Von: mk
Bozen – Käfer, Raupen, Heuschrecken und Co werden schon seit Jahrtausenden vom Menschen verspeist und stehen aktuell bei rund zwei Milliarden Menschen, hauptsächlich in Asien, Afrika, Lateinamerika und Australien, auf dem Speiseplan. Trotzdem gelten sie in der Europäischen Union rechtlich als neuartige Lebensmittel (Novel Food). Als solche müssen sie ein Zulassungsverfahren samt Risikobewertung durchlaufen, bevor sie als Lebensmittel oder Lebensmittelzutat verwendet werden dürfen.
Als erstes Insekt hat die EU-Kommission die Larve des Gelben Mehlwurms (Tenebrio molitor) als Lebensmittel zugelassen: seit Juni 2021 darf diese Larve im Ganzen, gefroren oder getrocknet, oder gemahlen verwendet werden. Seit Dezember 2021 darf die Wanderheuschrecke ( Locusta migratoria), seit Februar 2022 die Hausgrille (Heimchen, Acheta domesticus) als Lebensmittel bzw. Lebensmittelzutat in Verkehr gebracht werden. Seit Jänner 2023 gilt dies auch für teilweise entfettetes Grillenmehl. Dieses darf nun für Lebensmittel und Speisen wie Brot, Cracker, Grissini, Kekse, Riegel, Nudeln, Pizza, Chips oder Fleischersatzprodukte verwendet werden. Als viertes und bisher letztes Insekt darf seit Ende Jänner 2023 die Larve des Getreideschimmelkäfers (Alphitobius diaperinus), besser bekannt als Buffalowurm, in gefrorener, pastenartiger, getrockneter und pulverisierter Form in Lebensmitteln eingesetzt werden. Die Zulassung der genannten Insekten als Lebensmittel gilt zunächst spezifisch nur für die jeweiligen Antragsteller für einen Zeitraum von fünf Jahren. Acht weitere Anträge auf Marktzulassung werden derzeit geprüft, die entsprechenden Insekten und Produkte dürfen dank Übergangsbestimmungen ebenfalls schon in Verkehr gebracht werden.
Wenn ein Produkt Insekten oder Insektenmehl enthält, muss dies für die Verbraucher und Verbraucherinnen selbstverständlich durch entsprechende Angaben im Zutatenverzeichnis klar ersichtlich sein. Zudem ist für alle zugelassenen Insekten eine Allergenkennzeichnung vorgeschrieben. Vor allem Menschen mit einer Allergie auf Krebstiere, Weichtiere sowie Hausstaubmilben können nämlich auch auf Insekten allergisch reagieren.
Grillen, Heuschrecken und Co. sind reich an hochwertigen Proteinen, Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen. Sie verbrauchen im Verhältnis weniger Wasser, weniger Futter und weniger Land als Schweine oder Rinder, wandeln Futter effizienter in Proteine um und verursachen weniger Treibhausgasemissionen. Trotzdem ist die Ablehnung in vielen westlichen Ländern noch groß. Laut einer aktuellen Umfrage von Coldiretti/Ixe’ lehnen 54 Prozent der Italiener und Italienerinnen Insekten auf dem Teller ab, nur 16 Prozent befürworten sie.
„Noch ungeklärt sind aus Sicht der Verbraucherschutzorganisationen Fragen zum Tierwohl, zur Fütterung, zum Einsatz von Antibiotika, zur Tötung der Insekten und zur hygienischen Sicherheit“, betont Silke Raffeiner, die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Südtirol. „Im Übrigen sind wir Europäer und Europäerinnen keineswegs auf Insekten angewiesen, um uns gesund und klimafreundlich zu ernähren, denn mit Bohnen, Linsen und Erbsen stehen uns schon seit Jahrhunderten kostengünstige pflanzliche Proteinquellen zur Verfügung.“