Von: mk
Bozen – Wie in diesen Tagen bekannt wurde, hat die Bozner Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen den ehemaligen Präsidenten der Sparkasse, Norbert Plattner, den ehemaligen Generaldirektor Peter Schedl und zwei Führungskräfte, Richard Seebacher und Sergio Lovecchio, abgeschlossen. Die Ermittlungen, die bis vor kurzem andauerten, bezogen sich auf Unregelmäßigkeiten im Zuge der Kapitalerhöhung der Bank im Jahr 2012. Die Vorwürfe lauten auf Falschangaben im Informationsprospekt, Agiotage (also Kurstreiberei) und erschwerten Betrug.
Erst vor kurzem hat die Vorherhandlungsrichterin das Dekret zugestellt, womit für Anfang Mai die Vorverhandlung einberufen wird, bei der eventuell das Hauptverfahren gegen die Angeklagten eingeleitet werden soll.
Auch die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) und einige Sparer, betreut von RA Prof. Cerniglia, hatten vor einigen Jahren eine Eingabe bei der Staatsanwaltschaft eingereicht.
Die VZS verfolgt die Angelegenheit mit großem Interesse, auch in Bezug auf die zahlreichen Beschwerden von Südtiroler Sparern in Bezug auf die Kapitalerhöhung von 2012. In Sachen Sparkassenaktien sind bereits einige Musterklagen vor dem Bozner Landesgericht anhängig; auch für diese sind laut VZS die jetzt ans Licht gekommenen Informationen von äußerster Relevanz.
Die Staatsanwaltschaft listet folgende Elemente:
Falschangaben im Prospekt der Kapitalerhöhung 2012
Im Informationsprospekt zur Kapitalerhöhung der Südtiroler Sparkasse seien falsche Informationen angegeben worden, mit dem Ziel, die Kapitalerhöhung von 2012 voranzutreiben. Es wäre unterlassen worden, den tatsächlichen Grad der Zahlungsstörungen der Forderungen und die tatsächliche Höhe der Kreditrisikokosten offenzulegen, die sich dann in den außergewöhnlichen Verlusten von 2014 zeigten, sodass in der Halbjahresbilanz der Bank zum 30.06.2012 ein vorgetäuschter Nettogewinn verbucht worden sei.
Die Staatsanwaltschaft führt eine Reihe von weiteren schwerwiegenden Verhaltensweisen auf, die, immer laut Staatsanwaltschaft an den Tag gelegt wurden, um einen rechtswidrigen Vorteil zugunsten des Kreditinstituts zu erzielen – dieser entspricht den Ausgaben der Anleger, die sich im Falle einer vollständigen und wahrheitsgetreuen Offenlegung der Umstände an der Kapitalerhöhung nicht beteiligt hätten. Anders ausgedrückt: Die Aktie sei 2012 also überbewertet worden – und in der Tat ist sie heute weniger als die Hälfte wert.
Agiotage (Kurstreiberei)
Die Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Präsidenten und dem ehemaligen Generaldirektor vor, in Ausführung eines einheitlichen Verbrechensplans falsche Informationen verbreitet zu haben, um auf das Vertrauen in die Sicherheit des Vermögens der Sparkasse einzuwirken, wobei sie wussten, dass diese Informationen nicht der tatsächlichen Wirtschafts- und Finanzlage des Kreditinstituts entsprachen.
Schwerer Betrug
In Ausführung eines einheitlichen Verbrechensplans haben alle Angeklagten laut Staatsanwaltschaft bei den Sparern einen Irrtum erregt, indem sie erwirkten, das im Zuge der Kapitalerhöhung für die neu emittierten Aktien ein Preis erzielt wurde, der bedeutend höher war als deren tatsächlicher Wert. Hierbei habe man die Mitarbeiter unter Druck gesetzt, damit diese die Kunden davon überzeugten, die Aktien zu erwerben.
Des Weiteren wirft die Staatsanwaltschaft allen Angeklagten vor, wahrheitswidrige Mitteilungen an die Aufsichtsbehörden zwecks Behinderung der Aufsichtstätigkeit gemacht zu haben.
Die Verbraucherzentrale Südtirol wird nun alle Mittel ausschöpfen, damit nicht nur die Angeklagten selbst, sondern auch die Bank für die laut Staatsanwaltschaft verursachten Verluste aufkomme. Auch sollen die von der VZS betrauten Anwälte Massimo Cerniglia und Alessandro Caponi prüfen, ob gegen die in Kürze drohende Verjährung der Anklagepunkte angesichts der Tragweite der von der Staatsanwaltschaft ausgeführten Verhaltensweisen Einspruch erhoben werden kann. Des Weiteren sollen alle Möglichkeiten, die die Sparerinnen und Sparer zur Wiederherstellung ihrer Rechte haben, ausgelotet werden, und zwar sowohl strafrechtlicher als zivilrechtlicher Natur.
Die Betroffenen können, um ihrerseits ein Verjähren der jeweiligen Ansprüche zu vermeiden, der Südtiroler Sparkasse eine formelle Beschwerde mit Anforderung der Dokumentation zum Aktienkauf senden. Die Briefvorlage findet sich auf www.verbraucherzentrale.it.