Von: luk
Bozen – Der Ausbau erneuerbarer Energien wird immer dringlicher – auch in Südtirol. Doch während Dachflächen für Photovoltaikanlagen nicht ausreichen, rückt eine neue Technologie in den Fokus: Agri-Photovoltaik. Bei zwei kürzlich abgehaltenen Veranstaltungen des Südtiroler Bauernbundes und Eurac Research wurden Chancen und Herausforderungen dieses Modells intensiv diskutiert.
Landwirtschaft und Energiegewinnung auf einer Fläche
Agri-Photovoltaik kombiniert Landwirtschaft mit Energieerzeugung: Solarmodule werden über landwirtschaftlich genutzten Flächen installiert, sodass darunter weiterhin Obst oder Gemüse angebaut werden kann. Experten wie David Moser von Eurac Research sehen darin eine große Chance: EU-weit könnten auf nur einem Prozent der Ackerflächen bis zu 700 Gigawatt (GW) an elektrischer Leistung generiert werden. In Südtirol wäre allein auf fünf Prozent der Obstanbauflächen eine Kapazität von bis zu 550 Megawatt (MW) möglich.
Doch aktuell fehlen in Südtirol noch die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Ein Vorschlag sieht vor, Agri-Photovoltaik nur in bestimmten Talgebieten mit geringer Hangneigung zuzulassen, um das Landschaftsbild zu schützen. Ein Leitfaden mit konkreten Vorgaben soll bald veröffentlicht werden.
Vor- und Nachteile der Agri-Photovoltaik
Befürworter der Technologie betonen die Vorteile: Die Solarmodule könnten die Pflanzen vor extremen Wetterereignissen wie Hagel oder Frost schützen, gleichzeitig den Wasserbedarf senken und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren. Zudem kann landwirtschaftliche Produktion mit Klimaschutz verbunden werden, ohne neue Flächen zu versiegeln.
Doch es gibt auch Herausforderungen. Die teilweise Beschattung könnte die Erträge verringern – Studien zeigen Schwankungen von minimalen Einbußen bis hin zu 50 Prozent. Auch wirtschaftliche Fragen sind offen: Wer soll die Anlagen finanzieren und betreiben? Und wie beeinflusst die neue Technologie Pacht- und Grundstückspreise?
Pilotprojekt in Laimburg soll Antworten liefern
Um Klarheit über die praktischen Auswirkungen zu gewinnen, wird am Versuchszentrum Laimburg eine Pilotanlage errichtet. Dort soll untersucht werden, wie sich die Beschattung auf Ertrag, Qualität, Mikroklima und Pflanzenschutz auswirkt. Landesrat Luis Walcher betont, dass bei allen Entwicklungen die Landwirtschaft Vorrang haben müsse: „Agri-Photovoltaik darf kein reines Energieprojekt werden, sondern muss der landwirtschaftlichen Produktion dienen.“
Energie- und Umweltlandesrat Peter Brunner sieht in der Agri-Photovoltaik einen wichtigen Baustein für Südtirols Klimaziele. Dennoch sei gesellschaftliche Akzeptanz entscheidend, ähnlich wie bei den heute weit verbreiteten Hagelnetzen.
Die Diskussionsveranstaltungen zeigten: Agri-Photovoltaik hat großes Potenzial, doch es braucht klare Regeln, wirtschaftliche Modelle und vor allem den Willen, innovative Wege zu beschreiten. Die kommenden Monate könnten entscheidend sein, ob sich die Technologie in Südtirol etabliert.
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