Sanitätspersonal vom Land tief enttäuscht – ein Kommentar

“Abstimmung mit den Füßen”

Donnerstag, 05. September 2024 | 01:39 Uhr

Von: ka

Bozen – Dass die Bereitschaft, Praktikumsstunden großzügig zu entgelten, Wirkung zeigt, beweisen die 92 Einschreibungen für den Ausbildungslehrgang “Krankenpflege”. Nicht umsonst ist die Führungsspitze der “Claudiana” sehr zufrieden. Schade nur, dass die angehenden Krankenpfleger und die anderen noch auszubildenden Fachkräfte der Gesundheitsberufe auf viele lange Gesichter treffen werden, wenn sie in den Abteilungen ihre Praktika absolvieren.

APA/APA/dpa/Marijan Murat

Von jenen, die in den Krankenhäusern bereits fest im Berufsleben stehen, müssen sie nämlich erfahren, dass sich “ihr Land” wenig großzügig zeigt. Obwohl auch in Südtirol ein erheblicher Mangel an Gesundheitspersonal, insbesondere an Krankenpflegern, herrscht, sich viele eine Kündigung überlegen, etliche diesen Schritt bereits hinter sich haben und es in vielen Fachbereichen an Nachwuchs fehlt, sind die “Verantwortlichen in Bozen” nicht einmal gewillt, den Fachkräften des Gesundheitswesens die Anpassung der Gehälter an die Inflation zu gewähren.

Es ist ein Teufelskreis. Während zu viel Verantwortung und Arbeitsdruck, gepaart mit zu wenig Lohn, immer mehr junge Südtiroler davor zurückschrecken lässt, einen Gesundheitsberuf zu ergreifen, sorgen die hohe Hürde der Zweisprachigkeit vereint mit den hohen Lebenshaltungskosten dafür, dass Südtirol für Mitarbeiter, die von auswärts kommen, wenig attraktiv ist. Beim “Land” versteht man offensichtlich nicht, dass Südtirol zumindest mit dem gesamten deutschen Sprachraum, wenn nicht gar mit dem Rest Europas im Wettbewerb um die international begehrten Gesundheitsfachkräfte steht.

Facebook/Oslo University Hospital, Ullevål

In Bozen wird jedoch immer noch so getan, als ob die Berufsanfänger vor den Krankenhäusern Schlange stehen und sich um einen Arbeitsplatz im heimischen Gesundheitswesen reißen würden. Dies ist aber nicht der Fall. Die Realität ist, dass das Durchschnittsalter der Berufstätigen ständig steigt, sich Kündigungen häufen und Frust und Enttäuschung groß sind. Die Tatsache, dass für Führungskräfte und andere Berufsgruppen genügend Mittel vorhanden sind, trägt sicher nicht dazu bei, den Ärger des Gesundheitspersonals zu mindern.

Facebook/Oslo University Hospital, Ullevål

Werden die gerechtfertigten Forderungen der Gewerkschaften weiterhin abgewiesen, riskiert das öffentliche Gesundheitswesen weit mehr als “nur” einen Arbeitskampf. Die bereits jetzt sichtbare Ausdünnung des Gesundheitspersonals, die lange Wartezeiten verursacht und den Betrieb zu Zusammenlegungen von Diensten und zur teilweisen Schließung von Abteilungen zwingt, wird sich wohl weiter verschärfen.

ANSA

Besonders bedenklich ist jedoch, dass angesichts dieser Bedingungen viele angehende Gesundheitsfachkräfte, die die “Claudiana” mit viel Aufwand ausbildet, direkt ins Ausland abwandern könnten. Die Entscheidung, ob diese “Abstimmung mit den Füßen” und das “personelle Ausbluten” des öffentlichen Gesundheitswesens verhindert werden soll, liegt beim Land. Das Sanitätspersonal ist vom Land tief enttäuscht. Mittlerweile geht es um nichts weniger als um die Zukunft des heimischen öffentlichen Gesundheitswesens.

Bezirk: Bozen

Kommentare

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13 Kommentare auf "“Abstimmung mit den Füßen”"


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Savonarola
4 Tage 3 h

Aufgrund lächerlicher Löhne, mangelnder Wertschätzung und verweigerter Nachbesetzung wird die Landesverwaltung in ca. 2 Jahren Geschichte sein. Das Gesundheitswesen ist davon nicht ausgenommen.

N. G.
N. G.
Kinig
3 Tage 13 h

Warum muß Gesundheitspersonal mehr wertgeschätzt werden als andere Dienstleister? Ich schätze jede Dienstleistung die mir freundlich und gewissenhaft erbracht wird.
Es ist ihr Beruf, sie bekommen dafür Geld und gut ist!

