"Wir waren früher nicht so"

Warum die Gen Z besser ist als du denkst

Donnerstag, 10. April 2025 | 07:28 Uhr

Von: Ivd

Arbeitsfaul, Smartphone-süchtig und überempfindlich – mit diesen Vorwürfen sehen sich viele junge Menschen konfrontiert, die zwischen den Jahren 1995 und 2010 geboren wurden. Sie gehören zur Generation Z – kurz „Gen Z“. Doch stimmt das überhaupt? Sind die Forderung nach einer Vier-Tage-Woche und mehr Umweltschutz wirklich ein Zeichen ihrer Verwahrlosung, oder sind sie doch eher Ausdruck eines höheren Bildungsgrads? Wir klären auf.

Fridays For Future und junge Rechte

Die Generation Z ist früher politisiert als andere Generationen. Sie war es, die auf der ganzen Welt den Schulunterricht quittierte, um mit Fridays for Future für mehr Klimaschutz auf die Straßen zu gehen. Später war sie es, die sich mit der letzten Generation auf die Straßen dieser Welt klebte. Und heute ist sie es, die tendenziell rechts wählt? Ein Widerspruch, der eigentlich keiner ist, denn die Beweggründe beider Extreme sind dieselben: Verunsicherung und Unzufriedenheit.

Die Studie “Jugend in Deutschland 2024” zeigte, dass Jugendliche und junge Erwachsene zunehmend pessimistisch in die Zukunft blicken. Sorgen um wirtschaftliche Stabilität, persönliche Perspektiven und ökologische Entwicklungen führen zu einem Gefühl der Enttäuschung gegenüber etablierten politischen Parteien. Diese Desillusionierung treibt einige dazu, nach Alternativen zu suchen. Dazu entsteht bei ihnen oft das Gefühl, überhört zu werden.

Vier-Tage-Woche – darfs sonst noch was sein?

Freizeit, persönliche Entfaltung und eine gesunde Work-Life-Balance stehen bei der Gen Z hoch im Kurs. Dass sie deshalb weniger leistungsbereit wäre, lässt sich jedoch nicht belegen. Im Gegenteil sogar: In den letzten zehn Jahren ist der Teil der Erwerbstätigen zwischen 20 und 24 Jahren sogar um sechs Prozent auf 76 Prozent gestiegen, wie eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Deutschland ergab – der höchste Stand seit 30 Jahren.

Auffällig ist jedoch der Wunsch nach Sinn und Selbstverwirklichung. Viele Gen Z-ler verzichtet gut und gerne auf ein paar Euro, wenn sie dafür neben der Arbeit mehr Zeit haben oder sich in ihrem Beruf voll ausleben können. Auch die Vier-Tage-Woche griffen sie auf. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen eigenen Vorschlag. Die Idee hatte nämlich bereits der spätere US-Präsident Richard Nixon im Jahr 1956 – ein Republikaner! Er glaubte, dass sich durch den technologischen Fortschritt dieser Zeit die Arbeitsdauer auf vier Tage reduzieren lassen. Seitdem gab es in jedem Jahrzehnt Forderungen danach.

Digital Natives oder Smartphone-süchtig?

Tatsächlich ist die Nutzung von Smartphones und sozialen Medien in der Gen Z höher als bei jeder älteren Gruppe. Mit über sieben Stunden Bildschirmzeit – inbegriffen sind Computer, Smartphone und andere internetfähige Geräte – führen sie die Tabelle an. Laut des Digital News Reports 2023 des Reuters Institutes beziehen 55 Prozent ihrer Vertreter ihre Nachrichten aus den sozialen Medien, was die Anzahl der Möglichkeiten für Manipulation erhöht. Allerdings erkennen sie eher als ältere online einen Fake oder einen Betrugsversuch.

Trotzdem sind sie die letzte Generation, die zum Teil noch eine Welt ohne Smartphones kennt. Der Trend geht daher bei vielen wieder in Richtung Digital-Detox. Sie suchen nach realen Erlebnissen und kommen zu „Dumbphones“ oder Klapphandys zurück, um sich selbst von der Volkskrankheit Handysucht zu befreien. Mit ein Grund dafür ist der Wunsch nach mentaler Gesundheit.

Tabu-Thema Psyche

Studien zeigen, dass sich junge Menschen zwischen etwa zehn und dreißig Jahren häufiger gestresst, ängstlich oder erschöpft fühlen als frühere Generationen im gleichen Alter. Gründe dafür sind unter anderem die ständige Nachrichtenflut, Zukunftsängste, Pandemie-Folgen und der Leistungsdruck durch die Realitäten ihrer Eltern. Laut einer WHO-Studie zeigen rund ein Drittel der Jugendlichen Symptome von Angst oder Depression. Gut also, dass sie das Tabu-Thema psychische Gesundheit ernst nimmt und damit umgeht, wie mit einem Zahnarztbesuch.

Ist die Generation verloren?

Wie auch bei allen anderen Generationen vorher, halten die Alten nicht viel von den Jungen. Bereits Platon sprach rund 400 Jahre vor Christus vom Verfall der Jugend und ihren mangelnden Manieren. Der Vorwurf der Faulheit ist nachweislich nicht tragbar und die Vier-Tage-Woche wird ihr zu Unrecht zugeschrieben. Es zeigt sich, dass es nicht die neue Generation ist, die immer schlechter als die vorherigen ist, sondern dass der Altersunterschied und die veränderten Lebensrealitäten das nur so wirken lassen. Es wird nicht schlechter, nur anders.

Was sich allerdings sehr gut belegen lässt: der „positivity bias“ oder „rosy effect“. Ältere, die sagen „früher war alles besser“ oder „wir waren früher nicht so“ fallen auf einen Trick ihres Gehirns rein, der die negativen Aspekte zum eigenen Schutz verwässert oder ganz aus der Erinnerung löscht. Sie erliegen also ihrer eigenen Nostalgie und der Furcht vor dem Bedeutungsverlust.

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