Computers werden durch Raphael breitgefächertes mimisches Repertoire ergänzt: lachen, schmunzeln, fragend oder hilfesuchend blicken, die Stirn runzeln, nicken oder den Kopf schütteln, den Kopf drehen, den Mund aufmachen, um Hunger zu signalisieren.
Sätze, die Raphael auf seinem Tablet formuliert, werden dann ausgesprochen. Schwierig sei auch ein eigenständiges Leben, weil er auf Betreuung angewiesen ist. Manchmal geht der Rollstuhl kaputt und immer wieder muss der 21-Jährige bei öffentlichen Verkehrsmitteln kapitulieren, weil er nicht ein- und aussteigen kann. „Das nervt echt“, meint der 21-Jährige, der voller Tatendrang steckt.
Er arbeitet im neuen Meraner Info-Point, besucht einen Social-Media-Lehrgang, hält Vorträge in Schulen und besucht im Herbst den Kurs „Unterstützte Kommunikation“. Raphael will Chancen nutzen, neue Erfahrungen sammeln, seinen Ehrgeiz stillen und Menschen kennenlernen.
„Er ist ein echter Sonnenschein“, erklärt Christine Feichter laut „Dolomiten“, die zusammen mit Marina Kuppelwieser eine von zwei Unterstützerinnen aus seinem privaten Umfeld ist. Viele Leute könnten sich von ihm eine Scheibe abschneiden.
Mit vertrauten Menschen kann er einige Worte in gewöhnlicher Lautsprache formulieren. Die meisten Zahlen kann er mit den Händen zeigen. Aber dank des Tablets ist es ihm möglich, sich viel gezielter verständlich machen.
„Es passiert oft, dass man mich nicht versteht oder dass man mir gar nicht richtig zuhören will, weil es etwas länger dauert – und das macht mich traurig“, erklärt Raphael laut „Dolomiten“. Erwachsene seien manchmal zu hektisch, während die Kommunikation mit Kindern leichter falle.
Glück gehabt mit den Menschen und dem Leben
Wenn man de 21-Jährigen in seinem gewohnten Umfeld der neuen Jugendberatungsstelle Infopoint in Meran trifft, zeigt sich eindrucksvoll, was Inklusion mittlerweile bewirken kann. Der seit Geburt an schwer benachteiligte Junge darf auf ein vertrautes Umfeld bauen, ist weitestgehend autonom und widmet sich mehreren Tätigkeiten.
„Im vergangenen Jahr hat sich vieles getan, mir gefällt es hier richtig gut und ich bin meinen Chefs Hannes und Oliver sehr dankbar, dass sie mir all das ermöglichen“, erklärt Raphael gegenüber den „Dolomiten“. Hinter seinem heutigen Leben stehen viele engagierte Menschen. Das starke soziale Netz reicht von den einstigen Assistenten in der Schule bis hin zur aktuellen Betreuung bei der Arbeit und in der Freizeit.
Der 21-Jährige hat über seine persönliche Geschichte und zum Thema „Unterstützte Kommunikation“ bereits an Schulen in ganz Südtirol Vorträge und Workshops gehalten. Er, der bereits ein Gewinn für seine damaligen Mitschüler in der Wirtschaftsoberschule war, gibt nun Einblicke in eine Welt, die andernfalls wohl vielen verschlossen bleiben würde. Raphael dankt auch explizit dem Schulamt mit den Fachleuten Franz Lemayr und Veronika Pfeifer.