Grantelbart
Grantelbart
Universalgelehrter
3 Tage 12 h

Wieviel Geld ist also egal? Keine Ahnung was du arbeitest aber deinen Lohn gibst du dir anscheinend selbst, jeder der angestellt ist wird das anders sehen.

Goennenihrwichtigtuer
Goennenihrwichtigtuer
Universalgelehrter
3 Tage 9 h

N.G. steht da GP muss mehr gewertschätzt werden als andere Dienstleister? 🤔 Isch des wieder mol dein täglicher Schrei noch Aufmerksamkeit mitn Hintergedanke eppes so kryptisch zu formulieren dass dornoch sogen komisch: “das hab ich nie gesagt, ich bin auch für eine Gehaltserhöhung, ließ was da steht..”… 🤣😁 glab dor Rest kapiert dass men als Pfleger und “Wertschätzung” versteht nit von Patienten verprügelt zu werden.. 🤷

Savonarola
2 h 30 Min

@N. G.

ein Kriterium zur Wertschätzung ist sicher deren “Kunst” und die strategische Wichtigkeit. Du wirst sicher nicht behaupten wollen, dass eine Krankenpflegerin gleich viel verdienen soll wie eine hundsnormale sesselwärmende unsympathische gelangweilte Sekretärin mit glitzerndem Handycover und langen falschen Fingernägeln, die beim Tastaturtippen zu Bruch gehen (mit allem Respekt fürs Verwaltungspersonal).

N. G.
N. G.
Kinig
4 Tage 5 h

Südtirol steht mit dem Rest Europas im Wettbewerb. Ein wahres Wort.
Können wir uns diesen Wettbewerb denn auch leisten? Bestimmt, aber wer ist für höhere Steuern in dem Bereich denn ohne wirds weder in Südtirol noch in Italien was werden.
Auserdem, die Jugend kann sich ihre Jobs aussuchen und werden mit Sicherheit nicht bereit dazu sein zu malochen wie das Personal bisher und damit brauchts noch mehr Leute. Geld alleine wirds definiv nicht richten. Si dumm sind die nicht, wie es die Generationen vor ihnen waren.

Grantelbart
Grantelbart
Universalgelehrter
3 Tage 12 h

Wertschätzung fängt nun mal beim Lohn an. Anständig bezahlte Arbeiter geben auch mehr aus, zahlen mehr Steuern, unterstützen eher die lokalen Anbieter statt billig bei Aldi und im Internet einzukaufen wo die Konzerne verdienen.
Dass kein Geld für Inflationsausgleich und Lohnerhöhungen da ist hat damit zu tun, dass man im Landtag genau dafür kein Geld vorgesehen hat als der Haushalt verhandelt wurde! Der Kompatscher sollte sich was schämen immer wieder mit der gleichen Masche zu kommen, von wegen kein Geld!

N. G.
N. G.
Kinig
5 h 53 Sek

@Grantelbart Na ja, in einem Punkt irrst du gewaltig. Wer mehr Geld hat bestellt trotzdem im Ausland. Da machst du dir was vor. Die Leute haben nie genug.

Wer nur des Geldes wegen in der Pflege ist, ist da sowieso fehl am Platz!

claudiosincero
claudiosincero
Grünschnabel
3 Tage 9 h

Der kleine Mann ist für die S.V.P nicht von Interesse.Hoteliere,Bauern,Politiker können sich ja eine Privatklinik leisten,also braucht man das öffentliche Gesundheitswesen nicht unbedingt.

krokodilstraene
3 Tage 10 h

Die Landesregierung könnte sich ja geschlossen auf den Magnago-Platz stellen und eine Viertelstunde lang klatschen…

Sie sind sicher der Meinung, das würde vollkommen ausreichen, um dem Sanitätspersonal Wertschätzung zu zeigen…

Pasta Madre
Pasta Madre
Universalgelehrter
2 Tage 4 h

Zum schämen mit dieser Regierung

wienerschnitzel
wienerschnitzel
Tratscher
10 h 50 Min

In meiner Verwandtschaft gibt es vier Krankenschwestern. Arbeitsorte:

– Wien
– Zürich
– Bern
– Innsbruck

Keine davon will zurück, weil das gebotene Gehalt ein Witz dagegen ist, auch im Vergleich zu den Lebenshaltungkosten.

RealistischerIdealist
5 h 4 Min

Ich freue mich auf die Herbst/Winter Meldung, dass ca 40 studenten der krankenpflege die claudiana abgeschlossen habe! Von damals weit über 130 wohlgemerkt! Wie viele werden dann wohl von den 92 nächstes jahr noch übrig sein? 50? Ach diese regierung kapiert gar nichts und das obwohl die anfragen in zukunft durch die vielen alten noch weit mehr belastet werden wird!

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