Von: mk
Bozen – In der Berufsbildung scheint die Corona-Zeit überwunden: Junge Menschen haben sich im Vorjahr wieder stärker für eine Lehre mit Berufsschule entschieden. Mit 3.670 Verträgen wurde nahezu das Niveau vor der Corona-Pandemie erreicht, als im Jahr 2019 insgesamt 3699 Lehrverträge unterzeichnet wurden. Im Vergleich zu 2014 gab es einen Zuwachs von 3,2 Prozent. Die Lehrlingszahlen der vergangenen zehn Jahre hat das Landesamt für Lehrlings- und Meisterausbildung analysiert und bekanntgegeben.
Erstmals mehr Minderjährige als Volljährige in Lehre
Bemerkenswert ist demnach, dass 2023 erstmals in zehn Jahren mehr Minderjährige als Volljährige als Lehrlinge angestellt worden sind (52,5 Prozent gegenüber 47,5 Prozent), und das gilt sowohl für männliche als auch für weibliche Lehrlinge. “Der Arbeitskräftemangel hat offensichtlich dazu geführt, dass sich mehr Unternehmen als bisher dazu entschlossen haben, Minderjährige anzustellen und auszubilden. Bildungspolitisch ist das erfreulich: Wer mit 15 den dualen Ausbildungsweg einschlagen will, hat derzeit sehr gute Chancen auf dem Lehrstellenmarkt”, erklärt Landesrat Philipp Achammer. Junge Menschen über 18 werden häufiger als in Vergangenheit mit anderen Vertragsformen angestellt, und zwar besonders mit dem berufsspezialisierenden Lehrvertrag, bei dem sich die Vertragsabschlüsse in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt haben (1.984 Verträge im Jahr 2023).
Sehr gute Chancen auf dem Lehrstellenmarkt
Festzustellen ist eine Zunahme der Lehrlinge aus außereuropäischen Staaten: Im vergangenen Jahr 2023 kamen 6,7 Prozent aller Lehrlinge aus Staaten außerhalb der EU, 2014 waren es noch 3,8 Prozent gewesen.
Der häufigste Lehrberuf 2023 war Elektrotechniker mit 367 Verträgen und einem Plus von 61,4 Prozent gegenüber 2014, was auf das Wachstum der Branche insgesamt zurückgeführt wird. An zweiter Stelle steht der Beruf KFZ-Mechatronikerin mit 316 Lehrverträgen und einer Zunahme von 45,6 Prozent gegenüber 2014, gefolgt vom Tischler (314, -3,8 Prozent gegenüber 2014). Die stärksten Rückgänge bei den zehn gefragtesten Lehrberufen verzeichnen die Berufe Verkäuferin (171, -36,5 Prozent gegenüber 2014) und Friseur (156, -32,5 Prozent gegenüber 2014).
In den gastgewerblichen Berufen ist nach den deutlichen Einbrüchen während der Corona-Zeit wieder eine Lehrlingszunahme zu verzeichnen. Ein Plus von 12,7 Prozent im Vergleich zu 2014 gibt es bei den Servierfachkräften (270 Verträge). Auch die Koch-Lehrlinge nehmen nach dem Corona-Tief wieder kontinuierlich zu, liegen aber nach wie vor unter den Zahlen von 2014 (238, -16,7Prozent gegenüber 2014). Zu den häufigsten Lehrberufen des Vorjahres zählen weiters Maurer, Schlosserin, Zimmerer, Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärtechnikerin, Maler und Lackierer, Bürofachkraft, Karosserietechnikerin und Gärtner.
22 Prozent der Lehrberufe mit weniger als fünf Lehrlingen
In 22 Prozent der insgesamt 115 in Südtirol vorgesehenen Lehrberufe wurden 2023 nur ein bis fünf Lehrlinge angestellt. Seilbahntechniker ist dabei ebenso vertreten wie Orgelbauerin, Baumaschinentechniker, Fachinformatikerin, Brauer und Mälzer oder Laborassistentin. In diesen Berufen findet der Berufsschulunterricht im benachbarten Ausland statt. “Eigene Abkommen mit deutschen oder österreichischen Berufsschulen ermöglichen es, in Südtirol auch in sehr spezifischen Sparten Fachkräfte dual auszubilden”, erklärt die Direktorin im Amt für Lehrlings- und Meisterausbildung, Cäcilia Baumgartner.
Informationen zur dualen Ausbildung und den Lehrberufen erteilt das Amt für Lehrlings- und Meisterausbildung des Landes Südtirol (Tel. 0471 41 69 80, www.provinz.bz.it/lehre).
lvh über den Anstieg der Lehrlingszahlen erfreut
Auch der lvh – Wirtschaftsverband für Handwerk und Dienstleister freut sich über diese Entwicklung. Die Statistiken für 2023 zeigen, dass erstmals mehr minderjährige als volljährige Lehrlinge ausgebildet werden. „Dieser Trend markiert einen Wendepunkt und bestätigt die Bedeutung einer frühzeitigen beruflichen Bildung“, zeigt sich Priska Reichhalter, Landesobfrau der Junghandwerkerinnen und -handwerker im lvh zufrieden.
Der signifikante Anstieg der Lehrlingsverträge auf fast das Niveau vor der Pandemie unterstreiche die Resilienz und Attraktivität der dualen Ausbildung. „Dieses System bietet Jugendlichen nicht nur eine solide berufliche Grundlage, sondern stärkt auch die Wirtschaft durch die Förderung qualifizierter Fachkräfte“, unterstreicht auch lvh-Vizepräsident Hannes Mussak, „zudem zeigt diese Entwicklung, dass sich unsere Bestrebungen lohnen, den jungen Leuten das Stolzgefühl der Handwerkerinnen und Handwerker zu vermitteln und die Perspektiven im Handwerk aufzuzeigen.“ Der lvh sieht in diesen Entwicklungen eine Bestätigung seines Engagements für die duale Ausbildung und ist zuversichtlich, dass dieser positive Trend die Wettbewerbsfähigkeit der lokalen Wirtschaft weiter stärken wird.