Von: mk
Harvard-Forscher Arthur Brooks teilt die Menschen in verrückte Wissenschaftler, Richter, Poeten und Cheerleader ein. In welches Profil wir fallen, bestimmt, wie wir Emotionen erleben und wie wir am besten glücklich werden. Hilfreich sind auch vier Säulen, auf denen unser Leben ruhen sollte. Doch erst mal der Reihe nach.
Für die meisten ist Glücklich sein ein erstrebenswertes Lebensziel. Weniger klar ist vielen, was uns dahin führt. Wie ein glückliches Leben gelingen kann, darüber schreibt Brooks gemeinsam mit US-Moderatorin Oprah Winfrey in seinem Buch „Build the Life You Want: The Art and Science of Getting Happier“.
Eines nimmt der Autor im Interview mit Focus online allerdings gleich vorweg: Pures grenzenloses Glück als unveränderlicher Zustand ist als Ziel unerreichbar. Unglücklich sein sollte auch gar nicht vermieden werden, denn an schwierigen Situationen kann man wachsen. Doch bestimmte Haltungen und Eigenschaften können uns helfen, mehr Sinn, Zufriedenheit und Freude – oder eben mehr Glück – in unserem Leben zu erfahren.
Dabei sind Menschen individuell ganz unterschiedlich. Während einige Menschen beinahe immer glücklich wirken, ist bei anderen das Gegenteil der Fall. Das liegt an den anfangserwähnten Profilen. Brooks hat dafür einen umfassenden Fragenbogen entwickelt, mit dem herausgefunden werden soll, wie intensiv wir positive oder negative Emotionen im Schnitt empfinden.
Während ein Cheerleader viele positive und wenig negative Emotionen erlebt, haben Richter wenig positive und wenig negative Emotionen. Verrückte Wissenschaftler erleben wiederum sowohl positive als auch negative Gefühle intensiv, während Poeten viele negative und wenig positive Emotionen spüren.
Jedes Profil hat seine eigenen Stärken und Schwächen, an denen man arbeiten kann. Natürlich möchten alle Cheerleader und niemand Poet sein. Richter kommen vielleicht etwas unaufgeregt daher, doch sie bewahren einen kühlen Kopf. Verrückte Wissenschaftler sind zwar extrovertiert, kreativ und gute Führungskräfte, entscheiden manchmal aber auch vorschnell. Während Cheerleader oft schlechte Nachrichten meiden, kann der Argwohn des Poeten manchmal sogar Leben retten.
Hilfreich ist übrigens, wenn sich komplementäre Profile im Freundeskreis oder sogar in einer Partnerschaft finden. Überhaupt ist Brooks davon überzeugt, dass Beziehungen ein viel wesentlichere Bestandteil von Glück als weltliche Dinge wie Geld, Macht, Vergnügen und Prestige sind. Das Streben danach würde unsere Tage „nur ausfüllen und unser Leben verschwenden“.
Seiner Ansicht nach sind Glaube, Familie, Freunde und Arbeit die vier Säulen des Glücks. Der Glaube muss nicht unbedingt Religion bedeuten. Stattdessen würden Forschungsergebnisse zeigen, dass die glücklichsten Menschen eine weisende Kraft in ihrem Leben spüren, die sie klein fühlen lässt. Damit ist nicht „Wertlosigkeit“ gemeint, sondern die Erkenntnis, dass wir nicht der Mittelpunkt des Universums sind.
Die Religion verlangt von uns, dass wir uns darum bemühen, im Dienste einer höheren Macht und unserer Mitmenschen zu leben. Für nicht-religiöse Menschen könnte dies bedeuten, dass man sich nach den Prinzipien seines Lieblingsphilosophen richtet. Alternativ kann Zeit in der Natur und deren Schönheit hilfreich sein, um unsere Umgebung bewusst wahrzunehmen und den winzigen Platz zu spüren, den wir im Universum einnehmen. Auch von Menschen geschaffene Schönheit, wie etwa klassische Musik, Kunst, Theater oder Ballett kann uns ein ähnliches Gefühl vermitteln. Wichtig sei es, etwas zu finden, das uns über uns selbst hinauswachsen lässt.
Dass Familie und Freunde für unser Glück wichtig sind, wird von der Forschung bestätigt. Die glücklichsten Menschen haben dauerhafte, liebevolle Beziehungen. In der Regel handelt es sich um die Pflege eines starken Familienlebens, in dem sich die Beteiligten einander trotz aller Unterschiede lieben. Bei Freundschaften unterscheidet Brooks zwischen Bekannten, von denen man sich einen bestimmten Nutzen verspricht, wenn sich mit ihnen trifft, und von echten Freunden.
Arbeit macht uns hingegen dann glücklich, wenn sich verdienter Erfolg einstellt und man das Gefühl hat, dass die eigenen Talente und Ihre Anstrengungen belohnt werden. Wichtig ist aber auch ein zweiter Faktor, nämlich der Eindruck, dass die eigene Arbeit einen positiven Einfluss auf andere Menschen hat.
In einem längeren Kapitel beschäftigt sich Brooks mit „Metakognition“, was so viel wie das Denken über das Denken bedeutet. Der Trick besteht darin, Raum zwischen unseren Emotionen und unserer Reaktion darauf zu erzeugen. Man kann zum Beispiel nicht kontrollieren, ob sich man wütend oder ängstlich fühlt. Das gilt aber nicht für die Reaktion auf Wut oder Angst, denn diese kann man steuern.
Wenn man unangenehme Emotion empfindet, sollte man kurz innehalten und sich fragen, warum man sich so fühlt. Wenn man die Antwort gefunden hat, sollte man über den Ursprung des Gefühls erkunden. In einer schwierigen Situation ist es für einen außenstehenden Freund oft einfacher, einen guten Rat zu erteilen. Er betrachtet die Situation rational, weil er die Not selbst nicht spürt. Durch Metakognition versetzen wir uns selbst in diese Lage, weil wir Abstand zu unseren Emotionen schaffen.
Brooks gibt einen weiteren Glücks-Tipp, und zwar: Man sollte weniger um sich selbst kreisen. Wenn man sich zu sehr auf sich selbst konzentriert – das eigene Geld, der eigene Job, das eigene Mittagessen – wird das Leben eintönig. Außerdem führt ein zu starker Fokus auf uns selbst zu dem, was Psychologen den Rampenlicht-Effekt nennen. Das ist die Vorstellung, dass alle um uns herum jede unserer Bewegungen beobachten und be- bzw. verurteilen, was in Wirklichkeit jedoch nicht der Fall ist. „Das ist eine anstrengende und unbedeutende Art zu leben“, erklärt Brooks laut Focus online.