Von: luk
Bozen – Das Arbeitsförderungsinstitut AFI hat für den Südtiroler Tourismus fünf Bezugspunkte für die Zukunft ermittelt. Nicht allen dürfte das gefallen: “Der Tourismus in Südtirol stößt an seine ökologischen und sozialen Grenzen. Die Begrenzung der Beherbergungskapazität und die Anhebung der Ortstaxe sind ein Muss. Des Weiteren sollte Südtirol eine ganzjährige Nivellierung des Gästeaufkommens anstreben – auch um den Arbeitsmarkt zu stabilisieren. Ein weiterer Fokus liegt auf der Bindung ausgebildeter Fachkräfte im Gastgewerbe, um der Abwanderung in andere Branchen abzuwenden. Eine Fünf-Tage-Woche sowie mehr Festanstellungen durch ein Ganzjahreszeitkonto würden für zusätzliche Stabilität sorgen.”
In seinem heute veröffentlichten AFI-Zoom nimmt das Arbeitsförderungsinstitut die Arbeitsbedingungen im Südtiroler Gastgewerbe unter die Lupe und leitet daraus fünf Bezugspunkte ab, die für die Zukunftsfähigkeit dieser Branche entscheidend sein werden:
“#1 Begrenzung: Südtirol am Limit
Südtirols Tourismus hat die Grenzen ökologischer und sozialer Verträglichkeit überschritten. In bereits stark entwickelten touristischen Gebieten wächst der Widerstand gegen neue Projekte und Infrastrukturen. Eine wirksame Maßnahme wäre die Begrenzung der Beherbergungskapazität, doch Schlupflöcher in der aktuellen Gesetzgebung wie Ausnahmen für „Urlaub auf dem Bauernhof“ oder Airbnb untergraben diese Bemühungen. Eine AFI-Umfrage aus 2019 zeigt: 70 Prozent der Arbeitnehmer in Südtirol befürworten eine Bettenobergrenze. Zudem ist die Anhebung der Ortstaxe unerlässlich, um die negativen Auswirkungen des Tourismus zu kompensieren.
#2 Entsaisonalisierung: Ganzjahresdestination Südtirol
Südtirol will eine Ganzjahresdestination werden. Dies darf jedoch nicht bedeuten, das Gästeaufkommen in den schwachen Monaten auf Spitzenwerte zu steigern. Stattdessen sollte bei gedeckelter Bettenanzahl eine Nivellierung auf den Jahresdurchschnittswert erfolgen. Dadurch würde die destabilisierende Wirkung des Tourismus auf den Arbeitsmarkt abnehmen und der Auslastungsgrad, folglich auch die wirtschaftliche Rentabilität der Betriebe, verbessert.
#3 Fachkräfte halten: „Absprungrate“ minimieren
In den letzten zehn Jahren verzeichnete das Gastgewerbe in Südtirol den höchsten Beschäftigungszuwachs. Dies führt zu einer Verknappung der Personalressourcen in anderen volkswirtschaftlich wichtigen Branchen. Auch das Südtiroler Bildungswesen ist stark auf Tourismusberufe ausgerichtet. Die Herausforderung liegt darin, mehr Schulabgänger:innen im Gastgewerbe zu halten. Laut dem Amt für Arbeitsmarktbeobachtung sind zehn Jahre nach Abschluss der Berufsschule nur 37 Prozent der Absolventen mit gastgewerblichem Hintergrund noch in dieser Branche tätig. Die Lösung lautet: Nicht mehr Leute ausbilden, sondern diese in der Branche halten!
#4 Die Fünf-Tage-Woche im Gastgewerbe: Geht nicht, gibt’s nicht!
Alle Wirtschaftsbereiche – einschließlich solcher mit 24-Stunden-Betrieb – bieten ihren Mitarbeitenden eine Fünf-Tage-Woche. Das Gastgewerbe sollte hier keine Ausnahme sein. Es gibt keinen Grund, die Fünf-Tage-Woche nicht auch im Gastgewerbe als Standardmodell zu etablieren. Auch andere Branchen haben ihre Produktionsspitzen, bieten ihrem Personal aber trotzdem zwei freie Tage pro Woche.
#5 Mehr Festanstellungen und Ganzjahreszeitkonto für mehr Stabilität auf dem Arbeitsmarkt
Die starke Verbreitung von Saisonsverträgen destabilisiert den Arbeitsmarkt und verlagert Kosten auf die Allgemeinheit. Ziel muss es sein, mehr Festanstellungen im Gastgewerbe zu schaffen. Ein Jahres-Zeitkonto könnte hierbei helfen: In der Saison wird Mehrarbeitszeit aufgebaut, die außerhalb der Saison wieder abgebaut wird. Beschäftigte hätten so zwölf Monate lang ein Gehalt und durchgängige Sozialversicherungszeiten. Für die Allgemeinheit würden Arbeitslosenunterstützung und Verwaltungsaufwand in Zusammenhang mit An- und Abmeldungen entfallen; die Arbeitgeber würden von höherer Mitarbeiterbindung und geringeren Rekrutierungskosten profitieren. Eine AFI-Umfrage aus dem Jahr 2019 zeigt: 84 Prozent der Arbeitnehmenden in Südtirol befürworten wirtschaftspolitische Anreize für mehr Festanstellungen im Gastgewerbe.”
afi
Hinterlasse einen Kommentar
9 Kommentare auf "AFI: “Fünf Bezugspunkte für die Zukunft des Südtiroler Gastgewerbes”"
Du musst angemeldet sein um Kommentare schreiben oder bewerten zu können.
Du musst angemeldet sein um Kommentare schreiben oder bewerten zu können.
.. Der Tourismus in Südtirol stößt an seine ökologischen und sozialen Grenzen…
Klarer kann man es nicht sagen, nur die Politiker verstehen es nicht 😳
Diese Punkte hätte man schon vor 10 Jahren durchsetzen müssen.
Die üblichen Lobbys werden schon schauen, daß jeder guter Vorschlag sofort im Keim erstickt wird.
Südtirol hat das Limit schon vor 20-30 Jahren überschritten. Jetzt ist es schon das Blackout…..aber Hoteliers dürfen immernoch immer Höher und Weiter…….
So lange v.a. ein Teil der Schattenseite “unterdurchschnittliches Grundgehalt” beinhaltet, wird es klarerweise immer schwieriger werden, Personal zu finden (ist im Übrigen nicht nur im Gastgewerbe, sondern in mehreren Branchen so)
Südtirol ist am Limit!
Diese 5 Punkte kann ich ohne Wenn und Aber unterschreiben.
Die Tourismuswirtschaft wird damit aber ganz sicher nicht einverstanden sein, dabei sehe ich deren Ängste und Bedenken nur als reines “Nichts-Ändern-Wollen”…
Na naaa des teischt la, mehr..mehr und noch mehr und no augn mit die Preise… alles noch zu billig hier😂 Mieten für Einheimische sind auch sehr günstig, Lebensmittel zum Schnäppchenpreis…usw…(ironie off)….die 2. Schweiz, nur bei den Gehältern happerts noch gewaltig…
der Tourismus in Südtirol ist schon lange über dem Limit…..das ist alles nur mehr ungesund