Von: luk
Innsbruck – Am Beispiel Kanadas haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Universitäten Innsbruck und Waterloo die Umweltauswirkungen von künstlicher Beschneiung und ihren Einfluss auf die Nachhaltigkeit des Skitourismus untersucht. Hoher Wasser- und Energieverbrauch und damit verbundene CO2-Emissionen belasten die Umweltbilanz, Energie aus erneuerbaren Quellen kann den Wintersport deutlich nachhaltiger machen.
Natürlicher Schneefall bleibt auch in unseren Breitengraden im Winter immer öfter aus. Die Skigebiete haben darauf längst reagiert und nutzen künstliche Beschneiung zur Präparierung ihrer Skipisten. Der Geograph und Volkswirt Robert Steiger vom Institut für Finanzwissenschaft der Universität Innsbruck hat gemeinsam mit kanadischen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen untersucht, ob die Beschneiung in Hinblick auf Ressourcenverbrauch und CO2-Emmissionen eine Fehlanpassung an den Klimawandel darstellt. „Die Nachhaltigkeit des Skitourismus hängt in hohem Maß vom Ressourcenverbrauch und den Emissionen ab“, sagt Robert Steiger. „Wir haben deshalb den Wasser- und Energieverbrauch und die daraus resultierenden CO2-Emmissionen der Skiindustrie in Kanada untersucht. Die Ergebnisse lassen sich auch auf die Situation in Mitteleuropa übertragen.“
In Zukunft deutlich mehr Kunstschnee notwendig
Die erste nationale Studie zur Bewertung der Auswirkungen von künstlicher Beschneiung zeigt, welches Ausmaß diese Anpassung an den Klimawandel hat. Allein in Kanada wird in einem durchschnittlichen Winter der Jahresenergieverbrauch von beinahe 17.000 Haushalten für die Erzeugung von geschätzten 42 Millionen Kubikmeter maschinell hergestellten Schnees benötigt. Dadurch werden jährlich rund 130.000 Tonnen CO2 freigesetzt.
Da durch die Klimaerwärmung in Zukunft noch mehr Schnee erzeugt werden muss, wird der Wasser- und Energiebedarf weiter steigen, auch wenn die durchschnittlichen Skisaisonen in den kommenden Jahrzehnten kürzer werden. In Kanada wird der Studie in der Fachzeitschrift Current Issues in Tourism zufolge der Bedarf für Beschneiung bis 2050 zwischen 55 Prozent und 97 Prozent steigen. In Österreich liegt der zusätzliche Bedarf abhängig vom zugrunde gelegten Klimaszenario bis 2050 zwischen 62 bis 105 Prozent. Das zeigen frühere Studien des Teams um Robert Steiger. Der Wasser- und Energiebedarf wird proportional mit dem erzeugten Schnee ansteigen.
Emissionen hängen stark von der Energiequelle ab
„Das Ausmaß der Emissionen durch künstliche Beschneiung hängt in einem sehr hohen Ausmaß von der verwendeten Energie ab“, betont Robert Steiger. „Legt man die durchschnittlichen Emissionen unseres aktuellen Stromverbrauchs in Österreich zugrunde, entstehen rund 200 Gramm CO2 pro Kilowattstunde. Bei der Verwendung von Ökostrom sinkt der CO2-Ausstoß auf rund zehn Gramm pro Kilowattstunde.“
Um die Beschneiung und damit den Skisport nachhaltiger zu gestalten, fordern die Wissenschaftler eine gemeinsame Initiative von den Betreibern von Skigebieten, politischen Entscheidungsträgern, Umweltorganisationen und Skifahrern, um umfassende Strategien und Praktiken zu entwickeln. “Bei der Bewältigung der Herausforderungen durch den Klimawandel und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Schneedecke sollte der Nachhaltigkeit Vorrang eingeräumt werden. Dazu gehören die Förderung von Innovationen und Investitionen in energieeffiziente Beschneiungstechnologien, die Förderung von Wassersparmaßnahmen und die Beschleunigung der Transformation hin zu erneuerbarer Energie“, betont Robert Steiger.
Ganzheitliche Perspektive wichtig
“Für eine Bewertung, ob die Beschneiung tatsächlich dazu beitragen kann, die Gesamtemissionen des Tourismus zu reduzieren, muss das Gesamtbild der Skiindustrie beurteilt werden. So spielt es eine Rolle, ob Skifahrer auf weiter entfernte, schneesichere Skigebiete ausweichen, wenn in niederen Lagen kein Skibetrieb mehr möglich ist. Darüber hinaus hängt es auch stark von den lokalen Verhältnissen ab, ob Beschneiung einen Beitrag zur Nachhaltigkeit eines Skigebietes leisten kann. Der Wintersport ist in vielen Regionen der Alpen volkswirtschaftlich von großer Bedeutung“, sagt Robert Steiger. „Wir müssen deshalb alles tun, um einen möglichst nachhaltigen Skibetrieb zu ermöglichen. Das energische Vorantreiben der Dekarbonisierung unserer Energieversorgung kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten“, betont der Wissenschaftler, der für die Zukunft auch noch bedeutenden Forschungsbedarf sieht: „Für eine wirklich nachhaltige Strategie ist eine ganzheitliche Analyse unbedingt notwendig.“