Trotzdem drohen Ex-Wirecard-Chef Braun bis zu 15 Jahren Haft

Anklage lässt Teil der Vorwürfe im Wirecard-Prozess fallen

Mittwoch, 12. Februar 2025 | 12:29 Uhr

Von: APA/Reuters/dpa

Im Strafprozess um die Pleite des deutschen Zahlungsdienstleisters Wirecard will die Staatsanwaltschaft nach mehr als zwei Verhandlungsjahren auf einige Anklagevorwürfe verzichten. Die vom Gericht vorgeschlagene Beschränkung auf besonders schwerwiegende Anschuldigungen sei vertretbar, sagte Staatsanwalt Matthias Bühring am Mittwoch vor dem Landgericht München.

Er stimme der Strafkammer von Richter Markus Födisch zu, dass die verbleibenden Tatvorwürfe gegen die drei Angeklagten bereits für hohe Strafen ausreichen könnten. Damit wird nach Ansicht von Prozessbeteiligten eine langjährige Freiheitsstrafe für den Ex-Wirecard-Chef, den Österreicher Markus Braun, wahrscheinlicher. Braun sitzt seit viereinhalb Jahren in Untersuchungshaft.

Ursprünglich 43 Vorwürfe gegen Braun

Eine wesentliche Erhöhung der Gesamtstrafe wäre auch dann nicht zu erwarten, wenn sämtliche der ursprünglichen Anklagepunkte verhandelt würden, so Bühring. Die für das Urteil wesentlichen Punkte, auf die sich die Beweisaufnahme nun beschränken wird, umfassen nach wie vor eine ganze Reihe von Tatvorwürfen. Dazu zählen neben dem Bandenbetrug unter anderem die Fälschung der Konzernabschlüsse für die Jahre 2016, 2017 und 2018, falsche Information des Kapitalmarkts und Untreue.

In der ursprünglichen Anklage umfassten allein die Vorwürfe gegen den früheren Vorstandschef Braun 43 verschiedene Punkte. Maßgeblich soll nun der Vorwurf sein, die Angeklagten hätten ein Kreditgeber-Konsortium unter Führung der Commerzbank mit falschen Zahlen betrogen. Unter den Konsortialmitgliedern waren auch Deutsche Bank, LBBW, DZ Bank, ING und ABN Amro. Zur Schadenshöhe soll am Mittwoch ein Gutachter aussagen.

Verteidigung protestiert

Das Gericht hatte bereits durchblicken lassen, dass Braun nach bisheriger Beweislage 10 bis 15 Jahren drohen könnten. Dementsprechend protestierte Brauns Verteidigerin Theres Kraußlach am Mittwoch. Sie sprach von einer “Vorverurteilung” ihres Mandanten in einem “desaströsen Verfahren”, in dem Gericht und Staatsanwaltschaft an einer Aufklärung nicht interessiert seien. Braun müsse freigesprochen werden.

Der DAX-Konzern kollabierte im Juni 2020, als aufflog, dass auf Treuhandkonten in Asien 1,9 Mrd. Euro fehlten. Laut Staatsanwaltschaft sollen Braun und die beiden Mitangeklagten milliardenschwere Geschäfte erfunden haben. Die Anklage lautet auf Bilanzfälschung, Betrug, Marktmanipulation und Untreue.

Urteil noch heuer für möglich gehalten

Das Gericht hatte angeregt, mehreren Vorwürfen nicht weiter nachzugehen, um den Prozess nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Hintergrund ist eine im Strafgesetzbuch festgelegte Obergrenze. Demnach ist bei mehreren Taten die Summe der Strafen auf 15 Jahre gedeckelt. Deswegen könne man sich aufgrund der bisherigen Beweislage auf die mutmaßlich schwersten Verbrechen beschränken, hatte das Gericht argumentiert. Prozessbeteiligte rechnen mit einem Urteil in diesem Jahr. Ein Gerichtssprecher wollte sich nicht festlegen.

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