"Südtirol ist am Limit"

AFI: “Fünf Bezugspunkte für die Zukunft des Südtiroler Gastgewerbes”

Mittwoch, 31. Juli 2024 | 11:21 Uhr

Von: luk

Bozen – Das Arbeitsförderungsinstitut AFI hat für den Südtiroler Tourismus fünf Bezugspunkte für die Zukunft ermittelt. Nicht allen dürfte das gefallen: “Der Tourismus in Südtirol stößt an seine ökologischen und sozialen Grenzen. Die Begrenzung der Beherbergungskapazität und die Anhebung der Ortstaxe sind ein Muss. Des Weiteren sollte Südtirol eine ganzjährige Nivellierung des Gästeaufkommens anstreben – auch um den Arbeitsmarkt zu stabilisieren. Ein weiterer Fokus liegt auf der Bindung ausgebildeter Fachkräfte im Gastgewerbe, um der Abwanderung in andere Branchen abzuwenden. Eine Fünf-Tage-Woche sowie mehr Festanstellungen durch ein Ganzjahreszeitkonto würden für zusätzliche Stabilität sorgen.”

In seinem heute veröffentlichten AFI-Zoom nimmt das Arbeitsförderungsinstitut die Arbeitsbedingungen im Südtiroler Gastgewerbe unter die Lupe und leitet daraus fünf Bezugspunkte ab, die für die Zukunftsfähigkeit dieser Branche entscheidend sein werden:

“#1 Begrenzung: Südtirol am Limit

Südtirols Tourismus hat die Grenzen ökologischer und sozialer Verträglichkeit überschritten. In bereits stark entwickelten touristischen Gebieten wächst der Widerstand gegen neue Projekte und Infrastrukturen. Eine wirksame Maßnahme wäre die Begrenzung der Beherbergungskapazität, doch Schlupflöcher in der aktuellen Gesetzgebung wie Ausnahmen für „Urlaub auf dem Bauernhof“ oder Airbnb untergraben diese Bemühungen. Eine AFI-Umfrage aus 2019 zeigt: 70 Prozent der Arbeitnehmer in Südtirol befürworten eine Bettenobergrenze. Zudem ist die Anhebung der Ortstaxe unerlässlich, um die negativen Auswirkungen des Tourismus zu kompensieren.

#2 Entsaisonalisierung: Ganzjahresdestination Südtirol

Südtirol will eine Ganzjahresdestination werden. Dies darf jedoch nicht bedeuten, das Gästeaufkommen in den schwachen Monaten auf Spitzenwerte zu steigern. Stattdessen sollte bei gedeckelter Bettenanzahl eine Nivellierung auf den Jahresdurchschnittswert erfolgen. Dadurch würde die destabilisierende Wirkung des Tourismus auf den Arbeitsmarkt abnehmen und der Auslastungsgrad, folglich auch die wirtschaftliche Rentabilität der Betriebe, verbessert.

#3 Fachkräfte halten: „Absprungrate“ minimieren

In den letzten zehn Jahren verzeichnete das Gastgewerbe in Südtirol den höchsten Beschäftigungszuwachs. Dies führt zu einer Verknappung der Personalressourcen in anderen volkswirtschaftlich wichtigen Branchen. Auch das Südtiroler Bildungswesen ist stark auf Tourismusberufe ausgerichtet. Die Herausforderung liegt darin, mehr Schulabgänger:innen im Gastgewerbe zu halten. Laut dem Amt für Arbeitsmarktbeobachtung sind zehn Jahre nach Abschluss der Berufsschule nur 37 Prozent der Absolventen mit gastgewerblichem Hintergrund noch in dieser Branche tätig. Die Lösung lautet: Nicht mehr Leute ausbilden, sondern diese in der Branche halten!

#4 Die Fünf-Tage-Woche im Gastgewerbe: Geht nicht, gibt’s nicht!

Alle Wirtschaftsbereiche – einschließlich solcher mit 24-Stunden-Betrieb – bieten ihren Mitarbeitenden eine Fünf-Tage-Woche. Das Gastgewerbe sollte hier keine Ausnahme sein. Es gibt keinen Grund, die Fünf-Tage-Woche nicht auch im Gastgewerbe als Standardmodell zu etablieren. Auch andere Branchen haben ihre Produktionsspitzen, bieten ihrem Personal aber trotzdem zwei freie Tage pro Woche.

#5 Mehr Festanstellungen und Ganzjahreszeitkonto für mehr Stabilität auf dem Arbeitsmarkt

Die starke Verbreitung von Saisonsverträgen destabilisiert den Arbeitsmarkt und verlagert Kosten auf die Allgemeinheit. Ziel muss es sein, mehr Festanstellungen im Gastgewerbe zu schaffen. Ein Jahres-Zeitkonto könnte hierbei helfen: In der Saison wird Mehrarbeitszeit aufgebaut, die außerhalb der Saison wieder abgebaut wird. Beschäftigte hätten so zwölf Monate lang ein Gehalt und durchgängige Sozialversicherungszeiten. Für die Allgemeinheit würden Arbeitslosenunterstützung und Verwaltungsaufwand in Zusammenhang mit An- und Abmeldungen entfallen; die Arbeitgeber würden von höherer Mitarbeiterbindung und geringeren Rekrutierungskosten profitieren. Eine AFI-Umfrage aus dem Jahr 2019 zeigt: 84 Prozent der Arbeitnehmenden in Südtirol befürworten wirtschaftspolitische Anreize für mehr Festanstellungen im Gastgewerbe.”

afi

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Bezirk: Bozen

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